Wer kann, wechselt in Corona-Zeiten ins Homeoffice. Doch in vielen Regionen ist das Netz schlecht. Deutschland habe den Breitbandausbau verschlafen, sagen Kritiker.
Homeoffice auf dem Land
Milmersdorf in der brandenburgischen Uckermark liegt rund 60 Kilometer von der polnischen Grenze entfernt. Die Landstraße, die zum einst größten Betonwerk der DDR führt, schlängelt sich durch Felder und kleine Dörfer. Jens Enderling, den Chef, erreicht man am besten per Festnetztelefon.
Denn das Handynetz ist miserabel, die Internetverbindung ebenso. Enderling ist ein nüchterner Typ. Fragt man aber, ob er seine Mitarbeiter in diesen Zeiten nicht lieber ins Homeoffice schicken möchte, muss er erst einmal Luft holen und durchatmen.
Notwendigkeit des schnellen Internets wurde nicht erkannt
"Das würde nicht funktionieren. Ich müsste dann aufhören zu produzieren", sagt er. Denn das Netz ist in den umliegenden Dörfern, in denen seine Mitarbeiter wohnen, noch schlechter als im Werk. Ausnahme: die polnischen Kollegen im benachbarten Stettin. Da läuft es.
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Seit 2016 drängt der Unternehmer beim Landkreis auf schnelleres Internet. Man habe politisch in den letzten Jahren die Notwendigkeit des schnellen Internets nicht wirklich erkannt, sagt Enderling: "Da hat man Zeit vertändelt, und die holt man so schnell nicht mehr auf".
Schnelles Agieren in Corona-Krise nicht möglich
André Reichow ist Breitband- und Mobilfunkkoordinator für den Landkreis Uckermark und zuständig dafür, dass Jens Enderling schnelleres Netz bekommt.
Fragt man Reichow, ob seine Behörde in Sachen Glasfaserausbau jetzt in der Corona-Krise nicht schneller agieren müsste, sagt er: "Schnell ist relativ. Wir müssen körperlich einfach 1.600 Kilometer in der Uckermark buddeln, um erst einmal Leerrohre in die Erde zu verlegen, in die die Glasfaser dann eingeblasen wird." Sprich: das dauert. Reichows Prognose: Ende 2021 soll der schnelle Breitbandausbau fertig sein – wenn alles gut geht.
Linke: Glasfaserausbau wurde verschlafen
Rund 40 Kilometer weiter westlich in Fürstenberg an der Havel: Anke Domscheit-Berg, netzpolitische Sprecherin der Linksfraktion im Bundestag, sitzt im Homeoffice.
Das Problem sei, sagt sie, dass man zu lange auf Kupferleitungen gesetzt habe anstatt von Anfang an auf das viel schnellere Glasfaser. Nur etwa zehn Prozent der Haushalte in Deutschland hätten Glasfaserkabel. Diese falsche Strategie die bereits in den 80ern unter Helmut Kohl eingeschlagen wurde, räche sich jetzt.
Auch FDP kritisiert Breitbandausbau
Verantwortlich sei auch die aktuelle Bundesregierung, sagt die Infrastruktur-Expertin der FDP, Daniela Kluckert. Diese habe in den letzten Jahren den Breitbandausbau nicht entschieden genug vorangetrieben. "Besonders vor 2019 wurden wertvolle Jahre verschenkt, weshalb immer noch viele Gebiete nur mit Internetzugängen unterhalb von 30 Megabit pro Sekunde versorgt sind."
Deutschland bleibt und arbeitet von zu Hause. Corona drückt auf die Netze: Vergangene Woche wurde der größte Datendurchsatz von 9,1 Terabit gemessen. Eine Belastungsprobe, nicht zuletzt wegen des versäumten Ausbaus leistungsfähiger Datenleitungen.
Eine Kleine Anfrage von Kluckert und der FDP-Fraktion an das CSU-geführte Verkehrsministerium ergab: Das Geld ist vorhanden, wird aber nur schleppend abgerufen. So wurden seit 2016 mehr als 460 Millionen Euro Fördermittel ausgezahlt, um den Gigabit-Ausbau in den Kommunen voranzutreiben. 2019 jedoch blieben rund 900 Millionen Euro als "Restmittel" übrig – Fördergelder, die nicht abgerufen wurden.
In der Antwort des Bundesverkehrsministeriums werden langwierige Vertragsverhandlungen zwischen "Zuwendungsempfängern und den ausbauenden Unternehmen" angeführt.
Fachkräftemangel erschwert Problematik
Beim Deutschen Städte- und Gemeindebund leitet Ralph Sonnenschein das Referat Breitbandstruktur. Versagt haben seiner Meinung nach die Vorgängerregierungen, die den Breitbandausbau nicht entschieden genug vorangetrieben hätten und sich zu sehr darauf verließen, dass es der Markt schon regele – unter anderem auch unter der Verantwortung der FDP-Wirtschaftsminister Rainer Brüderle und Philipp Rösler.
Und heute? "Geld legt keine Breitbandkabel. Das machen nur Fachkräfte. Und an denen mangelt es oft, ebenfalls an Baufirmen", so das nüchterne Fazit.
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