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Experte über vierte Welle : "Bis zu 150.000 Neuinfektionen - jeden Tag"

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Die vierte Welle wird weiter anwachsen - wenn es keinen Lockdown gibt. Das hat Mathematiker Kristan Schneider berechnet. Und erklärt, warum auch eine Impfpflicht nun nicht hilft.

Kristan Schneider
Kristan Schneider ist Mathematiker mit dem Forschungsschwerpunkt Modellierung epidemiologischer Prozesse.
Quelle: Helmut Hammer

Fast 76.000 Neuinfektionen mit dem Coronavirus wurden dem Robert-Koch-Institut (RKI) an nur einem Tag gemeldet - so viele wie noch nie zuvor in Deutschland. Dazu hat die Zahl der an oder mit Corona gestorbenen Menschen offiziell die Schwelle von 100.000 überschritten.

Und die Zahlen werden weiter dramatisch steigen, wenn die Politik nicht konsequent mit einem Lockdown gegensteuert - das sagt der Mathematik-Professor Kristan Schneider von der Hochschule Mittweida. Sein Spezialgebiet: Die Simulation epidemiologischer Prozesse. Seine Modellierungen hatten sich bisher als zuverlässig erwiesen, so hatte Schneider bereits im Sommer die vierte Coronawelle in Deutschland relativ präzise vorausberechnet. Im ZDFheute-Interview erklärt er, wie heftig diese vierte Welle nun noch werden kann, was dagegen hilft - und was nicht.

ZDFheute: Sie haben gerade eben noch mal für uns die neuesten Modellrechnungen am Computer nachgeschaut. Was zeigen Ihre Prognosen - wie geht das Infektionsgeschehen weiter, wenn die derzeitigen Maßnahmen nicht weiter verschärft werden?

Kristan Schneider: Der Anstieg, den wir jetzt erleben, wird immer weiter gehen und seinen Höhepunkt Anfang Januar nehmen. Das sind massive Zahlen!

ZDFheute: Von welchen Zahlen reden wir?

Wir hätten dann bis zu 150.000 gemeldete Neuinfektionen - jeden Tag. Dreimal mehr als jetzt.
Prof. Kristan Schneider, Mathematiker der Hochschule Mittwaida

Derzeit haben wir rund 54.000 Neuinfektionen im Sieben-Tage-Schnitt. Dazu kommt eine Dunkelziffer. Und die könnte mit der Zeit immer höher werden, weil man einfach mit dem Testen nicht nachkommt bei so vielen Verdachtsfällen. Insgesamt lägen wir bei bis zu 270.000 Neuinfektionen täglich. Das heißt: Sie können auch die Fälle auf den Intensivstationen verdreifachen. Das kann unser Gesundheitssystem kaum verkraften.

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ZDFheute: Wo finden diese Infektionen statt?

Schneider: Vor allem bei den Erwachsenen im Berufsalter. Dort haben wir den größten Austausch, die meisten Kontakte in der Bevölkerung. Unter ihnen ist auch der größte Teil der Ungeimpften: Etwa 43 Prozent der Ungeimpften sind zwischen 18 und 59 Jahre alt. Und das sind die Treiber. Wir sehen immer mehr jüngere Leute in den Krankenhäusern, für die die Infektion zwar nicht tödlich ausgeht, die aber womöglich sehr lange behandelt werden müssen und viele Kapazitäten binden.

ZDFheute: Nun wird ständig über eine generelle Impfpflicht diskutiert. Was würde die in ihrer Modellierung bringen?

Schneider: Die Wirkung der Impfpflicht auf das Infektionsgeschehen ist nur relativ gering. Um einen spürbaren Effekt zu bekommen, müsste man schon innerhalb eines Monats alle Impflücken schließen - und das ist ziemlich unrealistisch. Aber es würde die Sterblichkeit verringern und auch die Krankenhausbelegung, weil man dadurch die Risikogruppen schützt.

Die Szenarien der Modellierung von Kristan Schneider

ZDFheute: Welche Maßnahmen würden in ihrer Modellierung am meisten bringen?

Schneider: Das Einzige, was funktioniert, ist ein harter Lockdown. Also Kontaktreduktionen für alle. Und Geimpfte müssten verstärkt getestet und auch in Quarantäne geschickt werden, wenn sie infiziert sind. Die bundesweite Notbremse im Frühjahr hätte nie auslaufen dürfen: Es war ja ein stufenweiser Lockdown nach lokalen Inzidenzen. Wenn das Infektionsgeschehen niedrig ist, dann hat auch alles offen. Steigen die Zahlen, muss man halt zumachen.

ZDFheute: Aber wir haben doch derzeit auch Stufenpläne in den Bundesländern...?

Die Stufen, die wir jetzt haben - 3G, 2G, 2G+ - bringen nichts. Wenn man Geimpfte nicht mehr testet, werden sie zum Trojanischen Pferd.
Kristan Schneider

Der zweite Fehler: Es wird zu wenig auf die Inzidenzen und zu sehr auf die Krankenhausbelegung geschaut. Die Kliniken sind mancherorts schon überlastet - und jetzt will man erst agieren. Aber man kann nicht mehr aufhalten, was in den nächsten zwei Wochen passieren wird. Schaut man mehr auf die Inzidenzen, kann man sehr wohl vorausschauend steuern.

Das Interview führte Oliver Klein

Auf der Illustration ist eine Frau (links) und ein Mann (rechts) zu sehen. Die Frau hat eine Impfspritze am Arm angesetzt und Viren im Rachen, der Mann hat keine Impfung und Viren im Rachen und außerhalb der Atemwege.

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