Obwohl die Stiko Kinderimpfungen nicht generell empfohlen hat, wirbt Familienministerin Anne Spiegel dafür. Es sei wichtig, dass es es nun diese Impfangebote für Familien gebe.
Familienministerin Anne Spiegel im ZDF heute journal.
Die Corona-Impfungen für Fünf- bis Elfjährige laufen an. Dafür sollen in dieser Woche 2,4 Millionen Dosen ausgeliefert werden. Die Ständige Impfkommission (Stiko) hat jedoch keine generelle Empfehlung abgegeben, sondern empfiehlt Impfungen für Kinder, die Risikofaktoren für einen schweren Verlauf oder Angehörige mit hohem Risiko haben. Es können nach individueller Entscheidung und ärztlicher Aufklärung aber auch alle Kinder geimpft werden.
Über die Entscheidung der Stiko und die Impfung für kleinere Kinder spricht Bundesfamilienministerin Anne Spiegel (Grüne) im ZDF heute journal:
ZDF: Noch liegt ja die Erwachsenen-Impfung ziemlich weit zurück - die Impfquote bei den Zweitimpfungen ist wirklich noch zu steigern. Warum ist es nun nötig, dass auch kleinere Kinder geimpft werden?
Anne Spiegel: Ich glaube, das ist eine große Erleichterung für die Familien im Land. Die Inzidenzen sind ja bei den Kindern so hoch wie nie zuvor seit Beginn der Pandemie. Und da ist es jetzt schon gut, dass es die Impfangebote auch für Familien und Kinder gibt und dass sie sich vor allen Dingen auch informieren und beraten lassen können.
ZDF: Es wird durchaus angenommen, diese Möglichkeit der Impfung. Aber es gibt ja doch auch Eltern, die wirklich verunsichert sind. Die Ständige Impfkommission empfiehlt die Impfung eben nicht für alle Kinder ab fünf. Der Hinweis auf noch nicht ausreichende Daten, was etwaige Nebenwirkungen angeht, hilft da vielen Eltern nicht. Sie sind selbst Mutter von vier Kindern - wie wägen Sie das Risiko ab?
Spiegel: Zunächst einmal gibt die Stiko schon eine Orientierung. Also sie hat sich dazu geäußert, und ich glaube, es ist sehr wichtig, dass diejenigen, die sich schon für eine Impfung entschieden haben, sich jetzt impfen lassen können.
Und alle anderen, die auch noch Fragezeichen haben oder sich beraten lassen können, für die ist es gut, dass die Länder und Kommunen und auch viele Kinderarztpraxen jetzt eine Struktur aufgebaut haben, dass es Beratungen, Informationen gibt für die Familien, damit sie für sich die richtige Entscheidung treffen und - so hoffe ich - auch ihre Kinder dann impfen lassen.
Gestern startete die Corona-Impfkampagne für Kinder von 5 bis 11 Jahren. Die Stiko empfiehlt die Impfung für Kinder mit Vorerkrankungen.
ZDF: Sie hoffen das, aber es ist natürlich immer eine Risikoabwägung am Ende. Deshalb nochmal die Nachfrage: Hätten Sie sich ein klareres Votum der Stiko gewünscht?
Spiegel: Zum einen finde ich schon, dass es eine Orientierung gibt. Und zum anderen ist es auch wichtig, dass man über das, was die Stiko hinaus sagt, jetzt einfach zur eigenen Kinderärztin, zum eigenen Kinderarzt geht, oder sich bei mobilen Impfteams oder bei anderen Stellen eben die entsprechenden Infos und die Beratung holt.
ZDF: Ein Argument hört man immer auch von Ihrer Kollegin im Kabinett, der Bildungsministerin, die Schulen sollen dadurch offenbleiben können - besser offenbleiben, wenn die Kinder geimpft sind. Jetzt war es ja im letzten Jahr so, dass die Kinder eben zu Hause saßen - kein Unterricht, keine Freunde, kein Sport - und haben im Grunde die Opfer für den Schutz der Erwachsenen gebracht. Ist es jetzt nicht eigentlich wieder so: Weil sich die Erwachsenen nicht ausreichend impfen lassen, impfen wir die Kinder?
Spiegel: Zunächst einmal gilt ja auch für die Erwachsenen weiterhin, und da kann ich nur appellieren, sich impfen zu lassen, sich vor allen Dingen boostern zu lassen. Auch das bietet ja wirklich einen sehr guten Schutz. Aber gleichzeitig geht es natürlich auch darum, dass wir die Kinder und Jugendlichen schützen. Und da geht es nicht nur um Kitas und Schulen.
Der ganze Alltag von Kindern ist ja ins Rutschen geraten mit der Pandemie. Und ich glaube schon, dass eine Impfung hier auch ein wichtiger Beitrag sein kann, zum einen ganze Familien, alle Generationen in den Familien zu schützen, aber zum anderen auch ein Teil dazu beizutragen, dass wir hoffentlich über viele Impfungen diese Pandemie auch in die Knie zwingen können und den Kindern ein Stück ihres Alltags zurückgeben können.
Der Vorsitzende der Ständigen Impfkommission, Thomas Mertens, begründet die eingeschränkte Empfehlung zum Impfen für 5- bis 11- Jährige damit, dass "die gesamte Datenlage, die wir analysiert haben", keine "eindeutige Empfehlung" hergebe.
ZDF: Eine allgemeine Impfpflicht könnte im nächsten Frühjahr kommen, darauf bereitet auch der neue Kanzler, Olaf Scholz, die Bevölkerung vor. Wird sie dann auch für Kinder gelten?
Spiegel: Die Debatte halte ich noch für zu verfrüht. Wir sehen ja jetzt, dass rund jeder zweite Jugendliche in Deutschland bereits einmal geimpft ist. Und jetzt geht es für die Kinder los, und die entsprechenden Dosen sind ja bestellt: 2,4 Millionen. Jetzt soll es erst mal losgehen für die Familien, die schon entschieden sind und die darauf auch schon gewartet haben und jetzt gerne ihre Kinder impfen lassen möchten.
ZDF: Heißt aber auch, wenn Sie sagen verfrüht, Sie schließen das auch nicht aus, dass es kommen könnte?
Spiegel: Das Infektionsgeschehen ist ja sehr dynamisch. Das haben wir in dieser Pandemie gelernt, dass sich Situationen auch leider schnell verändern können. Und für mich ist es wichtig, dass das Gesundheitssystem nicht an seine Grenzen kommt. Das ist eine ganz wichtige Richtschnur in der Pandemie. Dennoch, ich halte die Debatte jetzt auf Kinder bezogen für verfrüht.
Jetzt sollten wir erst mal loslegen und die Familien, die sich schon entschieden haben, denen auch schnell ein Impfangebot machen können.
ZDF: Das ist dann vielleicht auch eine erste Lehre der Politik: Keine Versprechungen mehr machen. Wir danken sehr, danke an die neue Familienministerin!
- Boostern trotz neuer Corona-Variante Omikron?
Die jetzigen Impfstoffe könnten wegen der Omikron-Variante an Wirkung verlieren. Warum man sich trotzdem zügig boostern lassen sollte.