Über die EU-Strategie der Impfstoffbeschaffung habe er mitunter den Kopf geschüttelt, sagt Berlins Regierender Bürgermeister Müller bei Markus Lanz. Man sei übervorsichtig gewesen.
Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller (SPD) sorgt sich um zu schnelle Öffnungen. Außerdem müsse die Politik mehr Verantwortung für Forschung übernehmen.
Der Regierende Bürgermeister Berlins, Michael Müller (SPD), zog ein Jahr nach Ausbruch der Corona-Pandemie ein Fazit der deutschen Corona-Politik. Und räumte dabei auch Fehler ein. Gemeinsam mit dem Journalisten-Ehepaar Katja Gloger und Georg Mascolo und dem TV-Produzenten Reinhold Beckmann war Müller am Mittwochabend bei Markus Lanz zu Gast.
Müller: Das Entscheidende ist, daraus zu lernen
Mit Blick auf die europäische Impfstoff-Beschaffungsstrategie räumte Michael Müller ein: "Auch ich habe mitunter den Kopf geschüttelt." Die EU-Kommission sei zunächst unschlüssig gewesen, auf welche Impfstoffe sie setzen sollte, so Berlins Landeschef. Er wurde deutlich:
Müller spielte damit auf Verhandlungen zwischen der EU-Kommission und den Impfstoffherstellern Biontech, Moderna, Curevac und Astrazeneca an. Bereits im Juni 2020 hatte die EU-Kommission eine Steuerungsgruppe zur Impfstoffbeschaffung ins Leben gerufen, der Vertretende aller 27 Mitgliedsstaaten angehören.
Inzwischen wurde bekannt, dass vonseiten dieses Gremiums anfänglich eine Skepsis gegenüber der mRNA-Technologie bestand. Außerdem hatten Debatten um Haftungsrisiken für weitere Verzögerungen gesorgt. Reinhold Beckmann zeigte sich darüber empört:
Maskenfrage gibt Rätsel auf
Einen weiteren Rückblick wagte Georg Mascolo, ehemaliger Chefredakteur des Spiegels: Die Maskenfrage gäbe Rätsel auf. "Die Welt teilte sich in zwei Teile", so der Journalist. In den amerikanischen und europäischen, der den Sinn der Masken hinterfragte und den asiatischen, der ihn schnell erkannte und umsetzte.
Michael Müller, auch Vorsitzender der Ministerpräsidentenkonferenz, rechtfertigte die damalige deutsche Kehrtwende, die letztendlich zur Maskenpflicht führte:
MPK: Über jedes Komma wird gesprochen
Vor knapp einem Jahr angesichts des Schocks der Pandemie habe zunächst Einigkeit zwischen Bund und Ländern geherrscht, bis die Inzidenzzahlen jeweils stark voneinander abwichen und die Bundesländer begannen, Alleingänge zu wagen und die von der Ministerpräsidentenkonferenz getroffenen Beschlüsse aufzuweichen, so die Journalistin Katja Gloger bei "Markus Lanz".
"Es gibt kein Komma, über das wir uns nicht mehrere Stunden unterhalten. Wir müssen in den Grundsatzbeschlüssen sehr nah beieinanderbleiben", verdeutlichte Müller seine Haltung. Und stellte die für ihn wichtige Frage: "Wie vermittelt man den Handlungsdruck?" Der Staat müsse zukünftig mehr Verantwortung übernehmen, so der 56-Jährige am späten Abend. Er zog eine Lehre aus der Corona-Pandemie: "Man muss Gesundheitsvorsorge organisieren und finanzieren."
Es sei eine Chance und eine Pflicht, aus dem Know-how unseres Landes mehr zu machen, so der Berliner Oberbürgermeister. Einen nachdenklichen Blick warf Georg Mascolo auf das, was nach der Pandemie bleiben könnte: