Angeblich sind die neuen Corona-Beschlüsse in völliger Einigkeit beschlossen worden. Kanzler Scholz betont das, NRW-Chef Wüst auch. Bayern und Sachsen-Anhalt machen aber nicht mit.
Alles sollte nach Einigkeit aussehen. Die neuen Corona-Maßnahmen seien "sehr einvernehmlich" gefallen, sagte Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) nach der Ministerpräsidentenkonferenz. Es gebe "Einigkeit in der deutschen Politik". Hendrik Wüst, Ministerpräsident aus Nordrhein-Westfalen und Vorsitzender der unionsgeführten Länder, findet das auch.
Klingt nett, ist aber nur die halbe Wahrheit. Streitpunkte bleiben. Und Bayern und Sachsen-Anhalt sind mit den heute gefassten Beschlüssen nur mäßig einverstanden.
Streit über Ausmaß der Notlage bleibt
Der Streitpunkt, ob eine epidemische Lage von nationaler Tragweite wieder ausgerufen werden soll, wird wohl ein Zerwürfnis bleiben. Die Union ist dafür, die Ampel-Koalition dagegen.
Seit die neue Bundesregierung im Amt ist, war das Prozedere bei den Ministerpräsidentenkonferenzen immer gleich: Vor dem Treffen forderten die unionsgeführten Länder lautstark die Wiedereinführung. Nach dem Treffen steht sie allerdings nicht in den Beschlüssen – ein Streit in der Dauerschleife.
Für die ernsthaftere Wiedervorlage könnten die Abweichungen von Bayern und Sachsen-Anhalt werden. Beide hinterlegten heute in Protokollnotizen, dass sie mit den Beschlüssen nicht komplett einverstanden sind, und deswegen auch bei ihren eigenen Corona-Maßnahmen bleiben.
Gastronomie: 2G soll reichen
99 Prozent der Infektionen, so Haseloff, gehe auf die Delta-Mutante zurück, es gebe gerade einmal 50 Omikron-Fälle im Land.
Soll heißen: Die Maßnahmen in Sachsen-Anhalt seien in vielen Fällen jetzt schon strenger gewesen, Bars und Kneipen zum Beispiel schon längst zu, was jetzt erst für alle festgelegt worden sei. "Jedes Land hat seine eigenen Regeln", so Haseloff, nur das "Gesamttableau" müsse in den Ländern aber einheitlich sein.
Ähnlich sieht das Bayerns Ministerpräsident Markus Söder. FFP2-Masken im Öffentlichen Nahverkehr sind dort Pflicht, in den Beschlüssen würde sie nur empfohlen, deswegen gehe man da nicht mit. Auch Bars und Kneipen seien zu.
Wenn man davon ausgehe, dass Omikron zwar ansteckender sei, aber der Krankheitsverlauf milder als bei der Delta-Mutante, dann sei er "sehr, sehr skeptisch", so Söder, ob 2G-plus in der "normalen Gastro" sinnvoll ist.
Vorwurf: Lauterbach boostert "politisch"
Und in noch einem Punkt gehen die beiden Länder nicht mit. Der Expertenrat, den die neue Bundesregierung eingesetzt hatte und der am 6. Januar neue Empfehlungen gegeben hatte, ist ihnen zu unkonkret.
Er habe "weder konkrete Maßnahmen zu Kontakt- und Zugangsbeschränkungen empfohlen noch medizinisch belastbare Hinweise zur Verkürzung von Isolations- oder Quarantänezeiten gegeben", heißt es in der Protokollnotiz.
Konkret meint Haseloff das Boostern. Nach den jetzt beschlossenen neuen Regeln müssen Kontaktpersonen mit Auffrischungsimpfung nicht in Quarantäne. Wer ins Restaurant will und geboostert ist, braucht keinen Test. Haseloff meint:
Denn bislang gehe man davon aus, dass es sieben bis acht Tage dauert, bis die Auffrischung wirkt.
Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) habe das nun anders entschieden: der dritte Impfschutz gilt ab sofort. Haseloff habe deutlich machen wollen, "dass da ein gewisses Restrisiko besteht", das "fachlich und politisch nicht bei uns in der Verantwortung" liegt.
Was in der Quarantäne-Verordnung des Bundes, die in der kommenden Woche von Bundestag und Bundesrat verabschiedet wird, sei dann eine andere Sache.
Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) sieht in der Einführung der 2G-Plus-Regelung in der Gastronomie einen „wichtigen Schritt der Kontaktbegrenzung“.
Söder: Nur ein "Zwischenbericht"
Für Söder ist das ganze Treffen heute nur ein "Zwischenbericht" gewesen. Man müsse abwarten, wie sie die Omikron-Mutante entwickle. Von der Bundesregierung fehle der Zeitplan zur Einführung der allgemeinen Impfpflicht. Auch der Pflegebonus sei nicht geklärt und die gerade beschlossene Überbrückungshilfe für die Wirtschaft "viel zu wenig".
Wie war das gleich? "Es gibt den ein oder anderen Stelle ein Dissens", hatte Ministerpräsident Wüst in der Pressekonferenz gesagt. "Die Einigkeit" zwischen den Ländern, zwischen Bund und Ländern, halte das aber aus.
Das findet Franziska Giffey, Regierende Bürgermeisterin von Berlin und Vorsitzende der SPD-geführten Länder auch:
Immer auf dem Laufenden mit dem Corona-Liveblog:
- Wie die Welt gegen das Coronavirus kämpft
Debatte um Grundrechte, Aktuelles zu Impf-Fortschritten und Maßnahmen - alle Entwicklungen zur Corona-Pandemie in Deutschland und weltweit hier im Blog.