In den Orten an der Frontlinie des Donbass können Viele nur mit Unterstützung von Hilfsorganisationen leben. Angriffe und die Ausbreitung des Coronavirus haben die Not verschärft.
Maiorsk liegt mitten im Kriegsgebiet, wer hierhin will, muss gleich mehrere Checkpoints passieren, Fremde brauchen eine Sondererlaubnis. Von den tausend Menschen, die hier einmal lebten, sind nur noch knapp 200 geblieben - die meisten sind Rentner*innen wie Raisa Nikolajewa. Über ihren Gartenzaun kann die 75-Jährige hinüberblicken auf die andere Seite, das Gebiet, das die von Russland unterstützten Separatisten kontrollieren.
Krieg und Corona machen das Leben schwer
"Da drüben sind die Soldaten, die Kämpfer. Sie beschießen uns von dort", erzählt sie und ihre Augen füllen sich mit Tränen. Seitdem ihr Mann im letzten Dezember an Corona starb, lebt Raisa alleine. "Das ist schwer, ich kann den Ofen nicht heizen, ich fühle mich krank, total erschöpft." Bei jedem lauten Geräusch schrecke sie auf, erzählt die Rentnerin, die Angst gehört zum Alltag.
ZDF-Reporterin Katrin Eigendorf ist in die Ostukraine. Sie spricht mit Soldaten an der Front und mit Bewohnerinnen in Majorsk, einem Dorf direkt an der Frontlinie.
Sieben Jahre Krieg in denen es nur kurze friedliche Phasen gab, haben ihre Spuren hinterlassen, auch am Haus. Überall sind Einschusslöcher zu sehen, die Außenwand, die herausbrach, als eine Mine explodierte, ist nur notdürftig befestigt.
Helfer bringen Hoffnung, Medizin und Einkäufe
An diesem Morgen ist Anna Timofejewa gekommen um Medikamente zu bringen und ein paar tröstende Worte. Die junge Frau arbeitet für Proliska, eine 2016 ukrainische Hilfsorganisation die vom UNHCR unterstützt wird. Jeden Tag macht sie ihre Runden durch die Dörfer, bringt Lebensmittel zu Familien, die nicht mehr genug Einkommen haben, macht Einkäufe für Senioren, die ihre Häuser nicht verlassen können.
Seitdem die Gefechte in den vergangenen Wochen zugenommen haben, ist die Lage noch angespannter. "Die Angst ist zurück", sagt Timofejewa.
Es fehlt an Geld für Masken und Desinfektionsmittel, und einen Arzt aufzusuchen, ist mühevoll. Nur zweimal in der Woche fährt ein Bus in den nächsten Ort.
Wie der Gründer von Proliska, der 32 -jährige Yevhen Kaplin, hat auch Anna Timofejewa ihren Beruf aufgegeben, um denen zu helfen, die am meisten unter den Folgen des Krieges leiden. In Charkiv hatte sie mit ihrem Mann einen kleinen Gemüsehandel, dann lernte sie bei einer Fahrt durch den Donbass Kaplin kennen und beschloss, für die Hilfsorganisation zu arbeiten.
50 Euro Rente zum Leben
"Ohne Anna, ohne Proliska, wären wir hier verloren", sagt Tamara Fjodorowna, die seit 62 Jahren in Maiorsk lebt. An diesem Morgen sitzt sie mit der jungen Frau in ihrer Küche und versucht den Kohleofen anzuheizen. Seitdem es kein Gas mehr gibt im Dorf, ist es die einzige Möglichkeit, das kleine Haus zu heizen. Mit 50 Euro Rente muss sie über die Runden kommen, wie viele in der Region pflanzt die 76-Jährige Gemüse an: Kartoffeln, Kohl und ein bisschen Obst - alles was der kleine Garten hergibt. Ihr Nachbar, erzählt sie, habe inzwischen ein kleines Gewächshaus.
Dass Russland an der Grenze zur Ukraine massenhaft Truppen zusammengezogen hat, hat sie im Fernsehen gesehen, es besorgt sie. "Ich wünsche mir, dass sie eine gemeinsame Sprache finden, die Ukraine und Russland sind als slawische Völker doch durch Familien miteinander verbunden."
Anna Timofejewna schafft es inzwischen immer seltener nach Hause, zurück nach Charkiv, oft übernachtet sie in Maiorsk. Das Büro von Proliska liegt mitten im Dorf, es ist eines von insgesamt zehn, die die Hilfsorganisation inzwischen in der Nähe der Kontaktlinie von Donetsk und Lughansk aufgebaut hat. "Die Bedürfnisse der Menschen werden von Jahr zu Jahr komplexer. Und die Ausbreitung von Corona stellt uns vor ganz neue Herausforderungen, unser Staat ist noch zu jung, um das alles lösen zu können."
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