Ministerpräsidentin Malu Dreyer findet, man sollte die Proteste von Corona-Leugnern nicht überbewerten. Sie spricht außerdem über ihre Grundsätze in der Corona-Krise.
Malu Dreyer, Ministerpräsidentin von Rheinland-Pfalz, mahnt bei Lockerungen der Corona-Maßnahmen zur Besonnenheit. Maßstab könne nur sein, Schaden von der Bevölkerung abzuwenden.
ZDFheute: Frau Ministerpräsidentin, wie fühlt man sich als Ministerpräsidentin zu Corona-Zeiten. Was ändert sich, wie ist der Berufsalltag?
Dreyer: Man kann sagen, alles ist anders. Man trifft wenig Leute, es geht uns ja wie den Bürgern und Bürgerinnen auch. Es gibt keine Räume für Begegnung. Es gibt auch keine Räume für kreative Zusammenkünfte, sondern eigentlich von morgens bis abends Telefonschalten und Videoschalten.
Es ist eine absolute Ausnahme, dass ich vielleicht einmal einen Betrieb besuche - immer schön auf Abstand. Aber das Leben hat sich vollkommen verändert.
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ZDFheute: Sie haben ja bisher eine bestimmte Linie verfolgt. Sie setzen mehr auf Empfehlungen und Rat als auf Strafen und Sanktionen. Warum, glauben Sie, wirkt das besser?
Dreyer: Von Anfang an war mir sehr klar, dass wir die Bevölkerung wirklich brauchen. Das Wichtige ist, dass Menschen verstehen, dass es auch auf sie ankommt, dass sie den Abstand halten, dass sie sich an bestimmte Regeln halten. Wir können ja nicht dauerhaft nur mit Verbot und Ordnungskräften agieren.
Kanzlerin Merkel hat eindringlich an die Bürger appelliert, sich an das Abstands- und Maskengebot zu halten. Dies sei in der neuen Phase der Pandemie notwendig, sagte Merkel nach einer Videokonferenz mit Vertretern des Gesundheitsamts im Harz.
ZDFheute: Inzwischen gibt es eine Gruppe von Corona-Leugnern. Wie kann man diesen Menschen begegnen?
Dreyer: Ich persönlich finde, man sollte das nicht überbewerten.
Wir haben große Grundrechtseingriffe vorgenommen und jetzt geht es darum, deutlich zu machen, dass wir immer in einer Abwägung sind und dass wir jetzt, wo das Virus ganz gut im Griff ist, wieder mehr Möglichkeiten haben, dort, wo die Einschränkungen sind, sie auch wieder zurückzunehmen.
"maybrit illner“ mit dem Thema "Pandemie und Protest – kann Corona das Land spalten?" vom 14. Mai 2020.
ZDFheute: Dann noch das Thema Schulen: Da ging es ja schon am 6. Mai los, mit Grundschulklassen und Abschlussklassen. Auch da hatte man den Eindruck, dass nicht alle Schulen vorbereitet sind.
Dreyer: Ich finde nicht, dass das nicht genug vorbereitet war. Es gibt auch viele, viele Schulen in unserem Bundesland, die das wirklich exzellent durchgeführt haben und diese Situation bestanden haben. Aber es gibt auch Proteste.
Es ist nun einmal eine bunte Schullandschaft, da muss man hinschauen, woran hat’s gelegen. Nicht alles kann klappen am ersten Tag. Und deshalb ist es wichtig, dass man weiter im Gespräch ist.
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ZDFheute: Zunächst ging es in dieser Krise vor allem um die Bekämpfung, um Corona. Dann hatte man den Eindruck, wer als erster vorprescht, gewinnt?
Dreyer: Es nutzt gar nichts, wenn man jetzt gerade an einer Stelle mal die Schnellste ist oder der Schnellste ist. Das wichtige ist, Entscheidungen zu tragen und dass man auch der Bevölkerung deutlich macht: Wir sind besonnen im Umgang, wir wägen ab.
Wir handeln verantwortlich, und nur das kann der Maßstab sein. Tatsächlich Schaden von der Bevölkerung insgesamt abzuwenden. Und das betrifft eben auch alle Bereiche.
Das Interview führte Susanne Gelhard, Leiterin des ZDF-Landesstudio Rheinland-Pfalz.
Die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer hat sich im Kreise ihrer Kollegen stets für gemeinsame, bundesweite Lösungen in der Coronakrise eingesetzt. Jetzt findet sie es in Ordnung, dass die Länder im Detail abweichende Regelungen treffen.
- Wie die Situation in Ihrer Region aussieht
Ob Corona-Maßnahmen gelockert oder verschärft werden, hängt auch von der sogenannten Sieben-Tage-Inzidenz ab. Eine Karte zeigt, ob die Obergrenze in Ihrer Region eingehalten wird.