Wirtschaftsminister Altmaier warnt bei "maybrit illner" vor exponentiellem Wachstum der Corona-Infektionen. An Lockerungen sei erst bei sinkenden Infektionszahlen zu denken.
Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) will Maßnahmen zur Pandemie-Bekämpfung nur lockern, wenn die Infektionszahlen deutlich sinken. "Lockerungen kann es nur geben, wenn Zahlen zurückgehen", sagte Altmaier am Donnerstag in der ZDF-Sendung "maybrit illner". Die Politik könne bei jetzt anstehenden Entscheidungen nicht sagen, "es sind nur vier Wochen, es sind nur zehn Tage". Der "einzige entscheidende Punkt" sei der Rückgang der Infektionen.
Aktuelle Zahlen zeigten: "Das exponentielle Wachstum setzt wieder ein." Und das bedeute "wir müssen dringend handeln", so Altmaiers Appell.
Altmaier: Haben noch einen Schuss
Viele, die entscheiden müssten, sähen diese exponentielle Gefahr nicht, kritisierte Altmaier. Das sehe man auch am "dröhnenden Schweigen" vieler. Er warnt:
"Und das muss dazu führen, dass wir Anfang des Jahres wirklich deutlich zurückgehende Zahlen haben", sagte Altmaier mit Blick auf den möglicherweise bevorstehenden harten Lockdown.
Dreyer fordert einheitliches Vorgehen
Die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) plädierte für ein bundeseinheitliches Vorgehen, wollte sich aber auf den Startzeitpunkt für neue Einschränkungen des öffentlichen Lebens nicht festlegen.
Es wäre "völlig unredlich", die Frage nach dem Beginn des großen Lockdowns jetzt zu beantworten, sagte sie. Die Leopoldina habe den Start nach Weihnachten vorgeschlagen. Jetzt sei aus dem Bundeskanzleramt "etwas anderes" zu hören.
Montgomery: Nichts tun keine Option
"Am Ende wird es darum gehen, dass wir gemeinsam marschieren. Und da kommt es nicht darauf an, ob wir von drei Tagen mehr oder weniger sprechen", betonte die SPD-Politikerin. Chef des Weltärztebundes, Frank Ulrich Montgomery, widerspricht:
Er hält die Verschiebung des Lockdowns auf nach Weihnachten für falsch. Halte man sich jetzt weiter zurück und tue nichts, "werden wir bereits Weihnachten volle Intensivstationen haben".
Virus kennt keine Verhältnismäßigkeit
Auf das Virus müsse man angesichts der sich zuspitzenden Lage im Zweifel auch "unverhältnismäßig" reagieren. "Das Virus kennt keine Verhältnismäßigkeit, das verhält sich nicht verhältnismäßig", so Montgomery.
"Wenn die Freiheiten überstrapaziert werden, reagiert die Politik mit Verboten", erklärte Boris Palmer (Bündnis90/Grüne), Oberbürgermeister von Tübingen. Er fügte hinzu, dass durch die Hoffnung auf Weihnachten und den jetzt drohenden Nachregulierungen die Politik in große Schwierigkeiten komme.
Palmer: Impfpflicht keine Lösung
"Wir haben die emotionalen Ressourcen strapaziert und viel Geld ausgegeben, aber die Zahlen sind nicht heruntergegangen", erklärt Palmer. Der Tübinger Oberbürgermeister setzt sich gegen eine Impfpflicht ein, und betonte:
Er setze darauf, dass die Pandemie im kommenden Sommer Geschichte sei und Weihnachten 2021 wieder wie früher gefeiert werden kann.
Flaßpöhler: Vertrauen in Experten bröckelt
Das Virus zeige laut Svenja Flaßpöhler, Philosophin, Publizistin, Chefredakteurin "Philosophie Magazin", wie sehr die Gesellschaft auf Vertrauen angelegt ist. "Das Vertrauen in Experten bröckelt, gerade in der Impffrage", fügte die Publizistin hinzu. Ihrer Ansicht nach fehlt es an vielen Informationen.
Sie forderte, zuerst die jungen Menschen, die ihr Leben noch vor sich haben, zu impfen und erklärte, dass sie es für einen Fehler halte, Impfen zu einer "Heilsversprechung" zu machen. Die Philosophin gab zu bedenken, dass "wir lernen müssen, mit dieser Ungewissheit umzugehen".