Shutdown-Beginn, alles dreht sich um Corona? Der Bundestag hat auch andere Fragen an die Kanzlerin. Wirecard, Kinderrechte, Mindestlohn etwa. Nur zum Impfen scheint alles gesagt.
Man hätte vermutet, dass am Tag, an dem eine Pandemie ein Land in den Stillstand zwingt und die bislang meisten Toten zu beklagen sind, Corona das Topthema im Bundestag ist. Zumal sich die Bundeskanzlerin eine Stunde lang den Fragen der Abgeordneten stellen muss. Und das drei Tage, nachdem die ganzen Beschlüsse überhaupt erst gefallen sind und die Impfstrategie in der Kritik ist.
Merkel selbst spricht in der Fragestunde des Bundestages erst einmal fünf Minuten über die deutsche EU-Ratspräsidentschaft. Auch die Abgeordneten nutzen am Mittwoch die meiste Zeit zunächst lieber für andere Themen.
Schäuble von SPD genervt
Für den Wirecard-Skandal zum Beispiel. Die Fragen von Linken und FDP nach der politischen Verantwortung, nach dem, was Merkel wann gewusst und warum sie sich für das Unternehmen in China eingesetzt habe, weicht die Kanzlerin aus:
Auch für den Koalitionspartner SPD ist solch eine Fragstunde offensichtlich eine gute Gelegenheit, um offenzulegen, was in der Koalition nervt, wo man nicht vorankommt. Beim Lieferkettengesetz zum Beispiel. Die SPD wäre bereit, sagt der Abgeordnete Frank Schwabe, ob denn noch etwas in dieser Legislaturperiode daraus werde? "Ich bin für das Lieferkettengesetz", sagt Merkel. Allerdings so, wie es im Koalitionsvertrag verabredet sei, ohne Nachbesserungsvorschläge der SPD.
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Kinderrechte ins Grundgesetz, ein anderes Anliegen der SPD: Auch da machte Merkel Hoffnung, es werde gerade darüber verhandelt. Ein höherer Mindestlohn, fragt Vize-Fraktionschefin Katja Mast? "Ich kann Ihnen nicht zustimmen", antwortet Merkel.
"Koalitionsverhandlungen" murmelte denn auch Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble während der Frage der SPD-Abgeordneten Susann Rüthrich ins offene Mikrofon. Was Rüthrich als Korrektur missversteht: "Was habe ich gesagt?" - "Nein, nein", hilft Merkel. "Herr Schäuble hat sich nur über meine Richtlinienkompetenz gefreut."
Merkel: Keine Vermögensabgabe gegen Corona-Schulden
Bei Corona allerdings hört der Spaß dann doch auf. Als der AfD-Abgeordnete Uwe Witt der Kanzlerin unterstellt, sie wolle die gesamte Bevölkerung zur Impfung mit einem "genmanipulierten Impfstoff“ zwingen, wird Merkel grundsätzlich. Sie erklärt, dass die Bundesregierung bei sechs Herstellern Impfstoffe geordert habe, alles sei transparent. Masken werde man trotz Impfungen noch lange tragen müssen.
Großes Thema auch die Wirtschaftshilfen. Bei Brauerei-Gaststätten werde man vermutlich noch einmal nachbessern. Merkel verteidigt die unterschiedliche Unterstützung von denjenigen Betrieben, die seit November geschlossen sind, und denen, die ab Mitte Dezember zu sind. Die Hilfen seien "nachhaltig und gerecht". Zur Zurückzahlung der Schulden stellt sie klar: "Wir wollen keine Vermögensabgabe."
Opposition kritisiert Impfen per Verordnung
Bei der Aktuellen Stunde danach, die die Regierungsfraktionen selbst beantragt hatten, geht es dann vor allem um die Impfstrategie. Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) hatte am Dienstag gesagt, Anregungen aus der Diskussion in die Verordnung aufnehmen zu wollen. SPD und Union finden, eine Verordnung sei gut, weil das schneller gehe. Außerdem könnten neue Erkenntnisse leichter beachtet werden. Das Verfahren sei transparent, so Spahn.
FDP, Grüne und Linke finden das nicht und fordern ein Gesetz. "Das Parlament muss entscheiden", sagt Stephan Thomae (FDP). Indem man das Parlament "vor vollendete Tatsachen stellt", schaffe man kein Vertrauen, so Gesine Lötzsch (Linke).
Impfen, sagt Minister Spahn, "ist der Weg raus aus der Pandemie. Wir sind darauf gut vorbereitet." Nach Änderung der Verordnung bis Freitag klingt das nicht.