Hygiene-Verstöße, dubiose Verträge - seit langem steht die Fleischbranche in der Kritik. Die Corona-Ausbrüche in den Schlachthöfen zeigen die Misere. Minister Heil will das ändern.
Bundesarbeitsminister Hubertus Heil will bis Mitte der Woche noch offene Fragen für eine stärkere Regulierung der Fleischindustrie ausräumen. In der Branche müsse aufgeräumt werden, sagte der SPD-Politiker in Berlin mit Blick auf die Arbeitsbedingungen und den Gesundheitsschutz. "Jetzt ist Zeit zu handeln."
Eine kurzfristige Einigung am Montag im sogenannten Corona-Kabinett gab es allerdings nicht - offenbar, weil der Koalitionspartner Union noch Bedenken hat. Heil erwartet nun einen Beschluss am Mittwoch, wenn das reguläre Kabinett der Bundesregierung tagt.
ZDF-Korrespondent Thomas Reichart über die konkreten Pläne der Regierung.
Heil will Werkverträge in der Branche verbieten
Heil verwies auf Verstöße der Branche gegen Hygienevorschriften, den Mindestlohn, untragbare Unterkunftsregelungen für Beschäftigte aus dem Ausland sowie dubiose Vertragsstrukturen mit diversen Subunternehmern: "Hier haben wir strukturelle Probleme." Freiwillige Verpflichtungen hätten in der Vergangenheit keinen Durchbruch gebracht.
"Meine Vorschläge liegen auf dem Tisch", ergänzte Heil. Er will unter anderem Werkverträge in der Branche verbieten. Das ist eine Reaktion auf die Häufung von Coronavirus-Infektionen in deutschen Schlachthöfen.
Hier sind vergleichsweise viele Rumänen beschäftigt. Die Bundesregierung will am Montag und Dienstag Details mit der rumänischen Arbeitsministerin Violeta Alexandru besprechen.
Schlachthof in Niedersachsen: 92 Mitarbeiter infiziert
Erst Sonntagabend wurde ein weiterer Fall von Corona-Infektionen in einem deutschen Sclachthof bekannt: 92 Mitarbeiter eines Schlachtbetriebs im niedersächsischen Dissen wurden positiv getestet, teilte der Landkreis Osnabrück mit. Für die infizierten Mitarbeiter der Firma in Dissen und ihre Kontaktpersonen wurde Quarantäne angeordnet. Die Produktion in dem Schlachthof wurde ausgesetzt.
Wegen der massenhaften Corona-Infektionen in Schlachthöfen rücken die Arbeits- und Wohnbedingungen der Beschäftigen in den Blickpunkt.
Viele der Infizierten wohnten in Sammelunterkünften und würden von Subunternehmen beschäftigt, teilte der Landkreis mit. Zuvor waren bereits Betriebe etwa in Nordrhein-Westfalen, Bayern und Schleswig-Holstein betroffen.
Grünen-Chef Habeck: "Schlicht eine Schweinerei"
Indes nimmt die Debatte um die Fleischpreise an Fahrt auf. Grünen-Chef Robert Habeck fordert weiter einen Mindestpreis für Fleischprodukte:
Die Lockangebote an Verbraucher beim Fleisch legten den Bauern "Daumenschrauben" an und "zerstören alles, was politisch sinnvoll ist", kritisierte der Grünen-Vorsitzende in der "Bild"-Zeitung. Wenn von den Bauern gute Arbeit sowie Tierschutz und Klimaschutz verlangt würden, müssten sie dafür auch entsprechend bezahlt werden.
Auch Unionsfraktionsvize Georg Nüßlein plädiert für höhere Fleischpreise. "Der unanständige Preiskampf beim Fleisch ist die Wurzel vieler Übel", sagte der CSU-Politiker der "Augsburger Allgemeinen". Er sprach sich dafür aus, die Fleischpreise über die Mehrwertsteuer anzuheben.
Derzeit gilt für Fleisch und Wurst der reduzierte Satz von sieben Prozent. Wie hoch die Erhöhung des Steuersatzes ausfallen solle, ließ er offen.