Im Dezember hatten die Länder - auch Bayern - die Impfpflicht für Pflegekräfte mitbeschlossen. Daran erinnert nun auch Kanzler Scholz, der die Länder in die Verantwortung nimmt.
Im Streit um die beschlossene Corona-Impfpflicht für Personal in Pflegeheimen und Kliniken nimmt Kanzler Olaf Scholz (SPD) die Länder in die Verantwortung. "Wir gehen davon aus, dass Gesetze eingehalten werden", sagte er nach Angaben des stellvertretenden Regierungssprechers Wolfgang Büchner am Mittwoch in Berlin. Dies sei "einer der Vorzüge des deutschen Rechtssystems".
Regierung: Länder wollten Impfpflicht als zusätzlichen Corona-Schutz
Die Bundesregierung betonte, die Länder hätten explizit gebeten, die Impfpflicht als zusätzlichen Schutz vor Corona in Einrichtungen für gefährdete Gruppen einzuführen. Für die Umsetzung seien sie zuständig, sagte Büchner. Der Bund sei gesprächsbereit, um eine "einheitliche und pragmatische Vorgehensweise" sicherzustellen.
Zunächst hatte Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) angekündigt, alle Spielräume zu nutzen, um die Umsetzung "vorläufig" auszusetzen. CDU-Chef Friedrich Merz bekräftigte am Mittwoch, der Bund lasse Einrichtungen und Betroffene mit den Folgen der Impfpflicht "völlig allein". Daher habe die CDU eine Aussetzung vorgeschlagen, bis Fragen dazu geklärt seien.
- Wie Söder die Impfpflicht aussetzen könnte
Kann Bayerns Ministerpräsident die Impfpflicht überhaupt umgehen? Fragen und Antworten.
Gesetz zur Impfpflicht bereits im Dezember beschlossen - mit Zustimmung der Union
Das schon im Dezember - auch mit Zustimmung der Union - von Bundestag und Bundesrat beschlossene Gesetz sieht vor, dass Beschäftigte in Pflegeheimen und Kliniken bis 15. März Nachweise als Geimpfte oder Genesene vorlegen müssen - oder ein Attest, nicht geimpft werden zu können.
Arbeitgeber müssen die Gesundheitsämter informieren, wenn das nicht geschieht. Diese können die Beschäftigung dort dann untersagen.
"Es ist schlicht irritierend", sagt Grünen-Chef Omid Nouripour über den Alleingang Bayerns.
Gesundheitsministerium: Gesundheitsämter haben Ermessensspielraum
Das Bundesgesundheitsministerium erläuterte, den Gesundheitsämtern werde ausdrücklich ein gewisser Ermessensspielraum gelassen. Dabei gehe es um individuelle Klärungen je nach Lage in der Einrichtung etwa zu Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten auch an anderen Stellen.
Dies könne der Bund nicht pauschal klären.
Das Sozialministerium erläuterte, dass arbeitsrechtliche Fragen, die sich an mögliche Verbote zum Betreten von Einrichtungen anschließen, meist individuelles Recht im Einzelfall darstellten. So könne etwa zu prüfen sein, ob Beschäftigte schuldhaft gehandelt haben.
Gewerkschaftsbund fordert 3G-Regeln
Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) machte Bedenken gegen die Teil-Impfpflicht deutlich. Es könne nicht sein, dass Einrichtungen und Arbeitgeber quasi "Erfüllungsgehilfe des Gesetzgebers" würden und damit betriebliche Konflikte und arbeitsrechtliche Konsequenzen zu Lasten der Beschäftigten entstünden, sagte DGB-Chef Reiner Hoffmann.
Er sprach sich für 3G-Regeln aus - also Zugang für Geimpfte, Genesene und Getestete. Auch damit sei davon auszugehen, dass die Sicherheit für die Patienten und für die Beschäftigten gewährleistet werde.
- Wann dürfen Kliniken Impfnachweise verlangen?
Die Klinikgruppe Artemed will, dass sich 7.500 Mitarbeiter impfen lassen. Statt auf die Nachweispflicht zu warten, verlangt sie bereits jetzt den Impfnachweis. Darf sie das?
Kingbeil: Merz und Söder "wie pubertierende Jungs"
SPD-Chef Lars Klingbeil warf der Union einen "Wirrwarrkurs" vor. "Merz und Söder treten eher auf wie die pubertierenden Jungs auf dem Schulhof, die jede Rauferei suchen", sagte er im TV-Sender "Bild". FDP-Fraktionschef Christian Dürr sagte der Deutschen Presse-Agentur mit Blick auf die vorherige Zustimmung der Union: "Es ist ungeheuerlich, wie CDU und CSU durch die Pandemie irren."
Merz sagte dagegen, man spreche seit Dezember genau die Punkte an, "die jetzt von der Bundesregierung bis heute nicht beantwortet worden sind".