Angesichts der teils gewaltsamen Corona-Proteste zeigt sich die Politik alarmiert. Thüringens Innenminister Maier warnte im ZDF vor einem "Tourismus" gewaltbereiter Demonstranten.
Die Gewaltbereitschaft auf Demos habe "deutlich zugenommen", so Thüringens Innenminister Georg Maier (SPD), zu den Protesten gegen Corona-Maßnahmen.
Thüringens Innenminister Georg Maier (SPD) sieht eine deutlich gestiegene Gewaltbereitschaft bei Demonstrationen gegen die Corona-Politik. "Wir erleben auch einen gewissen Tourismus - in Anführungszeichen - von offensichtlich gewaltbereiten Demonstranten aus anderen Bundesländern", sagte Maier im ZDF Morgenmagazin.
Maier: "Klare Kante" zeigen
Bei einem Aufzug von bis zu 1.000 Teilnehmern im thüringischen Greiz war es am Samstag zu Angriffen auf Einsatzkräfte gekommen. Der Rechtsstaat müsse hier "klare Kante zeigen, und das tut er auch", sagte Maier. Am Wochenende seien zahlreiche Aufzüge gestoppt oder verhindert worden, wenn auch nicht in jedem Fall. Dies sei ein Gebot der Verhältnismäßigkeit. "Die Polizei muss immer so agieren, dass natürlich Gewalt minimiert wird." Die Behörden seien instruiert, dass solche Versammlungen in der Regel rechtswidrig seien.
Nach Polizeiangaben wurden in Greiz 14 Beamte verletzt, in Bennewitz bei Leipzig seien Polizisten und auch Journalisten tätlich angegriffen worden. Auch aus Reutlingen in Baden-Württemberg und dem thüringischen Gotha wurden gewaltsame Eskalationen gemeldet.
In der Politik wächst die Sorge vor einer Radikalisierung von Gegnern staatlicher Maßnahmen zur Corona-Bekämpfung. In zahlreichen deutschen Städten gab es am Wochenende angemeldete, aber auch nicht genehmigte Demonstrationen.
Maier berichtete, dass die Initiatoren solcher Demonstrationen in der Regel Rechtsextremisten oder sogenannte Querdenker seien. Er habe kein Verständnis dafür, dass Menschen sich dem anschlössen.
NRW-Innenminister Reul: "Verfassungswidrige Töne"
Auch der nordrhein-westfälische Innenminister Herbert Reul (CDU) äußerte sich am Sonntagabend besorgt über den extremistischen Teil der Protestierenden.
Rechtsextremisten würden die Proteste zunehmend für ihre Zwecke missbrauchen, sagte Reul weiter. Es seien zunehmend "demokratiefeindliche Töne, verfassungswidrige Töne" dabei. Das mache ihm große Sorgen. Deshalb könne er allen Demokraten nur raten, "dass wir gemeinsam sagen: Jetzt ist Schluss, hier gibt es eine Grenze".
Faeser: Entschlossener gegen Hetze
Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) kündigte ein härteres Vorgehen gegen Hetze und Gewaltaufrufe in öffentlichen Kanälen beim Messengerdienst Telegram an. "Gegen Hetze, Gewalt und Hass im Netz müssen wir entschlossener vorgehen", sagte Faeser den Zeitungen der Funke Mediengruppe.
Das Bundesamt für Justiz habe gegen Telegram zwei Verfahren wegen Verstoßes gegen das Netzwerkdurchsetzungsgesetz durchgeführt, auf die Telegram nicht reagiert habe. "Das wird diese Bundesregierung so nicht hinnehmen."
Die Messengerdienste würden derzeit vom Netzwerkdurchsetzungsgesetz (NetzDG) nicht erfasst, soweit sie zur Individualkommunikation bestimmt sind. In Telegram könne man inzwischen aber Nachrichten in öffentlichen Gruppen mit bis zu 200.000 Mitgliedern veröffentlichen, was den Dienst zu einem Netzwerk mache wie Facebook oder Twitter.
Bundestagspräsidentin: "Spürbare" Radikalisierung
Bundestagspräsidentin Bärbel Bas konstatierte ebenfalls eine "spürbare" Radikalisierung bei den Protesten. "Das ist durchaus eine Gefährdung unserer Demokratie", sagte die SPD-Politikerin am Sonntagabend in der ZDF-Sendung "Berlin direkt".
Sie forderte ein Verbot von Demonstrationen vor Privathäusern von Politikerinnen und Politikern sowie eine verschärfte Beobachtung von Telegram-Chatgruppen.
Schwesig: Radikalen nicht die Straße überlassen
Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD) rief in der "Bild" dazu auf, "den Radikalen nicht die Straße überlassen". Demokratische Entscheidungen müssten von allen akzeptiert werden.