Die Corona-Krise könnte Afrika noch schwerer treffen, als die Zahlen vermuten lassen. Wissenschaftler Robert Kappel meint, das Virus könnte den Kontinent sogar weit zurückwerfen.
ZDFheute: Die Infektionszahlen sind auf dem afrikanischen Kontinent eher niedrig, aber sehr unterschiedlich. Woran liegt das?
Robert Kappel: In ganz Afrika wird extrem wenig getestet. Wir kennen die Infektionslage schlicht nicht. Die Corona-Pandemie hat zunächst vor allem Länder getroffen, die relativ gut an die globale Wirtschaft angeschlossen sind, und hier vor allem die Ballungsräume. Dort ist der Waren- und Menschenaustausch mit bereits stärker infizierten Ländern intensiver.
ZDFheute: Wie sind die afrikanischen Gesundheitssysteme für die Pandemie gerüstet?
Kappel: Man ist da weitgehend hilflos. Es gibt kaum Beatmungsgeräte und Ärzte, keine Masken und in vielen Orten nicht einmal Krankenhäuser. Dort gibt es nur kleine Krankenstationen, die die Menschen gerade mit dem Allernötigsten versorgen können.
ZDFheute: Woran liegt diese Unterversorgung?
Kappel: Es rächt sich, dass viele Länder in den 1990er Jahren aufgrund ihrer Überschuldung vom Internationalen Währungsfonds einen strengen Sparkurs verordnet bekamen und ihre schwachen Gesundheitssysteme nicht ausgebaut haben.
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ZDFheute: Müssen wir also mit einer Katastrophe rechnen?
Kappel: Eine Pandemie ist kein Automatismus. Wenn die lokalen Gesundheitsorganisationen den Menschen vermitteln können, wie sie sich verhalten sollen, können sie auch mit geringen Mitteln etwas gegen das Virus erreichen.
Das hat sich auch bei Ebola-Ausbrüchen gezeigt: Da muss man auf die Innovationskraft der Menschen vor Ort bauen.
Hilfsorganisationen befürchten, dass in Afrika wegen der Corona-Pandemie die Bekämpfung anderer Krankheiten - wie Malaria oder Masern – massiv beeinträchtigt wird. Ein Bericht aus Kenia und dem Kongo.
ZDFheute: Welche wirtschaftlichen Folgen hat die Corona-Krise für Afrika?
Kappel: Die ILO (Internationale Arbeitsorganisation der Vereinten Nationen, die Redaktion) rechnet damit, dass durch die Pandemie 20 Millionen Arbeitsplätze verloren gehen und weitere 110 bis 120 Millionen Menschen in Armut geraten könnten.
Durch die Lockdowns in den entwickelten Ländern sind viele Menschen nicht mehr einkaufen gegangen, was beispielsweise der äthiopischen Textilindustrie enorm geschadet hat. In den Städten fallen Jobs für die Mittelschicht weg, was wiederum viele weitere Jobs im informellen Sektor gefährdet.
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ZDFheute: Sind ländlichere Gegenden weniger gefährdet?
Kappel: Auf dem Land können die Bauern und Kleinbauern wegen der Transporteinschränkungen ihre Waren nicht mehr verkaufen.
Hinzu kommt, dass viele im Westen lebenden Migranten ihre Jobs verloren haben und kein Geld mehr nach Hause schicken können. Ganze Familien hängen von diesen Zahlungen ab und stehen nun vor dem Nichts.
Afrika muss nun nicht nur eine Gesundheitskrise bewältigen, sondern auch noch eine gesellschaftliche Krise, deren Auswirkungen viel schlimmer sein könnten als das Virus. Corona könnte alles, was in den letzten 20 Jahren erreicht wurde, wieder zerstören.
Das Interview führte Doris Ammon, Redakteurin beim Wirtschaftsmagazin makro.
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