Kein Abstand, keine Masken: Nach der Berliner Anti-Corona-Demo werden Forderungen nach einem Verbot solcher Veranstaltungen laut. Justizministerin Lambrecht hält dagegen.
Die Demonstration in Berlin hat in der Politik eine Debatte über das Vorgehen bei Verstößen gegen die Corona-Maßnahmen ausgelöst. Einige Politiker sprechen sich gegen Strafen aus.
Bundesjustizministerin Christine Lambrecht (SPD) hat sich in der Diskussion um die massenhaften Verstöße gegen Corona-Regeln bei der Berliner Großkundgebung am Wochenende gegen ein Verbot solcher Veranstaltungen ausgesprochen.
"Es ist aber verstörend und nicht hinnehmbar, wenn dabei bewusst und provokativ gegen die geltenden Corona-Schutzvorschriften verstoßen wird", sagte die Ministerin dem "Spiegel". Werde gegen Regeln und Auflagen verstoßen, müssten die Vorschriften von den Behörden vor Ort konsequent durchgesetzt werden. Dies gelte "unabhängig davon, welches Ziel die jeweilige Demonstration hat".
Ramelow: "Nehmen sich das Recht heraus, andere anzustecken"
Ähnlich argumentierte der Thüringer Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke):
Aber die Logik des deutschen Versammlungsrechts sei durchzusetzen, wonach der Veranstalter die erteilten Auflagen für die Versammlung erfüllt, sagte Ramelow weiter. "In dem Moment, da die Auflagen nicht eingehalten wurden, hätte der Veranstalter in Haftung dafür gehen müssen."
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Über deren Teilnehmer sagte der Linken-Politiker: "Sie schreien, der Staat nehme ihnen die Freiheit - und dann nehmen sie sich selbst die Freiheit, keine Schutzmasken zu tragen und den Mindestabstand nicht einzuhalten. Und sie nehmen sich das Recht heraus, andere anzustecken."
Maskenpflicht, Abstand, Desinfektion - und das seit Monaten. Das nervt. Die Sehnsucht nach dem Vor-Corona-Alltag wächst, die Disziplin im Umgang mit der Pandemie schwindet.
Wenn bei Versammlungen gegen Auflagen verstoßen wurde, sei schon immer die Konsequenz gewesen, dass die Polizei sie auflöse. "Ob das einst gegen die Anti-Atomkraftbewegung in Wackersdorf war, oder ob es die Krawalle beim G20-Gipfel in Hamburg waren. Da wurde hart durchgezogen. Am Samstag hätte es auch so sein müssen", sagte Ramelow. Das Versammlungsrecht müsse einfach nur angewendet werden.
Geisel: In Berlin stehen Corona-Ampeln auf Grün
Auch Berlins Innensenator Andreas Geisel (SPD) sprach sich gegen Verbote aus. Grundrechte dürften nur zeitlich begrenzt und mit guter Begründung eingeschränkt werden, sagte er dem "Spiegel". "In Berlin stehen alle Corona-Ampeln noch auf Grün. Da sind neuerliche Verbote schwer zu begründen."
Nach den Corona-Demos in Berlin mit rund 20.000 Teilnehmern gibt es Kritik und Empörung aus der Politik.
Der rheinland-pfälzische Innenminister und SPD-Landeschef Roger Lewentz wies ebenfalls jeglichen Eingriff in die Versammlungsfreiheit zurück. "Wir haben ausreichend Mittel, Versammlungen aufzulösen, die aus dem Ruder laufen. Eine Verschärfung ist da absolut nicht notwendig", sagte er dem Magazin. "Die Versammlungsfreiheit ist ein hohes Gut. Auch mit solchen Vorfällen wie in Berlin muss die Demokratie umgehen können."
Corona-Auflagen bei Demo bewusst missachtet
Bei der Demonstration von gut 20.000 Kritikern der Corona-Politik am Samstag in Berlin waren die Auflagen bewusst missachtet worden: Der Mindestabstand wurde nicht eingehalten, kaum jemand trug eine Maske. Danach waren unter anderem Forderungen laut geworden, derartige Veranstaltungen von vornherein zu untersagen.
- Stimmungsmache mit überhöhter Teilnehmerzahl
20.000 Menschen demonstrierten laut Polizei gegen die Corona-Maßnahmen in Berlin. Wie kam diese Zahl zustande? Und wer spricht weiterhin fälschlich von einer Million Teilnehmern?