Debatte um Renteneintrittsalter:Wie kann Arbeit im Alter aussehen?
von Ulrike Hauswald
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Kanzler Scholz hat mit einer Äußerung für weniger vorzeitige Renteneintritte eine neue Diskussion entfacht. Dabei gehen sowohl Meinungen als auch Lösungsansätze stark auseinander.
Quelle: phoenix
Die Debatte um das Renteneintrittsalter ist in dieser Woche neu entflammt. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hat sich für weniger vorzeitige Renteneintritte ausgesprochen. "Es gilt, den Anteil derer zu steigern, die wirklich bis zum Renteneintrittsalter arbeiten können", sagte er.
Aktuelle Zahlen des Bundesinstituts für Bevölkerungsforschung zeigen, dass die Menschen in Deutschland immer häufiger früh in Rente gehen. Viele scheiden demnach bereits mit 63 oder 64 Jahren aus dem Arbeitsmarkt aus - und damit deutlich vor der Regelaltersgrenze.
Durchschnittliches Zugangsalter der Versichertenrenten
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Der noch Anfang des Jahrtausends beobachtete rasante Anstieg der Erwerbstätigenquote bei den über 60-Jährigen sei in den vergangenen fünf Jahren weitgehend zum Stillstand gekommen, so das Institut.
Viele nutzen die Möglichkeit "Rente mit 63" - zu viele?
Eine Ursache dafür sei die "Rente mit 63", also die seit 2014 bestehende Möglichkeit eines frühzeitigen Rentenbezugs ohne Abschläge für Menschen, die 45 Versicherungsjahre aufweisen können. Im Jahr 2021 nutzte fast jeder Dritte diesen Weg.
Um die Rentenkasse vor dem Kollaps zu bewahren, schlagen einige Wirtschaftsexperten eine Rente mit 70 vor. Die Ampel-Parteien und auch der Gewerkschaftsbund lehnen den Vorschlag bisher ab.02.08.2022 | 1:55 min
Unterstützung für den Kanzler
Der Sozialverband SoVD begrüßte Scholz' Vorstoß. Im Kampf gegen den Fachkräftemangel sei es "richtig, mehr zu tun, damit Ältere länger arbeiten können, etwa durch Umschulungen oder bessere Arbeitsbedingungen", sagte die SoVD-Vorstandsvorsitzende Michaela Engelmeier.
Der Deutsche Gewerkschaftsbund beklagt: "Schon jetzt schaffen es viele Arbeitnehmer*innen einfach nicht, bis 65 oder gar bis zum 67. Lebensjahr zu arbeiten", sagte Vorstandsmitglied Anja Piel.
Vor allem junge Leute fragen sich heutzutage: Werde ich im Alter in Armut leben müssen? Kein Wunder, denn das deutsche Rentensystem kann ziemlich kompliziert sein. 08.02.2022 | 16:34 min
Kritik: Differenzierter Blick auf Branchen-Umstände
CDU-Sozialexperte Dennis Radtke verlangt einen differenzierten Blick auf die verschiedenen Branchen. "Wer mit 16 auf dem Bau angefangen hat, muss anders behandelt werden als jemand, der bis 30 studiert hat", sagte er.
Wie beispielhaft Zahlen des Arbeitgeberverbands Gesamtmetall zeigen, sank die Mitarbeiterzahl in dieser meist körperlich eher anstrengenden Branche nach Einführung der "Rente mit 63" in der Altersgruppe 63+ deutlich:
Sozialversicherungspflichtig Beschäftigte im Metallgewerbe
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Koalitionsvertrag: Keine Erhöhung des Renteineintrittsalters
Diese Entwicklung wird zum Problem für den durch Fachkräftemangel und Demografie sowieso schon angeschlagenenen Arbeitsmarkt. Doch Grünen-Fraktionschefin Britta Haßelmann erinnerte daran, dass es laut Koalitionsvertrag beim jetzigen Renteneintrittsalter bleiben solle.
Auch Arbeitsminister Hubertus Heil hält nichts davon, die Altersgrenze bei der Rente noch weiter nach oben zu setzen. "Das Rentenalter noch weiter auf 69, 70 oder 75 zu erhöhen, ist falsch und unfair."
Wie damit umgegangen werden soll, ist derweil strittig. Arbeitgeberpräsident Dulger fordert eine "Grundrenovierung des Sozialsystems" und ein Renteneintrittsalter, das "dynamisiert und an die steigende Lebenserwartung gekoppelt werden" müsse. Ebenso FDP-Fraktionschef Christian Dürr findet die bisherigen Regeln zur Rente mit 67 zu starr: "Wir müssen den Menschen mehr individuelle Möglichkeiten für ihren Renteneintritt geben."
In Deutschland fehlen in vielen Branchen Arbeitskräfte, mit gravierenden Folgen für die wirtschaftliche Entwicklung. Was sind die Gründe und was lässt sich dagegen unternehmen?30.06.2022 | 3:02 min
Scholz: "Steigerungspotential" bei Frauenanteil
Beim Thema Rente geht es auch immer wieder um die Rolle der Frau(en). Scholz sieht hier noch "Steigerungspotenzial". "Damit das hinhaut, müssen wir aber Ganztagsangebote in Krippen, Kitas und Schulen ausbauen."
Erwerbstätigen Frauen im Alter von 60 bis 66 Jahren
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Erwerbstätigen Männer im Alter von 60 bis 66 Jahren
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Das sieht auch Katharina Wrohlich, Leiterin der Forschungsgruppe Gender Economics am Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung, ähnlich. Gegenüber ZDFheute sagt sie:
"Zum einen gibt es in Deutschland nach wie vor nicht genügend Kitas und vor allem nicht genügend qualitativ gute Kitas, um mehr Müttern die Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu ermöglichen. In mehr und bessere Kitas sollte die Politik also weiter investieren", so die Expertin.
Zum anderen bremsten Minijobs, vor allem in Kombination mit dem Ehegattensplitting, Frauen aus. "Beides setzt für verheiratete Frauen mit Kindern Anreize in die falsche Richtung, nämlich weniger erwerbstätig zu sein."
Faire Bezahlung für Frauen und Männer und eine gute Work-Life-Balance.21.07.2022 | 30:04 min
Die Politik sollte die Minijobs abschaffen und das Ehegattensplitting dringend reformieren, das würde nicht nur den betroffenen frauen selbst helfen, sondern auch der Volksiwrtschaft als Ganzes, sagt Wrohlich.
Quelle: Mit Material von dpa und AFP
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