Bei tödlichen Kämpfen in der sudanesischen Krisenregion Darfur sind mehr als 200 Menschen gestorben. Die UN-Hochkommissarin für Menschenrechte forderte Untersuchungen der Angriffe.
In der sudanesischen Krisenregion Darfur wurden bei gewaltsamen Kämpfen zwischen arabischen Nomaden und der Minderheit der Massalit in den vergangenen drei Tagen mindestens 213 Menschen getötet. Das gab die Regionalregierung bekannt.
Die UN-Hochkommissarin für Menschenrechte, Michelle Bachele, forderte "unparteiische und unabhängige" Untersuchungen der Angriffe.
Die Gewalt war am Freitag ausgebrochen, als bewaffnete Kämpfer arabischer Stämme Dörfer der Massalit angriffen, einer ethnischen afrikanischen Minderheit. Es handelte sich offenbar um Vergeltung für den Tod zweier Stammesmitglieder.
Kämpfe in der Region Krink
Schwerpunkt war zunächst die Region Krink rund 80 Kilometer von El Geneina, der Hauptstadt der Region West-Darfur, entfernt. Adam Regal, Vertreter einer Hilfsorganisation vor Ort, berichtete auch von heftigen Schießereien in El-Geneina selbst.
Mehr als tausend Kämpfer des arabischen Riseigat-Stamms waren am Sonntag nach UN-Angaben in die 500.000 Einwohner zählende Stadt Krink eingefallen.
Kämpfer zerstörten auch Krankenhäuser
Sie griffen demnach Krankenhäuser an, zerstörten eine Polizeistation und brannten einen Markt nieder. Ärzte ohne Grenzen (MSF) zufolge wurde auch medizinisches Personal getötet. Medizinische Versorgung ist nach Angaben von Ärzten vielfach nicht mehr möglich.
Die Stadt "wurde vollständig zerstört, einschließlich der Regierungseinrichtungen", sagte der Gouverneur von West-Darfur, Chamis Abkar. Er warf den Regierungstruppen vor, sich "ohne jede Rechtfertigung" zurückgezogen zu haben, als die Angriffe begannen.
Im Sudan steigt die Zahl der Bedürftigen, in der Region Darfur sind die Lebensmittel knapp. Um die Menschen dort mit ausreichend Nahrung zu versorgen, fehlen dem Hilfsprogramm der Vereinten Nationen Gelder - trotz erfolgter Millionen-Ausgaben.
UN-Sicherheitsrat tagte in Dringlichkeitssitzung
Angesichts der Gewalt setzte die UN ihre Nahrungsmittelhilfe für mehr als 60.000 Menschen in der Region aus. Der UN-Sicherheitsrat in New York hielt am Mittwoch eine Dringlichkeitssitzung hinter verschlossenen Türen über die Krise ab.
UN-Hochkommissarin Bachelet erklärte:
Dschandschawid-Miliz als Aggressor?
Augenzeugen machten die Dschandschawid-Miliz für die jüngsten Angriffe verantwortlich. Die Miliz ist wegen ihrer Beteiligung an der gewaltsamen Unterdrückung einer Rebellion ethnischer Minderheiten in Darfur Anfang der 2003 Jahre bekannt.
Viele ihrer Mitglieder wurden danach in die Truppen des de facto stellvertretenden Staatschefs des Sudan, Mohamed Hamdan Daglo, integriert.
Immer wieder Gewaltausbrüche
2020 hatten die wichtigsten Rebellengruppen in Darfur eigentlich ein Friedensabkommen unterzeichnet. Die UN und die Afrikanische Union beendeten daraufhin auf Ersuchen der sudanesischen Regierung die Unamid-Friedensmission.
Dennoch wurden nach UN-Angaben bei mehreren Gewaltausbrüchen in den vergangenen Monaten dutzende Menschen getötet und hunderte Häuser in Brand gesteckt.
Militärputsch brachte keine Sicherheit
Die jüngste Gewalt hängt mit dem allgemeinen Zusammenbruch der Sicherheitslage in Darfur nach dem Militärputsch des Armeechefs Abdel Fattah al-Burhan gegen die Übergangsregierung im vergangenen Jahr zusammen.
Dieser hatte Hoffnungen auf einen geordneten Übergang zur Zivilregierung nach der Absetzung des Staatschefs Omar al-Baschir 2019 zunichte gemacht.