Denis Nikitin: Russischer Rechtsradikaler kämpft für Ukraine

    Denis Nikitin:Russischer Rechtsradikaler kämpft für Ukraine

    von Thomas Dudek
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    Denis Nikitin ist einer der bekanntesten russischen Rechtsextremisten. Während andere rechtsextreme Gruppen sich am Angriffskrieg Putins beteiligen, verteidigt er die Ukraine.

    White Rex
    "White Rex", das Modelabel von Nikitin, unter dem er gleichzeitig Kampfsportevents organisierte.
    Quelle: whiterexstore.com

    Im Vorfeld der Fußball-Weltmeisterschaft 2018 in Russland waren die russischen Hooligans eines der bestimmenden Themen in den internationalen Medien. Nach deren Gewaltexzess während der EM 2016 in Frankreich war das nicht verwunderlich.

    Claus: "Schlüsselfigur der internationalen Hooliganszene"

    Einer der russischen Hooligans war damals Denis Nikitin. In der 2017 von der BBC veröffentlichten Dokumentation "Russia's Hooligan Army" berichtete er freimütig über die Ereignisse rund um das Gruppenspiel zwischen England und Russland in Marseille und die Hooliganszene in Russland. Dies tat er zwar vermummt, doch Kenner der Szene hatten kein Problem, ihn zu identifizieren.

    Nikitin ist nicht irgendein Hooligan. In den 2010er Jahren war er mit seinem Label 'White Rex' eine der Schlüsselfiguren in der internationalen Hooligan- und Neonaziszene.

    Robert Claus, Experte für die rechtsextreme Kampfsportszene

    "Mit seinem Label verkaufte er nicht nur Kleidung, sondern organisierte auch Kampfsportturniere. Mit diesen Events vernetzte sich die internationale rechtsextreme Szene und professionalisierte ihre Gewalt. In Deutschland war er beim 'Kampf der Nibelungen' involviert. Dieser ist seit 2019 behördlich verboten", sagt Claus gegenüber ZDFheute. Er beschäftigt sich seit Jahren mit der rechtsextremen Kampfsportszene in Europa und hat dazu 2020 auch ein Buch veröffentlicht.

    Nikitin: Einverständnis vom Präsidenten

    Nikitin heißt mit bürgerlichem Namen eigentlich Denis Kapustin. 2001 kam er zusammen mit seiner Familie als Kontingentflüchtling nach Köln, das ergaben 2019 Recherchen von "Der Spiegel". Derzeit wendet er in der Ukraine Kampffähigkeiten an. Nachdem Nikitin zuerst vergeblich versucht hat, unter anderem auch deutsche Rechtsradikale für den Krieg zu mobilisieren, steht er nun an der Spitze des im August entstandenen und aus rund einem Dutzend russischer Rechtsradikaler bestehendem "Russischen Freiwilligenkorps".




    Dieser kämpft jedoch nicht aufseiten Russlands. "Ich musste zum ukrainischen Präsidenten gehen, um ihm von mir zu erzählen und das Einverständnis einzuholen, offiziell kämpfen zu dürfen", behauptete Nikitin jüngst in einem Interview mit einem Szeneportal. Eine Behauptung, die sich weder bestätigen noch verneinen lässt. Das ukrainische Präsidialamt hat auf eine Nachfrage von ZDFheute, ob es tatsächlich zu einem Treffen zwischen Wolodomyr Selenskyj und Denis Nikitin kam, bisher nicht geantwortet.
    Unbeantwortet blieben auch Fragen an das ukrainische Verteidigungsministerium, ob das "Russische Freiwilligenkorps" von der ukrainischen Armee mit Waffen ausgestattet wird. Dies behauptet Nikitin ebenfalls in dem bereits erwähnten Gespräch.
    Doch Zweifel an seinen Aussagen sind berechtigt. Einerseits, weil sein "Freiwilligenkorps" kein offizieller Bestandteil der Internationalen Legion der Territorialverteidigung ist, so wie zum Beispiel das aus Belarussen bestehende "Pahonja-Regiment". Zudem erklärte Nikitin in einem ebenfalls erst kürzlich geführten Interview mit einem rechten Videoblogger, dass die Beziehungen zu der ukrainischen Armee bis heute eher oberflächlich sind.

    Politikwissenschaftler: Nikitin ist auch Geschäftsmann

    Dass mit Nikitin, der seit 2019 ein Einreiseverbot in den Schengen-Raum hat, ausgerechnet ein bekannter russischer Neonazi aufseiten der Ukraine kämpft, ist nur auf den ersten Blick verwunderlich.

    Nikitin ist auch ein Geschäftsmann. Und viele seiner Aktivitäten haben in Russland wohl für zu viel Aufmerksamkeit gesorgt.

    Anton Schechowzow, ukrainischer Politikwissenschaftler

    Was dazu führte, dass er bereits 2018 nach Kiew übergesiedelt ist. In der Ukraine traf er nicht nur auf einheimische Rechtsextreme, sondern auch aus Belarus und Russland. "Gemeinsam mit ihnen wollte er dort seine Kampfsportevents und andere Projekte fortsetzen", so Schechowzow, zu dessen Forschungsschwerpunkten die rechtsextreme Szene in Osteuropa gehört.

    Gleiche Ideologien - andere Frontseite

    Vor allem steht Nikitin jedoch für jene russischen Rechtsextremisten, die trotz aller Ablehnung eines liberalen Staates im Maidan von 2014 auch ein Vorbild für Russland sahen. Das Ergebnis ist, dass sich bereits im Donbass russische Rechtsradikale bewaffnet gegenüberstanden, so wie jetzt. Auch auf der Seite der russischen Armee kämpfen rechtsradikale Gruppen.
    "Nikitins Ideologie unterscheidet sich aber nicht von Russitsch oder einer anderen neonazistischen Gruppe in Russland" sagt Schechowzow. Denn was sie eint, ist die White Supremacy Ideologie, auch gegenüber den ethnischen Minderheiten in Russland. Oder wie es Nikitin ausdrückte: "In meiner Heimat versuchen sie alles zu vermischen und es eine politische Nation von Russen zu nennen".
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