Die Union will zunächst keinen eigenen Antrag zur Impfpflicht vorlegen. Aussagen ihres Gesundheitsexperten Pilsinger seien nicht abgestimmt. Die Regierung sei in der Verantwortung.
Es ist wohl der Versuch, die Regierung zu treiben und gleichzeitig die Debatte in den eigenen Reihen zu beruhigen. "Wir werden nicht die Arbeit der Regierung übernehmen", sagt Thorsten Frei, der Parlamentarische Geschäftsführer der Unionsfraktion, zum Thema Impfpflicht. Die Ampel müsse jetzt einen Gesetzentwurf vorlegen, das sei die Verantwortung von Olaf Scholz und seiner Ampel-Koalition. Einen eigenen Antrag der Union lehnt der CDU-Politiker ab.
Unionsspitze erwartet Disziplin in eigenen Reihen
Frei bezieht sich damit auf einen Beschluss der Fraktionsspitze. Sein Vorwurf: "Die Regierung will etwas, hat dafür aber keine eigene Mehrheit", so Frei. Um davon abzulenken, werde jetzt diese fraktionsoffene Debatte forciert.
"Ich bin froh, dass der Deutsche Bundestag sich Zeit nimmt", so der stellvertretende FDP-Bundesvorsitzende und Vize-Präsident des Bundestages, Wolfgang Kubicki, zur Impfpflicht-Diskussion.
Die klare Erwartungshaltung der Unions-Fraktionsspitze an die eigenen Abgeordneten sei, dass sich niemand den vorliegenden oder künftigen Gruppenanträgen anschließt - "jedenfalls, solange der Meinungsbildungsprozess in der Fraktion läuft", sagte Frei.
Vorstoß aus eigenen Reihen eingefangen
Das zielt auch ab auf den CSU-Gesundheitspolitiker Stephan Pilsinger, der gegenüber der Funke-Mediengruppe von einem eigenen Gesetzentwurf der Unionsfraktion gesprochen hatte. Dabei soll es, so Pilsinger, um eine Impfpflicht für über 50-Jährige gehen. "Weil der größte Teil der Covid-Intensivpatienten älter als 50 Jahre ist, können wir mit einer Impfpflicht für alle ab 50-Jährigen das Gesundheitssystem effektiv schützen und dennoch den Freiheitseingriff für die Gesellschaft so gering wie möglich halten", so der Gesundheitsexperte.
Dieser Vorstoß sei allerdings nicht abgestimmt, es gäbe dafür in der Unionsspitze auch keine Zustimmung, berichtet dagegen Frei. Es könne schon sein, dass es "irgendwo" in der Fraktion Überlegungen gäbe, auch ein sogenanntes 'Non-Paper'. Aber mit dem Beschluss der Fraktionsführung ist der Vorstoß von Stephan Pilsinger zunächst vom Tisch. "Unsere Kommunikation hätte abgestimmter sein können", räumt Fraktionsmanager Frei ein.
Keine Frage des Gewissens, sondern der Umsetzung
Die Union sei nicht gegen eine Impfpflicht, betonte Frei. Das hätte auch die Forderung der Unions-Ministerpräsidenten gezeigt. Hendrik Wüst, Ministerpräsident in NRW hatte am vergangenen Freitag von Bundeskanzler Scholz eine rasche Vorlage eines Gesetzentwurfes verlangt, damit man darüber beraten könne.
Frei betonte, dass die Impfpflicht für die Unionsfraktion, anders als für die Ampel-Parteien, keine Gewissensentscheidung sei. Das sei nicht bei der Einführung der Masern-Impfpflicht und auch nicht bei der Impfpflicht für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Gesundheitswesens so gewesen.
Bei einer allgemeinen Impfpflicht sei es allerdings von essentieller Bedeutung, dass sie auch durchsetzbar sei. Dafür bräuchte man dringend ein nationales Impfregister. "Stichproben, kontrolliert durch die Polizei, sind keine Impfpflicht", kritisiert Frei die Regierungshaltung.
Für Söder eine Frage der Kompetenz
Wir schwer sich die Union bei der Argumentation gegenüber der Regierung tut, zeigen auch die Äußerungen von Bayerns Ministerpräsident Markus Söder. Der hatte bei seiner Forderung nach einem Regierungsentwurf in einem Interview mit dem Bayerischen Rundfunk gesagt: "Das können jetzt nicht einzelne Abgeordnete machen, die sind gar nicht in der Lage, die Dimension des Problems tatsächlich im Detail zu erfassen."
Damit hatte er sich vor allem den Spott der Ampel-Koalition zugezogen. Der parlamentarische Geschäftsführer der FDP-Fraktion Johannes Vogel, unkte, damit habe Söder vielleicht vor allem die Unions-Abgeordneten gemeint. Diese Äußerung von Söder sei ein "Schnelltest für politische Dreistigkeit".