Kenia und andere afrikanische Länder hoffen, glimpflicher durch die Corona-Krise zu kommen, als prognostiziert. Denn die offiziellen Zahlen steigen vergleichsweise langsam - noch.
Es sind rund 120 Fälle, die täglich in Kenia offiziell registriert werden. Mittlerweile haben auch alle anderen afrikanischen Länder Corona-Fälle gemeldet, insgesamt rund 200.000. Südafrika führt die Statistik mit 50.000 Fällen an, gefolgt von Ägypten. In den meisten Ländern liegen die Fallzahlen im drei- oder vierstelligen Bereich.
Wissenschaftler wie der kenianische Epidemiologe Mark Nanyingi erklären den Unterschied zur exponentiellen Ausbreitung in europäischen Ländern damit, dass das Virus den afrikanischen Kontinent später erreicht hat und Regierungen früher reagieren konnten.
Am Anfang der Pandemie war die Angst vor der Ausbreitung von Corona in afrikanischen Ländern besonders groß, doch bisher bleibt die Katastrophe aus - aber wie lange noch?
Außerdem sei die junge Bevölkerung weniger anfällig und warme Temperaturen könnten das Ansteckungsrisiko mildern. Andere Forscher untersuchen, ob eine gewisse Immunität herrscht. Bei einem Argument sind sich alle einig: bisher wurde zu wenig getestet, viele Fälle bleiben unentdeckt.
Harter Lockdown wirkt
Kenia hat schon mit dem ersten Fall Ende März strenge Maßnahmen ergriffen: Schließung der Schulen, abendliche Ausgangssperre, Beschränkung der Reisen aus und nach Nairobi.
Die Ausgangssperre wurde brutal durchgesetzt, mindestens 15 Menschen wurden seitdem von der Polizei getötet. In Guinea schoss die Polizei auf Menschen, die gegen die Maßnahmen demonstrierten, und tötete sechs Menschen.
Hungersnot droht
Für arme Menschen verschärfen die Maßnahmen gegen das Virus Probleme - Jobs fallen weg, Lebensmittelpreise steigen, mehr Menschen sind von Lebensmittelspenden abhängig.
Die Welternährungsorganisation warnt davor, dass die Auswirkungen der Pandemie gemeinsam mit den Heuschreckenschwärmen, die im Norden Kenias schlüpfen, die Ernährungsgrundlage vieler Menschen gefährden könnten.
Hilfsorganisationen befürchten, dass in Afrika wegen der Corona-Pandemie die Bekämpfung anderer Krankheiten - wie Malaria oder Masern – massiv beeinträchtigt wird. Ein Bericht aus Kenia und dem Kongo.
Hilfe vom Staat erforderlich
Dazu kommt die Angst, sich anzustecken. Von rund 100.000 Tests in Kenia sind bisher knapp 3.000 positiv, Tendenz steigend. Die meisten Fälle gibt es in der Hauptstadt Nairobi, im Stadtteil Kibera, dem größten Slum Afrikas. Dort wird vermehrt getestet, da es unmöglich ist, Abstandsregeln einzuhalten.
Wer positiv getestet wird, muss in Quarantäne. So auch der Mann von Irene Akoth, die jetzt ohne seinen Verdienst auskommen muss:
Beatmungsgeräte made in Africa
Doch manche Entwicklungen machen Mut: Studenten haben ein Beatmungsgerät entwickelt, das gerade von den Behörden getestet wird, und erste Apps sind im Einsatz, um Kontakte in öffentlichen Verkehrsmitteln nachvollziehen zu können.
Die Regierung will Menschen in Slums mit Geldbeträgen unterstützen, außerdem hat sie Firmen Unterstützung zugesagt und ein Förderprogramm für Künstler aufgelegt. Dazu stärken Maßnahmen das Gesundheitssystem. Die EU hilft Kenia mit einer Finanzspritze bei der Eindämmung des Virus und der wirtschaftlichen Folgen.
10 Millionen Tests angekündigt
Die Afrikanische Union hat angekündigt, in den nächsten Monaten 10 Millionen Tests durchzuführen. Eine Herausforderung für die oft schlecht ausgestatteten Gesundheitssysteme. Und: nicht alle Länder ziehen mit.
Der tansanische Präsident John Magufuli tut sich dadurch hervor, dass er die Gefahr durch das Virus herunterspielt, ähnlich wie Brasiliens Präsident Jair Bolsonaro. Seit Mai meldet Tansania keine Testergebnisse mehr, am vergangenen Wochenende erklärte Magufuli Tansania für "Corona-frei".
Kenia hält an Lockdown fest
Einige afrikanische Länder lockern ihre strengen Schutz-Maßnahmen. Der kenianische Präsident Uhuru Kenyatta hingegen hat die abendliche Ausgangssperre um einen Monat verlängert, auch der Flughafen bleibt geschlossen.
Kenyatta will der Ausbreitung des Virus und einer Überlastung der Krankenhäuser vorbeugen: "Wenn wir die Maßnahmen etwa um 40 Prozent lockern, dann werden wir im November den Höhepunkt erreichen mit 300.000 Infektionen und 40.000 Toten." Bisher sind in Kenia 88 Menschen an Covid-19 gestorben.
Timm Körger, Leiter des ZDF-Studios Nairobi, sprach mit Rudolf Richard Eggers von der WHO Kenia über die Gründe, warum die Zahl der Corona-Infizierten in Kenia geringer sind als erwartet:
Die Zahl der Corona-Infizierten in Kenia ist niedriger als erwartet, doch was sind die Gründe dafür? Rudolf Richard Eggers von der WHO Kenia liefert mögliche Antworten.
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