Parlamentswahl: Knappe Mehrheit für linkes Lager in Dänemark

    Knappe Mehrheit:Dänemark: Frederiksen reicht Rücktritt ein

    |

    Wie angekündigt, hat die dänische Ministerpräsidentin Frederiksen - nach der knapp gewonnen Wahl - erst einmal ihren Rücktritt bei der Königin eingereicht.

    Dänemarks Ministerpräsidentin Mette Frederiksen hat nach der Parlamentswahl den Rücktritt ihrer Regierung bei Königin Margrethe II. eingereicht. Aufnahmen dänischer Medien zeigten, wie die Sozialdemokratin am Mittwochvormittag bei der Monarchin auf Schloss Amalienborg in Kopenhagen eintraf und es kurz darauf wieder verließ, ohne Interviews zu geben.

    Weg für Königinnenrunde frei

    Auf einer Debatte mit den weiteren Spitzen der Parlamentsparteien bestätigte sie im Anschluss, den Rücktrittsantrag eingereicht zu haben. Es sei deutlich, dass die Regierung in der jetzigen Form nicht fortgesetzt werden könne, sagte sie.
    In einer dramatischen Wahlnacht mit einer Last-Minute-Mehrheit für den sogenannten "roten Block" hatte Frederiksen vor Parteianhängern angekündigt, ihren Rücktritt noch am Mittwoch bei der Königin einzureichen. Mit dem Rücktritt machte Frederiksen den Weg zu einer neuen sogenannten Königinnenrunde frei. Dabei wird geschaut, welcher der Parteichefs die Sondierungen über die Bildung einer neuen Regierung führen soll.
    Abschiebung nach Syrien
    Dänemarks sozialdemokratische Ministerpräsidentin Frederiksen setzt auf eine strikte Einwanderungspolitik. Das führt dazu, dass vielen Menschen aus Syrien die Abschiebung droht.01.11.2022 | 2:18 min
    Es wird damit gerechnet, dass Frederiksen diesen Auftrag erneut erhält. Sie könnte sich dann daran machen, die Möglichkeiten für eine für Dänemark seltene breite Regierung über die politische Mitte hinweg auszuloten. Ihre zweite Option ist es, auf die äußerst dünne Mehrheit von 90 der 179 Sitze zu setzen.

    Linkes Lager dürfte genau 90 Mandate erhalten

    Auf dem dänischen Festland erzielte Frederiksens "roter Block" bei der Parlamentswahl 87 Sitze, hinzu kamen drei Sitze in Grönland und auf den Färöer-Inseln. Das "blauer Block" genannte Bündnis aus Liberalen, Konservativen und Rechtspopulisten kam bei den Wahlen auf insgesamt 73 Sitze. Die Moderaten-Partei von Ex-Ministerpräsident Lars Lökke Rasmussen zieht mit 16 Abgeordneten erstmals in Parlament ein.
    Die Sozialdemokraten hätten ihr bestes Wahlergebnis seit 20 Jahren eingefahren, sagte Frederiksen am frühen Mittwochmorgen. Aber:

    Es ist auch klar, dass hinter der Regierung in ihrer jetzigen Form keine Mehrheit mehr steht.

    Mette Frederiksen, Ministerpräsidentin Dänemark

    Inflation, Klima und Gesundheitspolitik

    Vorherrschende Themen im Wahlkampf waren neben dem Kampf gegen die Inflation vor allem Klimafragen und die Gesundheitspolitik. Am Sonntag hatten sich rund 50.000 Menschen, darunter Frederiksen, an einem Klima-Marsch durch Kopenhagen beteiligt.
    Die Zuwanderung spielte keine Rolle, in dem EU-Land herrscht seit gut 20 Jahren parteiübergreifende Einigkeit hinsichtlich einer restriktiven Einwanderungspolitik.

    Frederiksen seit 2019 Regierungschefin

    Die 44 Jahre alte Frederiksen führt Dänemark seit 2019 mit einer sozialdemokratischen Minderheitsregierung, die meist auf parlamentarische Unterstützung linksgerichteter Parteien setzt, etwa in der strikten Einwanderungspolitik aber auch auf Stimmen von rechts.

    Rechtsruck in Skandinavien?
    :Rechtspopulisten sind im Aufwind

    Dänemark steht kurz vor Neuwahlen, in Schweden ist die Regierung auf die Unterstützung der Rechtspopulisten angewiesen. Ein skandinavischer Trend? Ein Blick nach Nordeuropa.
    von Ulrike Hauswald
    Mette Frederiksen am 07.10.2022 in Prag
    Die 44 Jahre alte Regierungschefin strebt diesmal eine breite, blockübergreifende Regierung mit Parteien beider Seiten an. Das gelte auch in dem Fall, sollte ihr linksgerichtetes Lager erneut auf eine Mehrheit kommen, wie sie bereits in der letzten TV-Debatte der Parteispitzen am Montagabend erklärt hatte.

    Løkkes Moderate werden drittstärkste Kraft

    Eine zentrale Frage wird bei den künftigen Regierungsverhandlungen sein, inwieweit Frederiksen mit ihrem Vorgänger Løkke kooperieren kann. Dieser war von 2009 bis 2011 sowie zwischen 2015 und 2019 Ministerpräsident. Er war 2021 nach Jahrzehnten aus der liberal-konservativen Partei Venstre ausgetreten. Danach hatte Løkke die Moderaten gegründet, die bei ihrem Debüt nun mit vorläufigen 9,3 Prozent der Wählerstimmen gleich drittstärkste Kraft werden.
    Venstre, die das Mitte-rechts-Bündnis anführt, verlor dagegen kräftig: Nach 23,4 Prozent bei der letzten Wahl 2019 lag Løkkes Ex-Partei diesmal bei nur noch 13,3 Prozent. Sie bleibt damit aber weiter zweitstärkste Kraft hinter Frederiksens Sozialdemokraten.

    Vorgezogene Parlamentswahl
    :Wahl in Dänemark: Frederiksen unter Druck

    Am Dienstag geht es um die politische Zukunft der dänischen Regierungschefin Mette Frederiksen - und um die Frage, ob eine Minderheitsregierung in diesen Zeiten noch sinnvoll ist.
    von Henner Hebestreit
    Dänemarks Ministerpräsidentin Mette Frederiksen beim EU-Gipfel.
    Quelle: dpa, reuters, AFP