Für Gesundheitsminister Lauterbach ist die Impfpflicht als Schutz vor einer Herbst-Welle nötig. Die Verkürzung des Genesenenstatus auf drei Monate sei "wissenschaftlich richtig".
Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) will auch EU-weit die Verkürzung des Genesenenstatus‘ durchsetzen, denn nach drei Monaten könne man sich erneut infizieren. Eine allgemeine Impfpflicht wolle er u.a. mit "empfindlichen Strafen" durchsetzen.
Bekommt Deutschland eine allgemeine Impfpflicht? Als Gesundheitsminister möchte sich Karl Lauterbach (SPD) dazu nicht äußern, sein Ministerium keinen eigenen Entwurf einbringen. Liegt das auch daran, dass die Regierungskoalition in Sachen Impfpflicht nur auf Teile der FDP zählen kann und ihr entsprechend eine Mehrheit fehlt? Das streitet Lauterbach im "heute journal" ab:
"Das ist eine Gewissensentscheidung", sagte Lauterbach. Die Debatte um die Impfpflicht sei eine "Moral-Frage", da man die "körperliche Unversehrtheit angreifen muss, um einen anderen Menschen oder vielleicht den Menschen selbst zu schützen", so Lauterbach. "Hier werden Grundrechte gegeneinander abgewogen."
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Wie eine Impfpflicht kontrolliert werden könnte? "Viele Möglichkeiten"
Die Einführung eines Impfregisters wie in Österreich oder Italien lehnt Lauterbach weiterhin ab, auch da der Aufbau laut dem Minister zu lange dauern würde. "Wir wollen die Welle im Herbst verhindern, das könnte erneut Omikron sein, das könnte eine Delta-Welle sein", sagte Lauterbach. Bei seiner Rede im Bundestag am Mittwoch hatte Lauterbach bereits betont, dass die Umsetzung einer Impfpflicht fünf bis sechs Monate dauern könnte.
Karl Lauterbach hat sich im Bundestag für eine allgemeine Impfpflicht eingesetzt. Die Situation könne man "den gefährdeten Menschen nicht weiter zumuten", so der SPD-Gesundheitsminister.
Wie die Impfpflicht konkret kontrolliert werden könnte, dazu gab Lauterbach im "heute journal" keine klare Auskunft. "Es gibt so viele Möglichkeiten", sagte Lauterbach.
Bei "empfindlichen Strafen" würden sich die meisten auch impfen lassen, so Lauterbach: "Diese Leute, die müssen tatsächlich auch mit Bußgeldern rechnen müssen."
Lauterbach: Drei Monate Genesenenstatus "wissenschaftlich richtig"
Wie lange gilt man nach einer Corona-Infektion als genesen? Diesen Status hat Deutschland gerade auf drei Monate verkürzt, während die EU parallel sechs Monate ansetzt. "Das stimmt, das ist ärgerlich, aber der Ärger lohnt sich hier", sagte Lauterbach mit Blick auf die deutliche Kritik, die sein Ministerium und das Robert-Koch-Institut für die Verkürzung einstecken mussten.
Auf EU-Ebene werde sich Deutschland weiterhin für einen Genesenenstatus von drei Monaten einsetzen. Die EU-Verordnung werde immer wieder angepasst, so Lauterbach. "Nach drei Monaten kann sich derjenige, der mit der Delta-Variante schon infiziert war, erneut mit der Omikron-Variante infizieren."
Wer Corona überstanden hat galt eigentlich sechs Monate lang als genesen. Doch Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) verkürzte den Status plötzlich auf drei Monate. Wieso?
Lauterbach: "Durchseuchung bringt keine Immunisierung"
Lauterbach warnte davor, natürliche Infektionen als dauerhaften Ausweg aus der Pandemie zu sehen. "Diese Durchseuchung, die ich falsch finde - bei Kindern wie bei Erwachsenen - bringt keine Immunisierung", sagte Lauterbach.
Der Bundestag hat am Mittwoch erstmals über das Für und Wider einer allgemeinen Impfpflicht diskutiert: In einer mehrstündigen Orientierungsdebatte warben die Befürworter einer solchen Regelung für ihre Position, es gab aber auch Unterstützung für eine partielle Impfpflicht ab 50 Jahren oder für den Verzicht auf jegliche Regelung.
Wie verlief die Orientierungsdebatte im Bundestag zur allgemeinen Impfpflicht? Lesen Sie hier die Zusammenfassung:
- Impfpflicht: Parlament sucht Orientierung
Eine Sternstunde des Parlamentarismus sollte es werden. Doch die Debatte im Bundestag zur Impfpflicht zeigt: Orientierung suchen noch viele. Und Respekt haben nicht alle.