Wahl in Dänemark: Mette Ferderiksen bangt um Machterhalt

    Vorgezogene Parlamentswahl:Wahl in Dänemark: Frederiksen unter Druck

    von Henner Hebestreit
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    Am Dienstag geht es um die politische Zukunft der dänischen Regierungschefin Mette Frederiksen - und um die Frage, ob eine Minderheitsregierung in diesen Zeiten noch sinnvoll ist.

    Schon Anfang Oktober hatte die sozialdemokratische Regierungschefin Mette Frederiksen den Wahltermin bekannt gegeben - rund ein halbes Jahr vor Ablauf ihrer maximal möglichen Amtszeit. Der Grund: Eine von drei Unterstützerparteien ihrer Minderheitsregierung hatte sie faktisch zu Neuwahlen gezwungen. Die Linksliberalen hatten sie zur Kurskorrektur ihrer zuweilen rustikal wirkenden Flüchtlingspolitik aufgefordert, wolle sie ein Misstrauensvotum vermeiden.
    Frederiksen entschied sich für die Flucht nach vorn - und so steht Dänemark wohlmöglich vor einer neuen politischen Epoche. Denn es ist alles andere als ausgemacht, dass Frederiksen einer neuen Regierung vorstehen wird. Zwar gelten ihre Sozialdemokraten nach Umfragen mit rund 25 Prozent als Wahlsieger - doch ob die streitbare Regierungschefin im zersplitterten dänischen Parteisystem genügend Unterstützung findet, ist unklar. Bis zu zwölf Parteien könnten den Sprung über die Zwei-Prozent-Hürde schaffen - dann käme es auf die geschickteste Verhandlungsstrategie an.

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    von Ulrike Hauswald
    Mette Frederiksen am 07.10.2022 in Prag

    Frederiksen und das Flüchtlings-Durchgangslager in Ruanda

    Nach ihrem Streit mit den Linksliberalen und vor dem Hintergrund der weltweiten Spannungen durch den Ukraine-Krieg hat Frederiksen angekündigt, die traditionelle links-bürgerliche Blockbildung im Parlament überwinden zu wollen und eine stabile Regierungsmehrheit anzustreben - außergewöhnlich für ein Parlament, in dem Minderheitsregierungen üblich sind.
    Beide Blöcke - das linke rote und das bürgerliche blaue Lager - liegen in Umfragen fast gleichauf. Im blauen Block stößt ihr Vorhaben auf wenig Gegenliebe, im roten ist sie nicht nur wegen ihrer Migrationspolitik unter Druck - für Asylbewerber in Dänemark hatte sie allen Ernstes Durchgangs-Lager im Diktaturstaat Ruanda einrichten wollen. Und auch wegen eines allzu forschen Vorgehens in der Corona-Pandemie wurde sie kritisiert.
    Aus Furcht vor mutierenden Viren hatte sie fast 15 Millionen Zuchttiere für die Pelzindustrie töten lassen - allerdings ohne rechtliche Grundlage, wie eine Untersuchungskommission inzwischen entschieden hat. 1.200 Zuchtfarmen muss Dänemark jetzt Milliarden an Entschädigung zahlen, was den Staatshaushalt belastet. Juristische Folgen für Mette Frederiksen selbst sind keineswegs ausgeschlossen.

    Rechter Rand in Dänemark ist zersplittert

    Profitieren könnte ihr Amtsvorgänger Lars Løkke Rasmussen. Seit Juni ist er Chef der neuen Partei "Die Moderaten", der in Umfragen rund zehn Prozent attestiert werden. Bei mutmaßlich zähen Koalitionsverhandlungen könnte ihm eine Schlüsselrolle zukommen.
    Die Parteienlandschaft am rechtpopulistischen Rand ist in Dänemark zersplittert: Die einstmals stimmgewaltige Dänische Volkspartei könnte an der Zwei-Prozent-Hürde scheitern - auch, weil sie mit den Neuen Bürgerlichen und den neugegründeten Dänemark-Demokraten große Konkurrenz bekommen hat. Letzteren werden in Umfragen rund acht Prozent prognostiziert.

    Vom Gefängnis auf die Politikbühne

    Sie werden angeführt von Ex-Ausländer- und Integrationsministerin Inger Stöjbjerg, die nach Verbüßung einer dreimonatigen Haftstrafe wieder in der Politik mitmischt. Verurteilt worden war sie, weil sie während ihrer Amtszeit illegal Asylbewerber-Paare voneinander trennen ließ.
    Im Wahlkampf geht es vor allem um das überforderte staatliche Gesundheitswesen. Die hohe Inflation und Angst um das Klima spielen ebenfalls eine große Rolle, Migrationspolitik eine eher untergeordnete.
    Die Wahllokale schließen am Dienstag um 20 Uhr - direkt danach werden erste Prognosen erwartet.
    Mitarbeit: Jürgen von Heymann 

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