Berlin-Mitte ist Corona-Risikogebiet. Was heißt das für die Abgeordneten, die heute in ihre Wahlkreise reisen? Müssten sie da nicht eigentlich in Quarantäne?
Berlin-Mitte ist Corona-Risikogebiet
Berlin-Mitte gehört seit Tagen zu den deutschen Corona-Hotspots. 56,9 Corona-Fälle pro 100.000 Einwohner in den letzten sieben Tagen vermerkt das Robert Koch-Institut in seinem Lagebericht. Ab 50 gilt man als innerdeutsches Risikogebiet. Was heißt das für die Abgeordneten, von denen viele ihre Berliner Wohnung auch in Berlin-Mitte haben?
Schon in mancher Fraktionssitzung spielte das zu Beginn der Woche eine Rolle, ist zu hören. Ob er im Bundestag in Quarantäne bleiben müsse, fragte ein Abgeordneter seinen Fraktionschef vor versammelter Runde. Der beruhigte erstmal.
Quarantänepflicht für Abgeordnete: Es gibt Ausnahmen
Das tat auch ein interner Vermerk der Bundestagsverwaltung, der gestern an die Abgeordneten verschickt wurde und der dem ZDF vorliegt. "Landesrechtliche Regelungen zu häuslicher Quarantäne bei Ein- oder Rückreise aus innerdeutschen Risikogebieten", ist er überschrieben. Zwar listet der Vermerk vier Bundesländer auf - Berlin, Mecklenburg-Vorpommern, Rheinland-Pfalz und Schleswig-Holstein - , die eine Verpflichtung zur häuslichen Quarantäne vorsehen, wenn jemand aus einem innerdeutschen Risikogebiet anreist. In allen vier gilt Berlin-Mitte als solches Risikogebiet.
Die Bundeskanzlerin zeigt sich besorgt über den schnellen Anstieg der Neuinfektionen und warnt vor dramatisch hohen Zahlen im Dezember.
Aber: Es gibt Ausnahmen. So nimmt Schleswig-Holstein ausdrücklich Abgeordnete des Deutschen Bundestages von der Quarantäneverpflichtung aus. Die Verordnungen von Berlin und Rheinland-Pfalz verschonen Personen, deren Tätigkeit für die Aufrechterhaltung "der Funktionsfähigkeit von Volksvertretung, Regierung und Verwaltung des Bundes" zwingend notwendig ist. Ein Passus, der nicht nur für Mitarbeiter, sondern auch für die Abgeordneten selbst gelten dürfte.
Unklar ist noch die Lage in Mecklenburg-Vorpommern: Dort kann eine Befreiung erteilt werden. Dies sei aber nur Formsache, heißt es aus Parlamentskreisen.
Schneider: Werden Hygieneregeln besonders gewissenhaft beachten
Das bedeute aber nicht, dass man sich die Abgeordneten nun völlig frei bewegen sollen, heißt es aus dem Parlament: "Natürlich sind alle Kolleginnen und Kollegen daher aufgefordert, besonders vorsichtig zu sein und besonders auf die Einhaltung aller Vorsichtsmaßnahmen zu achten", sagt etwa der parlamentarische Geschäftsführer der FDP-Fraktion, Marco Buschmann, zu ZDFheute.
Sein Kollege Carsten Schneider von der SPD ergänzt, die Mitglieder seiner Fraktion seien sich alle der besonderen Risiken bewusst. "Gerade deshalb, und auch weil wir eine gewisse Vorbildfunktion haben, werden die geltenden Hygieneregeln besonders gewissenhaft und sorgfältig beachtet."
Haßelmann kritisiert AfD beim Masketragen
Stellt sich nur die Frage, ob der Bundestag seine Regeln verschärfen muss. Jan Korte von der Linksfraktion meint dazu gegenüber ZDFheute: "Die Parlamentarischen Geschäftsführer besprechen die Lage regelmäßig mit dem Präsidenten, und wenn es nötig ist, werden wir auch die Schutzmaßnahmen anpassen."
Britta Haßelmann von den Grünen kritisiert gegenüber ZDFheute vor allem eine Fraktion: "Es macht uns zu schaffen, dass aus der AfD die Regeln zum Tragen von Mund-Nase-Schutz im Plenaralltag demonstrativ missachtet werden."
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