Die Omikron-Variante lässt die Corona-Infektionszahlen rasant steigen. Professor Thorsten Lehr reichen die heute beschlossenen Schutzmaßnahmen nicht, sagt er bei ZDFheute live.
Der Professor für Klinische Pharmazie an der Universität des Saarlandes, Thorsten Lehr, hat bei ZDFheute live die von Bund und Ländern beschlossenen Corona-Maßnahmen als "sehr enttäuschend" kritisiert.
Es sei auch nicht absehbar, das nochmal schärfere Maßnahmen zur Eindämmung der Infektionszahlen kommen würden, so Lehr.
Lehr: Politik möchte "reagieren, aber nicht agieren"
Bundeskanzler Olaf Scholz habe wohl festgestellt, das die Infektionszahlen weiter rasant steigen würden. Die oft beschworene "Wand" sei in einigen Bundesländern schon zu sehen, etwa in Bremen habe sich die Inzidenz in wenigen Tagen verdreifacht. Es sei "fahrlässig" zu hoffen, das dieser Anstieg nicht in allen Bundesländern kommen werde. Man müsse schon jetzt "mit strengeren Maßnahmen dagegenhalten".
Für Lehr hat es den Anschein, die Politik wolle zwar auf die Lage der Pandemie "reagieren, aber nicht agieren". Alle wüssten, was komme und dass an den Regeln nachgeschärft werden müsse. Aber am Freitag wurden diese Nachschärfungen aus Lehrs Sicht noch nicht beschlossen.
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2G-Plus eine "sinnvolle Maßnahme"
Die 2G-Plus-Regelung für die Gastronomie hält Lehr für eine "sinnvolle Maßnahme". Beim Essen und Trinken sei es "bekanntlich unmöglich", einen Mund-Nasen-Schutz aufzubehalten, daher sei es wichtig, in dieser Umgebung die maximale Sicherheit zu gewährleisten. Ob das ausreichen werde, werde man erst sehen, aber es sei "sicherlich der richtige Schritt."
Der Bund-Länder-Gipfel hatte beschlossen, den Zugang zur Gastronomie weiterhin auf Geimpfte und Genesene zu beschränken (2G). Zusätzlich soll für den Besuch von Restaurants, Kneipen und anderen Gastronomiebetrieben entweder ein tagesaktueller Test oder der Nachweis einer Auffrischungsimpfung (Booster-Impfung) erforderlich sein.
Der Booster-Nachweis soll demnach ab dem Tag der Auffrischungsimpfung gültig sein. Diese erweiterte 2G-plus-Regelung soll bundesweit gelten und kurzfristig unabhängig von der Sieben-Tage-Inzidenz in Kraft treten. In einer Reihe von Bundesländern gilt dies bereits.
Lehr: Quarantäneverkürzung ist politische Entscheidung
Die neue Regelung zur Dauer einer Quarantäne-Maßnahme nach einer Infektion mit dem Coronavirus oder Kontakt mit einer infizierten Person sieht Lehr als rein "politische Entscheidung".
Es sei eine Nutzen-Risiko-Abwägung gemacht worden: Bei sehr hohen Fallzahlen, selbst mit mildem Verlauf, werde es viele Erkrankte geben und dadurch auch "eine Menge Kontaktpersonen" zu diesen Infizierten. Würde man diese alle auch noch in Quarantäne schicken, "dann werden wir hier Geisterstädte und ein Geisterland vorfinden".
Die Verkürzung sei aber auch ein Appell an die Eigenverantwortung der Menschen, sich mit Symptomen selbst zu isolieren und Kontakte zu informieren.
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