Bürgerschaftswahl in Hamburg 2025: Rolle der Mobilitätswende
Hamburg vor der Bürgerschaftswahl:Mehr Deutschlandtickets als zugelassene Autos
von Martin Niessen
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In Hamburg gibt es aktuell mehr Deutschlandtickets als zugelassene Autos. Für die einen Ergebnis gelungener Verkehrspolitik, für andere Folge von "ideologischem Wahnsinn".
Mobilität ist ein zentrales Thema im Wahlkampf vor der Bürgerschaftswahl in Hamburg. Zum Beispiel wächst die Zahl der Radfahrer und eine neue U-Bahn soll auch gebaut werden.06.02.2025 | 1:55 min
Welches Verkehrsmittel Anjes Tjarks (B'90/Grüne) bevorzugt, ist offensichtlich: Trotz Hamburger Schmuddelwetters kommt der Senator zum Interview geradelt. Knapp 300 Kilometer Radwege hat seine Behörde für Verkehr und Mobilitätswende in der letzten Legislaturperiode gebaut oder erneuert.
Wie etwa an der Königstraße wurden Fahrspuren für Autos in geschützte Radwege umgewandelt oder zumindest verengt, um farblich markierte Fahrradstreifen einzurichten. Noch sei Hamburg keine Fahrradstadt, aber auf dem Weg dahin, sagt der 43-Jährige.
Was nicht bedeute, dass andere Verkehrsmittel hintanstehen: "Für längere Strecken brauchen wir Busse und Bahnen. Und wir werden auch viele Situationen haben, wo Menschen nicht auf das Auto verzichten können oder wollen."
Der Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs stockt oder spaltet. Wem gehört die Straße? Wie steht es um die Mobilität in Deutschland? Vor der Bundestagswahl Thema für Wähler*innen.27.01.2025 | 15:07 min
Tschentscher: "Die Verkehrswende wirkt"
Seit zehn Jahren regiert Rot-Grün in der Hansestadt. Der Erste Bürgermeister, Peter Tschentscher von der SPD, lässt den Juniorpartner nicht nur gewähren, er unterstützt dessen Kurs ausdrücklich: "Wir stellen fest, dass die Verkehrswende wirkt, dass es mehr Menschen gibt, die Bus und Bahn fahren, dass es weniger angemeldete Autos gibt und dass wir auch im sogenannten Stau-Index von den ersten Plätzen runter sind, auf Platz 9 - noch hinter Bonn."
Aktuell verzeichnet Hamburg mehr aktive Deutschlandtickets (924.000) als zugelassene Autos (820.000). Nicht zuletzt Folge des Ausbaus des öffentlichen Nahverkehrs. In den vergangenen Jahren wurden U- und S-Bahnstrecken verlängert, im Norden der Stadt soll die neue U5 ab 2040 jährlich rund 100 Millionen Menschen transportieren.
Eine Woche nach der Bundestagswahl wählt Hamburg eine neue Bürgerschaft. Hier kann sich die SPD Hoffnungen machen, mit Peter Tschentscher weiterhin den Ersten Bürgermeister zu stellen.04.01.2025 | 4:10 min
Großbaustellen nerven viele Autofahrer
Netze und Fahrzeuge werden kontinuierlich modernisiert. Ein Drittel der Busse fährt bereits elektrisch, in wenigen Jahren soll die gesamte Flotte emissionsfrei unterwegs sein. Ab 2026, so der Plan, werden autonome, also führerlose on-Demand-Busse die letzte Meile schließen und Menschen in Außenbezirken zu Schnellbahn-Haltestellen bringen.
Doch insbesondere die 16,5 Milliarden Euro teure U5 reißt nicht nur physisch tiefe Gräben in der Stadt auf. Die vielen Großbaustellen - parallel werden auch Fernwärme- und Glasfasernetze ausgebaut - strapazieren die Nerven ohnehin staugeplagter Autofahrer.
Der Elbtunnel - mit dem Ziel, den Verkehr aus der Stadt zu lenken und die Brücken im Hamburger Hafen zu entlasten, galt und gilt das Bauwerk als technischer Meilenstein.10.01.2025 | 1:26 min
CDU will bessere Baustellenkoordinierung, Linke günstigeren ÖPNV
"Wir brauchen dringend eine bessere Baustellenkoordinierung", fordert Dennis Thering, Spitzenkandidat der CDU, und will sich grundsätzlich für das Auto starkmachen. Dass in den letzten Jahren 4.000 Parkplätze weggefallen seien, müsse korrigiert, das umstrittene Anwohnerparken an vielen Orten überarbeitet werden.
Die Linke begrüßt den Ausbau des ÖPNV, setzt statt U- aber auf eine Straßenbahn, die - kostengünstiger und schneller zu bauen - mehr Randgebiete anschließen könne. Der Nahverkehr müsse zudem erschwinglicher werden, fordert Spitzenkandidatin Cansu Özdemir - mit einem 29-Euro-Ticket für Seniorinnen und Senioren etwa.
Ab 2025 gibt es keine neuen Verbrenner-Taxis mehr in Hamburg. Als erstes Bundesland regelt die Hansestadt per Gesetz, dass Neuzulassungen nur noch mit Strom oder Wasserstoff betrieben werden dürfen.27.12.2024 | 1:50 min
AfD: Zu viele Tempo 30-Zonen
"Hart gegen Autohass" steht auf Wahlkampfplakaten der AfD. Spitzenkandidat Dirk Nockemann will "Ideologischen Wahnsinn" und "Staupolitik" der Grünen beenden. Das "inflationäre Ausweisen von Tempo 30-Zonen" etwa, oder die Verengung von Straßen für Radwege. Und fordert mehr Parkhäuser, "Hart gegen Parkplatznot".
Auch FDP-Spitzenkandidatin Katharina Blume will ein Ende der "Dauerstaus, die alle nerven und Hamburg als Hafenstadt und Drehscheibe des internationalen Handels schaden." Neue Köhlbrandbrücke, Bau der Hafen-Autobahn A26 - das alles müsse schneller gehen. Und der ÖPNV brauche weniger Busse und mehr Schiene.
Was sich ändern muss, steht in den Wahlprogrammen der Parteien. Wie genau das finanziert werden soll, allerdings nicht. Beim U5-Bau stehe die Finanzierung, versichert der Verkehrssenator. Ob bei einem solchen Megaprojekt der Kostenrahmen auch eingehalten wird, ist allerdings nie ganz sicher.
Martin Niessen berichtet aus dem ZDF-Studio in Hamburg.
Hamburg wählt bald zwei Mal: Den Bundestag am 23. Februar und das Landesparlament am 2. März. Politikexperte Korte erklärt, was am Wahlverhalten der Hansestadt besonders ist.
Interview
Quelle: dpa
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