Weltwirtschaftsforum in Davos: Alles ein bisschen anders

    Weltwirtschaftsforum startet:Davos: Diesmal ist alles ein bisschen anders

    Ulf Röller berichtet aus Brüssel.
    von Ulf Röller
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    Im schweizerischen Skiort Davos treffen sich erneut die Reichen und Mächtigen dieser Welt, um über die Zukunft zu beraten. Doch dieses Mal ist alles ein bisschen anders.

    Philipp Wilhelm ist ein interessanter Davoser. Gerade einmal 34 Jahre alt ist er: der erste sozialdemokratische Bürgermeister der Stadt. Das erstaunt ein wenig. Davos ist eigentlich berühmt als der Skiort der Globalisierungsgewinner, als Gastgeber der Mächtigen und Reichen des Weltwirtschaftsforums und weniger bekannt für eine starke Arbeiterbewegung.
    Wilhelm selbst hat früher gegen das Forum und die Ungerechtigkeit in der Welt demonstriert.

    Früher Demonstrant, heute Unterstützer

    Wenn man ihn fragt, warum er vom Protestler zum Fan der Veranstaltung wurde, lacht er. Das Forum hätte sich geöffnet, erklärt er. Es würden auch Kapitalismus-Kritiker und NGOs eingeladen. Und so kommt es, dass sich Wilhelm über jeden der rund 300 Demonstranten freut, die auf den Straßen in Davos gegen das Forum wettern.
    Auf der Davoser Promenadenstraße versorgen normalerweise Metzger und Bäcker die Bevölkerung, locken Ski-Geschäfte die Touristen an. Doch während des Weltwirtschaftsforums verwandelt sich die Prachtstraße zum Zentrum des Kapitalismus.
    Die Großkonzerne mieten für diese eine Woche die Geschäfte, Restaurants, und bauen sie zu kleinen Firmensitzen um. Abends treffen sich dort die Topmanager und Politiker, um über die Zukunft der Welt zu philosophieren, aber um sich vor allem auch um die eigene Zukunft zu kümmern.

    Hunderttausende Euro für die besten Kontakte

    Das Weltwirtschaftsforum kann sich rühmen, die größte Kontaktbörse für die ökonomische Elite zu sein.
    Dafür zahlen die Teilnehmer viel Geld. Mehrere Zehntausend Euro für die einfache Mitgliedschaft und mehrere Hunderttausend Euro für eine privilegierte Partnerschaft, die einem wohl einen Platz auf dem Panel sichert.
    Überhaupt wird auf dem Forum viel gesprochen. Stolz verkünden die Veranstalter, dass mehr als 50 Regierungschefs kommen. Darunter auch Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD).

    Bericht: Pessimistischer Blick in die Zukunft

    Alle werden wohl eine Botschaft haben: Die Welt hat Temperatur. Der Global Risk Report, so heißt der Bericht des Weltwirtschaftsforums, liest sich düster. Gefahren für die Ernährung und für die Energieversorgung der Weltbevölkerung drohen "Jahrzehnte des Fortschritts" zunichtezumachen.
    Der Bericht basiert auf Antworten von 1.200 Wissenschaftlern, Politikern und Risikomanagern. Die analysieren, dass gleich mehrere Krisen stattfinden: Klimakrise, Energiekrise, Wirtschaftskrise und dann noch der Krieg.

    Gesichter der Wirtschaftselite haben sich geändert

    Mit der kritischen Beschreibung der Weltlage stellt das Forum seinen Teilnehmern, die sich als Elite sehen, ein schlechtes Zeugnis aus. Vorbei sind die Zeiten, als das Forum breitbeinig mit Selbstbewusstsein daherkam. Jetzt geht es auch um Elitenversagen.
    Auch die Stars sind andere. Früher feierte sich ein Jack Ma mit großen Auftritten. Der Alibaba-Gründer war einst der reichste Mann Chinas. Nun ist er von der Bildfläche verschwunden, weil er sich mit Chinas mächtigem Präsidenten Xi Jinping angelegt hat.
    Die Ikonen der Wirtschaft dominieren nicht mehr so eindeutig das Forum - spätestens seit dem Ukraine-Krieg hat das Primat der Politik wieder mehr Gewicht.

    Fokus auf die Ukraine

    Und so wird vor allem ein Auftritt für Aufsehen sorgen: Die Frau des ukrainischen Präsidenten, Olena Selenska, will für ihr Land und für den Wiederaufbau werben. Ihr Mann Wolodymyr Selenskyj wird wohl nicht selbst kommen, sondern eine Videobotschaft zu Beginn schicken.
    Der Auftritt der beiden vergegenwärtigt die veränderte Welt. Seit dem Krieg starren sich die Machtblöcke zwischen Autokratien und Demokratien feindlich an. Statt Globalisierung droht eine gespaltene Welt.
    Dies widerspricht eigentlich dem Geist und der Vision des Weltwirtschaftsforums. Aber die Russen hat das Forum erst gar nicht eingeladen. Und die Chinesen reisen mit einer kleinen Delegation an.
    In einem kleinen Schweizer Bergdorf trifft sich also wieder einmal die Welt. Seit mehr als 50 Jahren mit dem Wunsch, eine bessere zu schaffen. Diesmal scheint es besonders dringlich.

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