Die Regierungschefs von Hessen und dem Saarland äußern Bedenken über die geplante Änderung des Infektionsschutzgesetzes. Die Linke fordert einen harten Lockdown
Saarlands Ministerpräsident Tobias Hans (CDU) hält die geplante bundesweite Corona-Notbremse für eine Fehlentscheidung. Mit der Neuregelung soll der Bund erstmals in der Pandemie weitreichende Kompetenzen von den Ländern übernehmen.
"Wenn wir jetzt erneut völlig unkreativ in einen weiteren Voll-Lockdown gehen, wird das zwar irgendetwas helfen", sagte der CDU-Politiker der "Welt". "Aber es wird auch für viel Verdruss sorgen", fügte er hinzu.
Hans fordert Alternativen zur Notbremse
"Nach 14 Monaten in der Pandemie kann ein modernes Land wie Deutschland, das sich auf die Fahnen schreibt, auch technologisch vorne zu sein, doch nicht auf alle Alternativen verzichten, auf Kontaktnachverfolgungen per App etwa oder regelmäßiges Testen mit Nachweisen, die digital geliefert werden können", zitiert das Blatt den Regierungschef.
Der Bundestag hatte sich in erster Lesung mit der bundesweiten Corona-Notbremse befasst. Eine Verabschiedung ist für kommenden Mittwoch vorgesehen. Der Bundesrat will sich am Donnerstag damit befassen.
Linke fordert harten Lockdown
Sein hessischer Amtskollege Volker Bouffier (CDU) wies auf rechtliche Bedenken gegen die geplanten Ausgangsbeschränkungen hin. "Bereits jetzt gibt es große juristische Bedenken gegen die Ausgangssperre, wie sie in dem Gesetz formuliert ist", sagte er der "Bild". Eine Entmachtung der Länder sieht er in dem Gesetz aber nicht. Wie Hessen sich im Bundesrat positioniere, sei noch nicht festgelegt.
Die Linke forderte einen harten Lockdown. "Ein konsequenter und solidarischer Lockdown mit dem Herunterfahren der meisten Bereiche über zwei, drei Wochen wäre deutlich sinnvoller, als sich in diesem halbherzigen und belastenden Dauer-Lockdown noch über Wochen und Monate weiterzuschleppen", sagte Parteichefin Janine Wissler der "Augsburger Allgemeinen".
Ziel: Dritte Corona-Welle brechen
Kontaktbeschränkungen zum Brechen der dritten Corona-Welle sollen in Kreisen und Städten ab einer Inzidenz von 100 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohnern in einer Woche greifen. Zudem sind Ausgangsbeschränkungen ab 21.00 Uhr geplant, sie sind aber umstritten.
Hans kritisierte am Entwurf für das novellierte Infektionsschutzgesetz auch die ausschließliche Ausrichtung von Maßnahmen an der Inzidenz und den fehlenden Ermessensspielraum für die Bundesländer bei der Wahl der Mittel.
Funktioniert das Modellprojekt Saarland?
Kritik am bundesweit beachteten Modellprojekt für das Saarland, das auf Öffnungen auf der Basis von Schnelltests setzt, wies der CDU-Politiker zurück. "Modelle wie unseres müssen doch genau dann geschaffen werden, wenn die Zahlen hoch sind. Wenn die Inzidenz niedrig ist, kann ich einfach öffnen."
Die Infektionszahlen im Saarland seien nicht stärker gestiegen als im übrigen Deutschland. "Daran lässt sich ablesen, dass unsere sehr vorsichtigen Öffnungsschritte kein zusätzlicher Treiber für Infektionen sind", betonte Hans.