Gesundheitsminister Lauterbach will kostenlose Bürgertests begrenzen - das stößt auf Kritik aus den Ländern. Solch ein Angebot sei "notwendig", hieß es unter anderem aus Sachsen.
Auch in diesem Sommer rückt Corona für viele in den Hintergrund. Doch Expert*innen gehen davon aus, dass spätestens der Herbst eine neue, heftige Welle bringt. Deshalb fordern einige Bundesländer, bereits jetzt vorzusorgen.
Die Überlegungen von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) zur Einschränkung der kostenlosen Corona-Bürgertests stoßen auf Kritik.
"Es ist wichtig, dass die Menschen ein kostenloses Testangebot haben", sagte Sachsens Gesundheitsministerin Petra Köpping (SPD) dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND). "Aufgrund steigender Infektionszahlen ist dies notwendig." Andere Ländervertreter äußerten sich ähnlich.
Kostenlose Tests nur noch für bestimmte Gruppen?
In einem Papier aus Lauterbachs Ministerium mit dem Titel "Corona-Herbststrategie", das dem ZDF vorliegt, wird vorgeschlagen, dass nur noch Menschen mit Corona-Symptomen sowie ausgewählte Gruppen, etwa Krankenhausangestellte und Kleinkinder, staatlich finanzierte Schnelltests in Anspruch nehmen können.
Ausnahmen soll es für Corona-Hotspots geben. Über das Papier hatte zuerst das Redaktionsnetzwerk Deutschland berichtet.
Bundesgesundheitsminister Lauterbach will kostenlose Corona-Bürgertests für alle offenbar beenden. Stattdessen sollen nur noch bestimmte Gruppen kostenlose Tests erhalten.
Lauterbach berät an diesem Mittwoch sowie am Donnerstag mit seinen Länderkolleginnen und -kollegen über das weitere Vorgehen in der Pandemie.
Niedersachsen: Bund muss Tests finanzieren
Die niedersächsische Gesundheitsministerin Daniela Behrens (SPD) sagte den RND-Zeitungen, die Testpflicht in Schulen, Kitas und fast allen Bereichen des öffentlichen Lebens sei abgeschafft worden. Gratis-Tests sollten weiterhin alle Menschen bekommen, die sich freiwillig testen möchten. Die Finanzierung sei Aufgabe des Bundes, sagte Behrens.
- Kontroversen um die "Corona-Herbststrategie"
Die Gesundheitsminister beraten über den Corona-Herbst. Patientenschützer, Lehrer und Mediziner sind uneinig bei den Themen Maskenpflicht, Bürgertest und Infektionsschutzgesetz.
NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) sagte der "Rheinischen Post", er erwarte, "dass der Bund auch in Zukunft ein bürgernahes Testsystem ermöglicht, insbesondere für Menschen mit Symptomen und zum Schutz vulnerabler Gruppen". Er kritisierte auch den engen Zeitplan, da die derzeitige Regelung nur noch bis Monatsende gilt.
Patientenschützer warnt vor "Kahlschlag"
Der Vorstand der Deutschen Stiftung Patientenschutz, Eugen Brysch, äußerte sich ebenfalls kritisch. "Präventiv-Testungen auf Krankenhäuser und Pflegeheime zu begrenzen, schließt allein 3,2 Millionen Pflegebedürftige, ihre Angehörigen und Pfleger aus", sagte er der "Rheinischen Post".
Dieser "größte Pflegedienst Deutschlands" brauche anlasslose kostenlose Tests. Es dürfe hier keinen "Kahlschlag" geben.
Die Neuinfektionen bleiben weiterhin auf hohem Niveau. Besonders betroffen ist Mecklenburg-Vorpommern. Rund ein Drittel der Pflegekräfte sind dort bereits ausgefallen.
Ländervertreter fordern rasches Handeln
Vor den Beratungen mit Lauterbach erneuerten Ländervertreter zudem ihre Forderungen nach einer raschen Neufassung des Infektionsschutzgesetzes zur Vorbereitung auf den Herbst. "Der Bund muss jetzt handeln und das Infektionsschutzgesetz anpassen", sagte NRW-Minister Laumann.
Der baden-württembergische Gesundheitsminister Manfred Lucha (Grüne) sagte im SWR, wenn die Bundesregierung mit der Gesetzesnovelle bis nach der parlamentarischen Sommerpause warte, sei es für die Länder "zu spät". Sie müssten die Corona-Maßnahmen schließlich umsetzen.
Buschmann weist Forderung der Länder zurück
Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) wies die Forderungen erneut zurück und verwies auf die Verabredung in der Koalition, zunächst eine wissenschaftliche Evaluation der bisherigen Corona-Maßnahmen abzuwarten. Diese soll am 30. Juni veröffentlicht werden.
"Wir haben einen wohlüberlegten und seriösen Zeitplan innerhalb der Bundesregierung verabredet", sagte Buschmann den RND-Zeitungen. Dem hätten sich die Länder auch auf der Ministerpräsidentenkonferenz angeschlossen.
- Variante BA.5: Wer ist wie gut geschützt?
Laut RKI könnte der Infektionsdruck durch die Omikron-Varianten BA.4 und BA.5 im Sommer deutlich zunehmen. Wie hoch das Ansteckungsrisiko ist - und wer wie gut geschützt ist.