Mit der Kehrtwende bei der Isolationspflicht hat Gesundheitsminister Lauterbach keine gute Figur abgegeben. Sein Politikstil ist sinnbildlich für die Probleme der Ampel.
Karl Lauterbach hat mal wieder für Aufsehen gesorgt, als er in der Talkshow "Markus Lanz" seine erst am Montag vorgeschlagene freiwillige Corona-Isolation wieder zurücknahm. Genüsslich verwies Oppositionsführer Friedrich Merz (CDU) darauf, dass Ankündigungen von Lauterbach nur eine Halbwertzeit von 48 Stunden hätten.
Lauterbach sinkt in Wählergunst
Der SPD-Politiker war schon in den vergangenen Wochen in der Wählergunst abgestürzt. Eine am Dienstag veröffentlichte Forsa-Umfrage sah nur noch eine Zustimmung von 49 Prozent für die Arbeit des Gesundheitsministers.
Lauterbach selbst hatte in den vergangenen Wochen angedeutet, dass er mit dem Corona-Kurs der Ampel-Koalition nicht ganz zufrieden ist. Er steht stellvertretend für gleich mehrere Probleme der Ampel-Regierung nach etwas mehr als 100 Tagen Amtszeit.
Ampel-Koalition kehrt ab vom eigenen Pfad
Die Ampel-Koalition hat bereits an vielen Punkten ihren versprochenen Politik-Pfad verlassen. Aber während die Grünen auf den Ukraine-Krieg als Begründung für ihre plötzliche Zustimmung zu Waffenexporten und mehr Geld für die Bundeswehr verweisen können, hat das Problem von Lauterbach nur drei Buchstaben: FDP.
An wenigen Stellen der Ampel ist der Gegensatz zwischen den drei Koalitionsparteien so groß wie in der Corona-Politik, besonders deutlich zeigt er sich am gelockerten Infektionsschutzgesetz.
Lauterbach und andere führende Politiker von SPD und Grünen betonen, dass sie und die Mehrheit ihrer Anhänger lieber an einer Maskenpflicht in Innenräumen festgehalten hätten. Doch Lauterbach konnte sich nicht gegen Justizminister Marco Buschmann (FDP) durchsetzen.
In Regierungskreisen wird dies auch auf Kanzler Olaf Scholz (SPD) zurückgeführt. Dem sei der Koalitionsfrieden wichtiger als Corona-Beschlüsse, heißt es lapidar. Die FDP wiederum müsse mit Blick auf die anstehenden Landtagswahlen in Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen einen harten Kurs bei Corona fahren. Das führt dazu, dass die Ampel auch bei der Impfpflicht wegen des Widerstands etlicher FDP-Abgeordneter den Fraktionszwang aufheben musste.
Außerdem ist es nicht das erste Mal, dass sich die Länder in der Corona-Politik außen vorgelassen fühlen. Im Februar wollte Gesundheitsminister Lauterbach dem Robert-Koch-Institut (RKI) die Entscheidungsbefugnis über den Genesenenstatus entziehen. Zuvor war das RKI heftig kritisiert worden, weil es den Genesenenstatus von sechs auf drei Monate verkürzt hatte. Von der Ministerpräsidentenkonferenz wurde dieser Alleingang Lauterbachs scharf kritisiert. Ihr Vorsitzender, Hendrik Wüst (CDU), forderte ein Mitbestimmungsrecht des Bundesrats: "Denn die Länder müssen es am Ende exekutieren und da hat es sich bewährt, dass man darüber auch vorher gemeinsam spricht."
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