Die Vorhaben des Kanzlers im Verzögerungsmodus: Mit der Impfpflicht holpert es - das gilt auch für zwei weitere Impfziele. Heute stellt sich Scholz den Fragen der Abgeordneten.
Premiere für den Bundeskanzler: im Bundestag muss sich Olaf Scholz heute zum ersten Mal den Fragen der Abgeordneten stellen. Ein Themenschwerpunkt dabei ist die Impfpflicht.
Genau fünf Wochen ist Bundeskanzler Olaf Scholz im Amt, wenn er sich an diesem Mittwoch im Bundestag erstmals den Fragen der Abgeordneten stellt. 65 Minuten sind dafür im Zeitplan des Parlaments vorgesehen.
Thematische Vorgaben gibt es nicht, aber eins ist schon vorher klar: Die Bekämpfung der Corona-Pandemie wird im Mittelpunkt stehen. Und ziemlich sicher ist auch: Es dürfte ungemütlich für den neuen Regierungschef werden.
Impfziel Nummer 1: Impfpflicht bis Anfang März
Gut eine Woche vor seinem Amtsantritt hatte Scholz sich nach monatelanger Ablehnung für eine allgemeine Impfpflicht ausgesprochen und gleich zwei Daten mitgeliefert, zu denen sie in Kraft treten soll: "Deshalb, finde ich, wäre es richtig, wenn sie für alle gilt, ab Anfang Februar, Anfang März."
Wer Daten und Zahlen nennt, wird später an ihnen gemessen, das ist eine einfache Spielregel in der Politik. Das Problem: Scholz hat ebenfalls schon im November klar gesagt, dass er den Bundestag in der Pflicht sieht, die Impfpflicht durchzusetzen - und die Bundesregierung in einer passiven Rolle. Mit anderen Worten: Er hat den Ball aufs Spielfeld geworfen, ist dann aber an der Seitenlinie stehen geblieben.
"Wenn gesunde, getestete Menschen nicht Zutritt auf die Tribüne des Bundestags bekommen, […] ist das Willkür", so Tino Chrupalla, Vorsitzender der AfD-Bundestagsfraktion.
Das macht ihm die Opposition jetzt zum Vorwurf und beklagt mangelnde Führung - wohl wissend, dass Scholz Führungsstärke als sein Markenzeichen sieht. Am Dienstagabend hat SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich nun etwas Druck aus dem Kessel gelassen, indem er einen Zeitplan für die Entscheidung über die Impfpflicht präsentierte.
Ende Januar sollen Eckpunkte für einen Gesetzentwurf vorgelegt werden. Auf dieser Grundlage soll mit Abgeordneten anderer Fraktionen über einen gemeinsamen Gruppenantrag gesprochen werden. Und bis Ende März soll dann die Entscheidung fallen - nicht ganz so schnell, wie der Kanzler sich das gewünscht hat.
Impfziel Nummer 2: 30 Millionen Impfungen bis Ende Januar
30 Millionen Impfungen bis Ende des Jahres 2021: Dieses von Scholz Mitte November ausgegebene Ziel wurde am 26. Dezember erreicht. "Darauf können wir alle stolz sein", feierte sein Gesundheitsminister Karl Lauterbach den Erfolg prompt.
Scholz hatte zu diesem Zeitpunkt schon ein weiteres Ziel ausgegeben: Weitere 30 Millionen Impfungen bis Ende Januar. Nur geht es jetzt nicht mehr ganz so schnell wie im vergangenen Jahr. Bis einschließlich Montag waren nur 7,3 von den 30 Millionen Impfungen geschafft, und es bleiben nur noch drei Wochen.
Im Durchschnitt müssten also pro Tag mehr als eine Million Dosen gespritzt werden, um ans Ziel zu kommen. Das gab es bisher aber an keinem einzigen Tag in diesem Jahr.
Impfziel Nummer 3: 80 Prozent Erstgeimpfte bis Ende Januar
Noch weiter weg ist Scholz von seinem Ziel, eine Impfquote von 80 Prozent bei den Erstimpfungen zu erreichen. Dafür war von Regierungssprecher Steffen Hebestreit kurz vor Weihnachten der 7. Januar als "ehrgeiziges" Zieldatum genannt worden, das schon kurz darauf auf den 31. Januar korrigiert wurde.
Um bis dann auf die 80 Prozent zu kommen, müssen sich immer noch 4,4 Millionen Ungeimpfte zum ersten Mal immunisieren lassen. In den vergangenen zwei Wochen seit Weihnachten waren es aber nur wenige Zehntausend pro Tag, zusammen etwas mehr als 600.000.
Sollte Scholz die letzten beiden Ziele nicht bis Ende Januar erreichen, könnte ihm das aber beim Erreichen des ersten Ziels - der Impfpflicht - helfen. Denn mangelnder Impffortschritt ist das beste Argument der Befürworter einer solchen Pflicht. Und Ende Januar wird die SPD beginnen, in den anderen Fraktionen um Unterstützung für ihren Gesetzesvorschlag zu werben.
- Was eine Endemie ist
Corona wird nicht verschwinden, sondern heimisch. Vorrausetzung für eine Endemie: Eine Grundimmunität durch Impfungen und Infektionen.