Im ersten Shutdown wurden Pflegeheime konsequent abgeriegelt. Aktuell sind sie wieder offen. Doch klare Besuchsregelungen gibt es nicht. Pflegeverbände fordern Einheitlichkeit.
Vielerorts gelten Alten- und Pflegeheime als die Corona-Hotspots. Das RKI weist immer wieder darauf hin, dass die bundesweit hohen Fallzahlen sich unter anderem auf Ausbrüche in Alten- und Pflegeheimen zurückführen lassen.
Auch die aktuelle Sieben-Tage-Inzidenz bestätigt vermehrt Erkrankungen bei älteren Bürger*innen. Während die deutschlandweite Inzidenz bei 136 liegt, ist sie bei den Über-80-Jährigen mit 284 mehr als doppelt so hoch.
Heimleitungen fühlen sich allein gelassen
Ob das Virus über das Personal oder mittels Besucher*innen in Einrichtungen gelangt, ist oft nicht klar. Dennoch mahnen Pflegeverbände davor, die Heime erneut komplett zu isolieren. Stattdessen fordern sie von Seiten der Bundesregierung einheitliche Regelungen:
"Der Bund sollte klare Vorgaben bezüglich des Besuchsrechts in Heimen vorschreiben. Aktuell werden die Heimleitungen allein gelassen", führt David Kröll, Sprecher des BIVA-Pflegeschutzbundes an.
Die einzelnen Leitungen müssten etwa mitkoordinieren, wo sich Angehörige testen lassen können. Der Verband fordert, dass bundesweit Schnelltests für Besucher*innen von Altersheimen bezahlt werden. "Zudem muss flächendeckend eine ortsnahe Testung erfolgen. In vielen Regionen können Besucher*innen sich nur in entfernten zentralen Testzentren testen lassen und müssen anschließend mit den öffentlichen Verkehrsmitteln in das Pflegeheim fahren."
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Unterschiedliche Regeln sorgen für Verunsicherung
Um Bewohner*innen sowie Pflegekräfte vor dem Virus zu schützen, werden in Deutschland momentan ganz unterschiedliche Maßnahmen ergriffen. Während im Frühling die einzelnen Bundesländer Besuchsverbote verhängt hatten, regeln nun überwiegend die Städte und Kreise selbst, wie der Besucherstrom in Heimen ablaufen sollte.
Doch vor diesem Vorgehen mahnt auch Markus Mai, Präsidiumsmitglied der Bundespflegekammer: "Die Uneinheitlichkeit in den Ländern hat womöglich auch zur aktuell angespannten Situation geführt. Es werden immer wieder schnell konkrete Entscheidungen benötigt, was im Föderalismus nun einmal schwierig umzusetzen ist."
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Im Bereich des Infektionsschutzes sei daher Einheitlichkeit zielführender, betont Mai. Denn gerade für die Fachkräfte im Bereich Pflege sei die aktuelle Uneinigkeit belastend:
Eine vermehrte Isolation der Pflegeheime zeigt sich aktuell in Thüringen. Im Landkreis Altenburger Land gibt es insgesamt 15 Pflegeheime. "Aktuell haben wir in rund 12 der Heime Ausbrüche. Und wir wissen nicht genau, über welche Personen das Virus in die Einrichtungen gelangt ist", berichtet das ansässige Landratsamt.
Seien positive Fälle in einem Heim nachgewiesen, werde die gesamte Einrichtung umgehend unter Quarantäne gestellt. "Wir wissen langsam nicht, was wir noch tun sollen. Mehr als die Heime isolieren und schauen, dass die Impfungen vorangehen können wir leider auch nicht", so das Amt.
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Bundespflegekammer fordert zusätzliche Testteams
Insgesamt ist die Lage im thüringischen Altenburger Land nahe Chemnitz äußerst angespannt. Denn die dortige Sieben-Tage-Inzidenz beträgt 492,2. Neben Pflegeheimen sind vor allem auch Kindertagesstätten von größeren Ausbrüchen betroffen.
Um solche Szenarien in anderen Landkreisen zu vermeiden und nicht erneut Pflegeheime flächendeckend isolieren zu müssen, fordert die Bundespflegekammer bundesweite Testteams für Altersheime: "Das Personal ist oft nicht mehr in der Lage, alle örtlich geltenden Hygienevorschriften einzuhalten. Etwa alle Besucher*innen zu testen, ist ein enormer zeitlicher Aufwand. Das können die Pflegekräfte nicht noch zusätzlich stemmen."
Pflegeheime müssten personell unterstützt werden, da das reguläre Personal bereits mit dem täglichen Pflegebetrieb ausgelastet sei, so die Kammer.
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