Mindestlohn einfrieren, Soli weg: Vorschläge von Unionspolitikern hat die Parteispitze schnell einkassiert. Die Diskussion über ein Konjunkturpaket aber fängt gerade erst an.
Wegen Corona drohen Rezession und Arbeitslosigkeit. Wie will die Bundesregierung die Wirtschaft nach der Krise wieder ankurbeln?
Die Absagen könnten vernichtender kaum sein. "Hände weg vom Mindestlohn", twitterte CDU-Parteivorsitzende Annegret Kramp-Karrenbauer. In einer eilig einberufenen Pressekonferenz am Dienstag stellte ihr Generalsekretär Paul Ziemiak klar: "Die Debatte über die Absenkung des Mindestlohns ist überhaupt keine Position der CDU Deutschland." Einzelne Stimmen gebe es in der Union vielleicht, aber das sei weder Beschluss der Fraktion noch gebe es "irgendeine Motivation, daran etwas zu ändern", so Ziemiak.
Brinkhaus: Es gibt viele Diskussionen
Aus dem Nichts kamen diese "Stimmen" nicht. Die Fraktionsführung der Union hatte die Arbeitsgemeinschaft Wirtschaft und Energie der Fraktion beauftragt, Vorschläge zu einem Konjunkturpaket vorzulegen. Über das will die Koalition nach Pfingsten entscheiden.
Auf fünf Seiten wurden für die AG der Union Ideen aufgelistet, wie die Wirtschaft und damit die öffentlichen Haushalte aus der Corona-Rezession wieder herauskommen könnten: Einfrieren des Mindestlohns, völlige Abschaffung des Solidaritätszuschlags ab Juli, Deckelung der Lohnnebenkosten auf 40 Prozent und höhere Zuschüsse für Sozialversicherungen, Aussetzen der Bonpflicht gehörten dazu.
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Alles eine Diskussionsgrundlage, sagt AG-Leiter Joachim Pfeiffer (CDU). Selbst in der Arbeitsgemeinschaft, die aus 17 CDU- und CSU-Abgeordneten besteht, waren nicht alle Vorschläge Konsens. Die Abschaffung des Solis etwa ja, das Rühren am Mindestlohn nicht. "Schade", sagt Pfeifer, dass das Papier schon vor Ende der Debatte kursiere.
Laut Fraktionschef Ralph Brinkhaus gebe es "viele Diskussionen in der Fraktion", und das sei auch "richtig so". Man sei jetzt in der Phase, mit welchen Vorschlägen für ein Konjunkturpaket die Union in die Verhandlungen mit der SPD gehen wolle.
SPD empört, CSU auch ein bisschen
Dass das Einfrieren des Mindestlohns beim Koalitionspartner SPD nicht gut ankommt, war ohnehin absehbar. "Das werden wir natürlich nicht tun", twitterte prompt Juso-Chef Kevin Kühnert. "Solche Vorschläge sind respektlos", schrieb Fraktionsvize Katja Mast, sie trügen "zur Verunsicherung bei". CSU-Politiker Volker Ulrich glaubt: "Eine Senkung des Mindestlohns ist politisch und ökonomisch falsch!"
Bei anderen Mitteln, die Teil eines Konjunkturpakets werden könnten, stehen die Unionsabgeordneten weniger allein. Beim Soli zum Beispiel, der bislang ab Januar für 90 Prozent der Arbeitnehmer abgeschafft werden soll. Die CSU-Landesgruppe im Bundestag fordert von der SPD, einer kompletten Abschaffung ab Juli zuzustimmen. Auch die FDP ist dafür. CDU-Generalsekretär Ziemiak blieb zurückhaltender: "Wir müssen auch die Verschuldung des Staates mit im Blick behalten."
Die SPD argumentierte bislang selbst mit zehn Milliarden Euro, die dem Bundeshalt fehlten, wird der Soli auch für die zehn Prozent Besserverdiener abgeschafft. Ein Vorziehen auf Juli aber hatte die SPD vorgeschlagen, die Union blockiert. "Das hätte Nachfrage und Kaufkraft generiert", sagte Fraktionschef Rolf Mützenich. Den Unterschied innerhalb der Koalition den "müssen wir aushalten".
Bundestag debattiert vor Koalitionsbeschluss
Am Mittwoch hat die Koalition in einer Aktuellen Stunde im Bundestag das Thema Konjunkturpaket auf die Tagesordnung gesetzt. Denn der Soli ist nur ein strittiges Thema. Die SPD will einen Kinderzuschlag in Höhe von 300 Euro, die Union aber nicht. Die wiederum ist für eine Obergrenze von Schulden, was die SPD ablehnt. Und eine neue Abwrackprämie findet Anhänger hier wie dort.
Für die Grünen zeigt die ganze Diskussion das "Chaos in der Union", so Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt. Jeden Tag komme etwas Neues. "Man muss sich fragen, welchen Einfluss hat Frau Kramp-Karrenbauer noch?"