Bund und Länder werden am Mittwoch über Öffnungen diskutieren. Auf welche Lockerungen können Ungeimpfte hoffen und vor welchen Schritten warnen Ärzte und Wissenschaftler?
Wenige Tage vor der nächsten Bund-Länder-Beratung zur Corona-Pandemie plädieren Politiker parteiübergreifend dafür, Öffnungsschritte zu definieren. Wirtschaftsminister Robert Habeck legte ein Stufenkonzept vor, betonte aber die Notwendigkeit, im Notfall auch weiterhin neue Einschränkungen beschließen zu können.
Denn nach dem Willen des Koalitionspartners FDP soll die bis 19. März befristete gesetzliche Grundlage für die Schutzmaßnahmen danach komplett entfallen. Medizinische Experten hingegen halten es zwar für vertretbar, bei den Beratungen am Mittwoch einen Öffnungsplan zu entwickeln, mahnen angesichts der Infektionslage aber zur Vorsicht.
Seit Wochen wird über Lockerungen der Corona-Maßnahmen diskutiert. Einzelne Länder haben Maßnahmen beendet, Bayern schert bei der Teil-Impfpflicht aus – heute war Kanzler Scholz im Bundesrat.
Was will Robert Habeck?
Habeck betont, dass die Scheitelwelle der Omikron-Welle laut Experten Mitte Februar zu erwarten sei.
Wichtig sei ein einheitliches Vorgehen. Lockerungen sollten nach den Vorstellungen seines Hauses stufenweise und regional differenziert erfolgen - und ausgerichtet an Schwellenwerten, die eine drohende Überlastung des Gesundheitssystems anzeigen.
Zuerst sollten jene Maßnahmen gelockert werden, die mit hohen wirtschaftlichen Kosten verbunden seien, hieß es aus Habecks Ministerium. So könne an die Stelle von 2G und 2G plus eine Pflicht zum Tragen von FFP2-Masken in Innenräumen treten. Auch Besucherzahlen bei Freiluftveranstaltungen könnten in einer ersten Stufe angehoben werden.
- Habeck fordert erste Öffnungsschritte
Wirtschaftsminister Habeck will beim kommenden Bund-Länder-Treffen erste Öffnungsschritte diskutieren. Der Höhepunkt der aktuellen Welle werde wohl Mitte Februar überschritten.
Was will die SPD?
Bei den SPD-Ländern zeichnet sich ein gestuftes Vorgehen ab nächsten Monat ab. "Ab Anfang März sollten wir stufenweise Corona-Beschränkungen reduzieren" - angefangen bei den Kontaktbeschränkungen für Geimpfte und einem Ende von 2G plus in der Gastronomie, sagte die rheinland-pfälzische Regierungschefin Malu Dreyer der "Rheinischen Post" am Samstag.
Ihr Bremer Kollege Andreas Bovenschulte nannte in der "Welt am Sonntag" den Quasi-Endpunkt:
Und, wie Dreyer weiter sagte: "Wichtig ist, dass die Länder die Möglichkeit behalten, bei örtlichen Ausbrüchen schnell und beherzt reagieren zu können."
Was ist Markus Söders Position?
Bayerns Ministerpräsident Markus Söder will im Handel Ungeimpften wieder Zutritt gewähren und in der Gastronomie für Geimpfte und Genesene die zusätzliche Testpflicht (2G plus) aufheben. Für Großveranstaltungen empfahl er in der "Rheinischen Post": "Mein Vorschlag sind 50 Prozent Auslastung mit einer Höchstbegrenzung in den Fußballstadien und 75 Prozent für die Kultur."
Die Präsidentin der Kultusministerkonferenz (KMK), Karin Prien, denkt für die Schulen schon weiter. "Spätestens Ende März reichen wahrscheinlich auch zwei Tests pro Woche", sagte die schleswig-holsteinische CDU-Ministerin der "Bild"-Zeitung. Schrittweise müsse die Testpflicht fallen und auch die Maskenpflicht, zuerst im Klassenraum am Platz, dann im Gebäude.
- Experten fordern weniger Routine-Tests
Experten aus Medizin und Politik sprechen sich für eine Abschaffung von regelmäßigen Corona-Tests, vor allem in Schulen, aus. Intensivmediziner und Lehrer haben jedoch Bedenken.
Was sagen Experten zu diesen Plänen?
Bundesärztekammer-Präsident Klaus Reinhardt hält Öffnungsüberlegungen für richtig. "Wegen der wesentlich leichteren Krankheitsverläufe der aktuellen Omikron-Variante ist es sicher angemessen, mögliche Rücknahmen einschränkender Corona-Maßnahmen vorzubereiten", sagte er der "Rheinischen Post".
Das Expertenrat-Mitglied Christian Karagiannidis, der das Divi-Intensivregister leitet, mahnte beim Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND) jedoch: "Ob es zu einer starken Belastung im Gesundheitswesen kommt oder nicht, lässt sich noch nicht sicher abschätzen."
Der Immunologe Carsten Watzl wies darauf hin, dass es bei den 2G-Regelungen darum gehen, dass Ungeimpfte ein höheres Risiko hätten, schwer zu erkranken. "Das ist auch bei Omikron noch so, auch wenn die Wahrscheinlichkeit für einen schweren Verlauf mit einer Omikron-Infektion gegenüber einer Delta-Infektion auch für Ungeimpfte reduziert ist", stellte Watzl klar.
Hajo Zeeb vom Bremer Leibniz-Institut für Präventionsforschung und Epidemiologie sagte, wenn nach und nach überall 2G falle, halte er es für sinnvoll, "über Begrenzung der Anzahl von Personen in Innenräumen nachzudenken" - in Geschäften wie auch Restaurants.
- Wie schlimm ist die Omikron-Welle?
In ganz Deutschland gehen die Inzidenzen durch die Decke. Aber wie schlimm ist die Situation in den Krankenhäusern? Was erste Daten aus den Bundesländern verraten.