Weltärztepräsident Montgomery warnt vor einer Situation, in der Ärzte über Leben und Tod von Corona-Patienten entscheiden müssen. Schuld an dem drohenden Dilemma sei die Politik.
Der Vorsitzende des Weltärztebundes Montgomery warnt angesichts der hohen Corona-Zahlen vor einer Zuspitzung der Lage in den deutschen Krankenhäusern und kritisiert die Politik für einen Mangel an Vorgaben.
Der "Rheinischen Post" sagte Montgomery: "Es wird bei zunehmender Überfüllung der Intensivstationen immer mehr zu Triage-Entscheidungen kommen und die wird leider von den Ärzten alleine getroffen werden müssen, weil die Politik uns hier im Stich gelassen hat." Triage bedeutet, dass Mediziner aufgrund von knappen Ressourcen entscheiden müssen, wem sie zuerst helfen.
Was ist eine Triage?
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Wirbel um Äußerungen zu Triage in Sachsen
Ein Mediziner aus dem sächsischen Zittau hatte zuvor mit Äußerungen um eine Triage von Corona-Patienten für Aufregung gesorgt. Er sagte nach Angaben des Nachrichtenportals "T-Online": "Wir waren in den vergangenen Tagen schon mehrere Male in der Situation, dass wir entscheiden mussten, wer Sauerstoff bekommt und wer nicht."
Die Klinik bestätigte oder dementierte die Schilderungen des Arztes am Mittwoch nicht ausdrücklich. Stattdessen betont sie: Die Lage ist kritisch.
Triage: Eine Methode, um Patienten und Patientinnen nach Schwere der Fälle einzuteilen. Wie gehen die Mediziner dabei vor? Woran müssen sie sich halten?
Montgomery: Nicht an Corona-Regeln gehalten
Montgomery zufolge ist die hohe Zahl der Corona-Toten nicht allein ein Versagen der Politik: "Wir waren eigentlich hervorragend aufgestellt. Aber die Bevölkerung selbst hat sich nicht vorgesehen und an die Regeln gehalten, und deswegen kommt es nun zur Überlastung des Gesundheitswesens."
Ziel der Ärzte sei es, die Triage zu vermeiden. Aber auszuschließen sei sie nicht. Zu befürchten sei, dass die Lockerungen über Weihnachten zu einem weiteren Anstieg der Toten-Zahlen führen, sagte der Chef des Weltärztebundes.
Montgomery bekundete die Erwartung, dass der Shutdown am 10. Januar nicht beendet sein werde. Die derzeitige Situation sei "schlimmer als im Frühjahr.
Patientenschützer warnt vor Panikmache
Der Vorstand der Deutschen Stiftung Patientenschutz, Eugen Brysch, warnt derweil vor Panikmache. Trotz der sehr unterschiedlichen regionalen Corona-Lage stünden bundesweit ausreichend Intensivplätze zur Verfügung. Den Zeitungen der "Funke Mediengruppe" sagte er:
Der Hauptgeschäftsführer der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG), Georg Baum, sieht die Kliniken in Deutschland ebenfalls weit davon entfernt, Triage-Diskussionen führen zu müssen. Noch gebe es Reserven. "Bis rein rechnerisch alle Kapazitäten aufgebraucht sind, müsste sich die Zahl der aktiven Infektionen verdoppeln."