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Kommentar zur Quarantäne-Regel : Lauterbach: Kommunikationsprofi, gewesen

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Minister Lauterbach gibt einen Fehler zu. Einverstanden, wir machen alle Fehler. Aber Ort, Stil, Begründung: Alles ist daran falsch. Und den nächsten hat er schon wieder gemacht.

Bundesgesundheitsminister, Karl Lauterbach
Das Quarantäne-Hin-und-Her: Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) muss sich korrigieren.
Quelle: dpa

Jeder Mensch macht Fehler, jeden Tag neue. Das ist so. Sie zu korrigieren, ist Größe. Erstmal. Die Rücknahme der Quarantäne-Anordnung von Gesundheitsminister Karl Lauterbach kommt allerdings dem gerne von Jugendlichen hingenuschelten "Ja, ähm, sorry" gleich. Gab Ärger, Tschuldigung, war nicht so gemeint.

So geht das nicht. Stil, Ort, Begründung - alles ist an dieser Korrektur falsch.

Kehrtwende innerhalb weniger Stunden

Erst einmal zu Stil und Ort: Lauterbach kündigt am Dienstagabend in der TV-Sendung "Markus Lanz" an, die erst am Montag geänderte Isolations- und Quarantäneverordnung bei einer Corona-Infektion wieder "einzukassieren", wie er es selbst bezeichnet. Eine erstaunliche Wende im Laufe des Tages, in nur wenigen Stunden.

Karl Lauterbach bei Markus Lanz - "Signal der Freiwilligkeit verheerend" 

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Videolänge

Am Mittag desselben Tages lädt Lauterbach in sein Ministerium zum Pressestatement. Thema: die geänderte Verordnung. Der Minister verteidigt sie. Die Gesundheitsämter hätten darum gebeten, sie schaffen die Arbeit nicht mehr. "Spät oder gar nicht" käme daher die Anweisung der Ämter bei den Infizierten oder den Kontaktpersonen an. Diese würde damit den Pandemieverlauf sowieso nicht mehr beeinflussen, die Ämter müssten entlastet werden.

Dass die längst versprochene Entlastung der Behörden - "Pakt für öffentlichen Gesundheitsdienst" hieß das Programm aus der Corona-Anfangszeit mal - nicht gekommen ist: kein Wort von Lauterbach. Dass die Ämter die Anordnungen sowieso schon lange nicht mehr schicken, kein Wort.

Bei der Sitzung seiner Bundestagsfraktion am Nachmittag muss es dann richtig gekracht haben. "Was so eine laute und emotionale Sitzung der SPD-Bundestagsfraktion alles bewirken kann. Gut so!", twittert Vize-Fraktionschef Detlev Müller. Auch von den Grünen kommt Druck.

Lauterbach sagt, er habe mit dem Expertenrat, mit Wissenschaftlern gesprochen. Später Abend dann, Talkshow Markus Lanz, ZDF: Lauterbach gesteht nun, das Signal sei "verheerend" gewesen. Und:

Man muss als Minister in der Lage sein, Dinge, die nicht gut gelaufen sind, zu korrigieren.
Karl Lauterbach

Das stimmt. Aber in einer Talkshow, die gegen 23.30 Uhr ausgestrahlt wird? Mit einer hinterhergeschobenen Erklärung per Twitter um 2.37 Uhr? Am Mittwoch, 8.30 Uhr, traf sich der Gesundheitsausschuss des Bundestages. Dort wäre der richtige Ort für die Korrektur Lauterbachs gewesen.

"Einkassieren" ist schräg und falsch

Nun zur Begründung: Das Signal von der Verordnung sei "so verheerend, so negativ", sagte Lauterbach, das "werde ich morgen wieder einkassieren". Am Mittwoch "werde das offiziell und so weiter und so fort".

Und so weiter und so fort. Es ist Lauterbach immer vorgeworfen worden, er sei kein Teamplayer, er arbeite und entscheide allein vor sich hin. Lauterbach hat dem stets widersprochen. In diesem Fall scheint es aber genau so zu sein: Die Änderung der Isolations- und Quarantäne-Regel ist zum einen eine Vereinbarung der Gesundheitsminister und -ministerinnen der Länder vom Montag. Von 16 Bundesländern also.

Alle hatten sich darauf verständigt. Die Vorsitzende Gesundheitsministerin aus Sachsen-Anhalt, Petra Grimm-Benne (SPD), sagte: "Den geplanten Strategiewechsel der Quarantäne- und Isolationsregelungen hin zu mehr Eigenverantwortung halten wir für vertretbar." Und nun? Entweder sie gestehen jetzt auch alle einen Fehler ein. Oder mit ein bisschen Druck von ihnen wechselt Lauterbach wieder zurück?

Und zum anderen: Auch das Robert-Koch-Institut hatte die Verordnung empfohlen. Die nachgeordnete Behörde, die nicht immer auf Lauterbach-Kurs, aber immer dem Team "Obervorsichtig" angehört hatte. Auch in seinem Ministerium stand man offensichtlich dahinter.

"Einkassieren" klingt nicht nur schräg. Es ist demokratisch falsch.

Das Hin und Her schadet

Und noch etwas zur Begründung: In der Lanz-Sendung sagt Lauterbach, es sei der Eindruck entstanden, die Pandemie sei vorbei. "Das", findet er, "schadet mehr als die Überlastung der Ämter." Applaus von den Beschäftigten in den Behörden, die seit zwei Jahren im Dauerstress sind, bekommt er dafür kaum. Und Kopfschütteln von vielen anderen. Worum geht es, um sein Ansehen als Ober-Pandemiebekämpfer?

Diese Koalition hat sich durch das neue Infektionsschutzgesetz darauf verständigt, mehr auf Eigenverantwortung zu setzen, siehe Maskentragen. Warum also auch nicht bei einer Corona-Infektion, die offensichtlich leichter verlaufen kann? Auch andere gefährliche Krankheiten müssen zwar gemeldet werden, die Behandlung obliegt aber der medizinischen Notwendigkeit. Wer Masern oder Windpocken hat, hat weder auf der Arbeit noch im Supermarkt etwas zu suchen.

Entweder man setzt auch bei der Corona-Pandemie auf mehr Eigenverantwortung oder nicht. Entweder man stattet die Ämter so aus, dass die Meldung bei den Gesundheitsämtern einen Effekt hat, oder nicht. Entweder man hat einen politischen Kurs oder nicht. Das Hin und Her schadet.

Fehler vom Kommunikationsprofi

Der Druck aus der Öffentlichkeit hat Lauterbach ins Amt gespült. Er war der "Minister der Herzen". Talkshow-Auftritte und seine klare wissenschaftliche Analyse haben ihn bekannt gemacht. Jetzt ist ausgerechnet ihm die Kommunikation entglitten. Dass die Aufhebung der Quarantäne-Anordnung nicht als Entlastung der Ämter, sondern als Lockerung wahrgenommen werde, habe er "falsch eingeschätzt", sagt Lauterbach.

Dass er die Länder parallel zur Pressekonferenz am Mittag und nicht schon davor über die neue Anordnung informierte, ist der nächste Fehler.

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