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FAQ
Vor Abstimmung im Bundestag:Finanzpaket: Was steht im finalen Entwurf?
von Karl Anton Gensicke und Daniel Heymann
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Heute stimmt der "alte" Bundestag über das Milliardenpaket von Union, SPD und Grünen ab. Wie genau wird es aussehen? Ein Überblick über die geplanten Grundgesetzänderungen.
Es ist die finale Sitzung des 20. Deutschen Bundestages - und vielleicht die folgenreichste: Heute soll das aktuelle Parlament ein letztes Mal zusammentreten, um die milliardenschweren Finanzpläne von CDU/CSU, SPD und Grünen zu beschließen. Nach zähem Ringen konnten Union und Sozialdemokraten die Grünen zur Zustimmung bewegen.
Der nun vorliegende Entwurf enthält schwarze, rote und grüne Federstriche. Wir klären die wichtigsten Fragen: Wie sollen die massiv steigenden Verteidigungsausgaben finanziert werden? Aus welchen Mitteln wird die Sanierung der Infrastruktur gestemmt? Und welche Rolle spielt das Klima im Finanzpaket?
Wie soll künftig die Verteidigung finanziert werden?
Für den Gesamtkomplex Verteidigung wollen Union, SPD und Grüne eine Ausnahme von der Schuldenbremse im Grundgesetz verankern.
Die seit 2009 im Grundgesetz festgeschriebene Schuldenbremse sieht vor, dass staatliche Haushalte ausgeglichen sein sollen und grundsätzlich ohne Kredite auskommen müssen.
Der Bund darf maximal 0,35 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) an neuen Schulden aufnehmen.
Der Bund darf maximal 0,35 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) an neuen Schulden aufnehmen.
Ausnahmen von dieser Regel sind unter strengen Voraussetzungen auch jetzt schon möglich: Im Falle von Naturkatastrophen oder außergewöhnlichen Notsituationen kann die Kreditobergrenze überschritten werden.
Danach sollen bestimmte Ausgaben für die nationale Sicherheit, die ein Prozent der Wirtschaftsleistung übersteigen, durch Schulden finanziert werden können. Folgende Bereiche sollen davon umfasst sein:
- Bundeswehr
- Zivil- und Bevölkerungsschutz
- Nachrichtendienste
- Cybersicherheit
- Hilfen für völkerrechtswidrig angegriffene Staaten
Dabei enthielt der ursprüngliche Entwurf von Schwarz-Rot noch einen deutlich engeren Verteidigungsbegriff und sah Spielräume nur für die Finanzierung der Bundeswehr vor. Die Grünen konnten in den Verhandlungen jedoch eine Erweiterung durchsetzen.
Die Möglichkeit der unbegrenzten Schuldenaufnahme im Bereich der nationalen Sicherheit begründen die federführenden Parteien in ihrem Gesetzentwurf mit der angespannten geopolitischen Lage.
So gäben insbesondere der Regierungswechsel in den USA und die Überprüfung ihres "sicherheitspolitischen Engagements in Europa" Anlass, die eigene Verteidigungsfähigkeit deutlich zu stärken.
Was enthält der Entwurf zu Infrastruktur und Klima?
Einen anderen Weg will der Gesetzgeber für Investitionen in die Infrastruktur und zur Erreichung der Klimaneutralität bis 2045 gehen: In einem neuen Artikel 143h Grundgesetz will er ein Sondervermögen über 500 Milliarden Euro mit einer Laufzeit von 12 Jahren aufsetzen.
Dieses Sondervermögen ist von den Regeln der Schuldenbremse ebenfalls ausgenommen - im Gegensatz zu den Verteidigungsausgaben jedoch in Zeit und Umfang begrenzt.
Wichtig dabei: Das Sondervermögen gilt nur für zusätzliche Investitionen neben den bereits regulär im Haushalt geplanten Vorhaben. Darauf hatten die Grünen in den Verhandlungen bestanden - um zu verhindern, dass Union und SPD aus dem Sondertopf Wahlgeschenke finanzieren.
Zur Erfüllung einzelner Aufgaben kann der Staat Sondervermögen einrichten. Der Mechanismus ist im Grundgesetz explizit erwähnt.
Sondervermögen stellen als Nebenhaushalte eine Ausnahme zum sogenannten Jährigkeitsprinzip der Bundesfinanzen dar. Das heißt, es können über einzelne Haushaltsjahre hinweg langfristige Aufgaben finanziert werden.
Dabei muss es nicht unbedingt zu einer Schuldenaufnahme kommen. Wenn doch, dann greifen allerdings im Normalfall die Regeln der Schuldenbremse.
Sondervermögen stellen als Nebenhaushalte eine Ausnahme zum sogenannten Jährigkeitsprinzip der Bundesfinanzen dar. Das heißt, es können über einzelne Haushaltsjahre hinweg langfristige Aufgaben finanziert werden.
Dabei muss es nicht unbedingt zu einer Schuldenaufnahme kommen. Wenn doch, dann greifen allerdings im Normalfall die Regeln der Schuldenbremse.
Derzeit laufen mehrere Sondervermögen des Bundes, zuletzt kamen unter anderen das Sondervermögen Bundeswehr und der Wirtschaftsstabilisierungsfonds dazu; letzteres war dazu gedacht, die Folgen der Corona-Pandemie abzufedern.
Ein weiterer Verhandlungserfolg für die Grünen: 100 Milliarden aus dem Sondervermögen fließen in den Klima- und Transformationsfonds.
Das Ziel der Klimaneutralität bis 2045 bleibt hingegen relativ weich: Im Grundgesetz wird nur verankert, dass Investitionen zu diesem Zweck aus dem Sondervermögen getätigt werden können - aber nicht müssen. Klimaneutralität wird damit kein eigenständiges Verfassungsziel und kann erst recht nicht wie ein Grundrecht in Karlsruhe eingeklagt werden.
Was bekommen die Länder und wie geht es diese Woche weiter?
In einem Punkt bestand direkt Einigkeit zwischen Schwarz-Rot und Grün: Die Länder sollen auch vom Finanzpaket profitieren. Deshalb verspricht der Gesetzentwurf ihnen 100 Milliarden Euro aus dem Sondervermögen zur eigenständigen Förderung ihrer Infrastruktur.
Außerdem sollen künftig auch die Länder insgesamt jedes Jahr bis zu 0,35 Prozent der Wirtschaftsleistung an neuen Schulden aufnehmen dürfen, was im letzten Jahr etwa 16 Milliarden Euro entsprochen hätte. Bisher verweigerte die Schuldenbremse ihnen eine Kreditaufnahme.
Karl Anton Gensicke und Daniel Heymann arbeiten in der ZDF-Redaktion Recht und Justiz.
Quelle: dpa
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