150 Euro Kinderbonus, 150 Euro für Menschen in Grundsicherung. Die Koalition ist mit sich und ihren Corona-Hilfen zufrieden. Eltern aber nicht. Kanzlerin Merkel will nachbessern.
Mit der Kritik von Linken, Grünen, Wohlfahrtsverbänden hat Kanzlerin Angela Merkel vermutlich gerechnet. Dass auch Familien mit etwas höherem Budget ihre Ergebnisse vom Koalitionsausschuss kritisieren, hat sie offensichtlich so überrascht, dass sie beim Kinderzuschlag nun nachbessern will.
150 Euro Corona-Bonus für Familien: "Es verpufft sofort"
Realitätscheck Bürgerdialog mit Familien, der am Vormittag nach dem Koalitionsausschuss auf Merkels Terminplan stand: Juristin, Kinder zwei und acht Jahre alt, alleinerziehend aus Rheinland-Pfalz: 150 Euro "sind noch nicht mal einen Tropfen auf dem heißen Stein". Weil sie die Hälfte an den miterziehenden Vater abgeben muss, dann reichten die 75 Euro nicht mal für die medizinischen Masken.
"Es verpufft sofort", sagt ein Vater. Mehr Stromkosten, mehr Mahlzeiten daheim. Und dabei gehe es ihm finanziell noch gut, aber wie geht es nur denen mit weniger Geld? Er kenne viele Familien, da sei die Not groß:
Merkel sagt zur Höhe, zur einmaligen Zahlung nichts: Über die Teilung des Bonus zwischen den Erziehenden will sie aber noch einmal reden. Wenn ein Kind hauptsächlich bei einem Elternteil sei, dann müsse das auch den Bonus bekommen. "Das", sagt Merkel, "müssen wir uns noch mal angucken."
Linke kritisiert Koalition: "Unzureichendes Stückwerk"
Die Opposition ist in der Wortwahl weniger höflich als die Eltern. Ihre Kritik zielt neben dem Kinderbonus auch auf die Hartz-IV-Sätze, die nicht erhöht wurden. Von einer "mickrigen Einmalzahlung" spricht Grünen-Fraktionsvorsitzende Katrin Göring-Eckardt. Das sei eine "herbe Enttäuschung". Erwachsen und Kinder brauchten kein Trostpflaster, "sondern eine Unterstützung, die auch wirklich Sicherheit und Halt gibt".
- "Kinder entwickeln sich zum Teil zurück"
Der Shutdown überfordert viele Familien, sagt der Leiter des Kinderhauses Malstatt (Saarbrücken). Ganz hart treffe es ohnehin benachteiligte Familien. Schnelle Hilfen seien nötig.
Von "unzureichendem Stückwerk" spricht Linken-Fraktionschefin Amira Mohamed Ali. Es brauche in Grundsicherung einen regelmäßigen Pandemiezuschlag "statt eines einmaligen Minibetrags, um sicher durch die Krise zu kommen", so Mohamed Ali. Mit den neuen Corona-Hilfen versuche die Koalition "vom Chaos ihres Corona-Krisenmanagements abzulenken und sich so bis zur Bundestagswahl zu schleppen".
Verbände: "Armutspolitisches Trauerspiel"
Auch Verbände sind nur mäßig zufrieden. "Die Krisenbewältigung der Großen Koalition bleibt ein armutspolitisches Trauerspiel”, sagt Ulrich Schneider, Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Gesamtverbands. Die Einmalzahlungen seien viel zu wenig:
Verena Bentele, Präsidentin des Sozialverbandes VdK, sagte, der Zuschuss zur Grundsicherung sei gut. Die Familien brauchten aber weitere Unterstützung. Es werde "zu wenig" für ärmere Menschen in der Krise getan. Es sei schwierig, wenn Hilfe für sozial Schwache gegen Wirtschaftsförderung aufgewogen werden.
Von einem "Tropfen auf dem heißen Stein" spricht Arche-Gründer Bernd Siggelkow. Natürlich helfe Geld den Familien, die in der Corona-Zeit erhöhte Ausgaben hätten. Eine Grundsicherung für Kinder wäre aber besser gewesen, weil sie langfristiger sei und direkt beim Kind ankomme.
Kinderschutzbund: "Ein guter Beitrag"
Vom Kinderschutzbund kommt dagegen auch Lob für die Beschlüsse der Koalition. Präsident Heinz Hilgers sagte: Eine Einmalzahlung "wiegt nicht alle Belastungen auf, ist aber ein guter Beitrag". Er sei positiv überrascht, sagte er der "Rheinischen Post".
Wann genau die Familien mit den Zuschüssen rechnen können, ist indes noch nicht klar. Bundesarbeitsminister Hubertus Heil versprach aber heute, dass die Beschlüsse nächste Woche ins Kabinett kommen sollen. Man arbeite "mit Hochdruck", sagte Heil, an der gesetzgeberischen Umsetzung.