Wahlparteitag in Berlin:CDU verabschiedet "Sofortprogramm"
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Bei ihrem Wahlparteitag hat die CDU ein "Sofortprogramm" verabschiedet, das unmittelbar nach der Wahl umgesetzt werden soll. Es enthält Merz' Fünf-Punkte-Plan zur Migrationspolitik.
Für Unionskanzlerkandidat Merz gab es viel Solidarität und Zuspruch auf dem CDU-Parteitag. Zuvor hatte er Unruhe und Proteste ausgelöst, weil er AfD-Stimmen in Kauf nahm.03.02.2025 | 2:07 min
Die CDU hat mit ihrem Bundesparteitag die "heiße Phase" des Wahlkampfs eingeläutet. CDU-Chef und Unions-Kanzlerkandidat Friedrich Merz eröffnete das Treffen am Mittag unter großem Jubel der gut 950 Delegierten.
Delegierte geschlossen für "Sofortprogramm"
Sie nahmen danach einstimmig ein "Sofortprogramm" an, das bei einer Regierungsübernahme nach der Bundestagswahl unmittelbar umgesetzt werden soll. Es beinhaltet auch den mit AfD-Unterstützung im Bundestag verabschiedeten Fünf-Punkte-Plan zur Verschärfung der Migrationspolitik. Das Sofortprogramm, das insgesamt 15 Punkte umfasst, sieht auch Maßnahmen zur Belebung der Wirtschaft und zur Stärkung der inneren Sicherheit vor.
Nach der massiven Kritik an ihrem Kanzlerkandidaten in den vergangenen Tagen gab es auf dem CDU-Parteitag Rückendeckung für Friedrich Merz - auch von CSU-Chef Söder.04.02.2025 | 2:34 min
Merz sagte in seiner Rede, es gehe darum, "ein klares und starkes Signal in die ganze Bundesrepublik zu senden". Künftig werde jedes Mal die Frage gestellt: "Dient diese Entscheidung der Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit unserer Industrie oder schadet sie?"
Wenn sie der Wettbewerbsfähigkeit dient, werden wir sie treffen, wenn sie schadet, werden wir sie nicht treffen.
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Friedrich Merz, Unionskanzlerkandidat und CDU-Chef
Die wichtigste Entscheidung sei dabei, "dieses Monstrum der überbordenden Bürokratie in Europa und im eigenen Land in den Griff" zu bekommen, fuhr Merz fort. Außerdem gehe es darum, "gute Rahmenbedingungen für alle und nicht hohe Subventionen für einige wenige" zu schaffen, sagte Merz. Darin liege der Unterschied zur früheren Ampel-Regierung.
Die CDU zeigt sich auf ihrem Parteitag in Berlin demonstrativ geschlossen. Wulf Schmiese zu den Hintergründen.03.02.2025 | 1:44 min
Merz bekräftigt: Keine Zusammenarbeit mit AfD
Merz bekräftigte, dass es nach der Bundestagswahl keine Zusammenarbeit mit der AfD geben werde. "Wir werden mit der AfD nicht zusammenarbeiten, vorher nicht, nachher nicht, niemals", sagte er und bekam dafür anhaltenden Applaus.
Es gibt keine Zusammenarbeit, es gibt keine Duldung, es gibt keine Minderheitsregierung, gar nichts.
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Friedrich Merz, Unions-Kanzlerkandidat und CDU-Chef
Die AfD sei der wichtigste Gegner in diesem Wahlkampf. "Diese Partei steht gegen alles, was unsere Partei in den letzten Jahren und Jahrzehnten in Deutschland aufgebaut hat, sie steht gegen die Westbindung, gegen den Euro, gegen die Nato."
Söder: Union wird Migration "wirksam begrenzen"
Auch CSU-Chef Markus Söder sagte in seiner Rede, die Union werde die AfD "mit ganzer Entschlossenheit" bekämpfen:
Wir sagen immer wieder nein, nein, nein zu jeder Form der Zusammenarbeit mit der AfD.
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Markus Söder, CSU-Chef
Er unterstrich zudem die Forderung der Union, weniger Flüchtlinge und Migranten nach Deutschland zu lassen. Sollte die Union die Wahl gewinnen, werde man die Migration "wirksam begrenzen".
Die Migration ist uns einfach über den Kopf gewachsen.
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Markus Söder, CSU-Chef
Söder verwies auf Länder in Europa wie Belgien, Polen, Österreich, Italien und Frankreich, wo die politischen Verhältnisse wegen immer stärker werdender Parteien vom rechten Rand instabiler geworden seien. "Wenn das in Deutschland passiert in gleicher Weise, wenn sich so etwas Bahn bricht, steht der ganze Kontinent vor dem Wackeln", sagte er.
"Wenn wir das Thema Migration nicht klären, wird der Rechtspopulismus weiter zunehmen", so Michael Kretschmer, CDU, Ministerpräsident Sachsen.03.02.2025 | 7:19 min
Söder: Merz hat "Leitentscheidung" getroffen
Friedrich Merz habe vergangene Woche mit den Unions-Anträgen und dem Gesetzentwurf im Bundestag eine "Leitentscheidung" getroffen, wie es einem "künftigen Kanzler" zustehe, so Söder.
In Anspielung an die umstrittene Abstimmung im Bundestag, bei der die Union einen Antrag für eine Asylwende mit Stimmen der AfD, der FDP und fraktionslosen Abgeordneten durchsetzte, sagte Söder, dies sei ein "steiler Move" von Merz gewesen, den viele der CDU nicht zugetraut hätten.
Attacken gegen Grüne und SPD
Grüne und SPD griff der CSU-Chef frontal an: "Olaf Scholz ist nicht geeignet, unser Land weiterzuführen - auf gar keinen Fall", betonte er. Dem Kanzlerkandidaten der Grünen, Robert Habeck, warf Söder eine "Hybris" vor, also Selbstüberschätzung oder Überheblichkeit. Er habe als Wirtschaftsminister versagt und sei hauptverantwortlich für die schlechte Lage in Deutschland.
Auch Carsten Linnemann griff SPD und Grüne hart an. "Die Ampel war die schlechteste Bundesregierung aller Zeiten", sagte der CDU-Generalsekretär. "Wir lassen uns von niemandem erzählen, wer auf der richtigen Seite der Geschichte war. Das waren wir", so Linnemann.
Draußen wurde der CDU-Parteitag von Protest begleitet. Bis zum Mittag gab es laut Polizei rund um die Messehalle CityCube mehr als ein Dutzend Kundgebungen mit in der Spitze etwa 450 Menschen. Diese richteten sich überwiegend gegen die gemeinsame Abstimmung von Union und AfD in der vergangenen Woche.
Bei der Abstimmung am Freitag hatten CDU-Chef Merz auch Stimmen aus der eigenen Partei gefehlt. Ob er deshalb auf dem Parteitag mit Gegenwind rechnen muss, berichtet Ines Trams.03.02.2025 | 1:13 min
CDU-Bundesausschuss soll über Koalitionsverträge entscheiden
Die CDU änderte auf dem Parteitag auch ihre Satzung zur Entscheidung über die Annahme der Ergebnisse von Koalitionsverhandlungen: Statt eines Parteitags entscheidet künftig der Bundesausschuss der Partei über diese Frage.
Der Bundesausschuss besteht insbesondere aus Delegierten der Landesverbände, dem Bundesvorstand und Vertretern von CDU-Vereinigungen. Das Gremium war bereits früher bei der CDU für die Entscheidung zu Koalitionsverhandlungen zuständig, bevor dies auf Parteitage übertragen wurde. Die Partei erhofft sich von der Satzungsänderung finanzielle Einsparungen und schnellere Entscheidungen.
Was die Union nach der Wahl umsetzen will:
Die Stromsteuer und die Netzentgelte sollen laut "Sofortprogramm" sinken - um mindestens fünf Cent pro Kilowattstunde. Die Umsatzsteuer in Restaurants soll auf sieben Prozent sinken, das soll Gastronomie und Verbraucher entlasten.
Für Landwirte soll es wieder die volle Agrardieselvergütung geben. Die Wirtschaft soll von Bürokratie entlastet werden: weniger Betriebsbeauftragte, keine Bonpflicht mehr, Ende der deutschen Lieferkettenregulierung.
Statt der täglichen Höchstarbeitszeit soll eine wöchentliche Höchstarbeitszeit gelten - das soll Beschäftigten und Unternehmen ein flexibleres Arbeiten ermöglichen. Überstundenzuschläge sollen steuerfrei gestellt werden. Wer in der Rente freiwillig weiterarbeiten will, bekommt das Gehalt bis zu 2.000 Euro im Monat steuerfrei.
Der so genannte Fünf-Punkte-Plan von Kanzlerkandidat Friedrich Merz gegen irreguläre Migration soll gesetzlich umgesetzt werden: mit dauerhaften Grenzkontrollen, Zurückweisungen an den Grenzen und einem zeitlich unbefristeten Ausreisearrest für ausreisepflichtige Straftäter und Gefährder.
Auch das "Zustrombegrenzungsgesetz" soll verabschiedet werden - mit einem Stopp des Familiennachzugs für subsidiär Schutzberechtigte und mehr Befugnissen für die Bundespolizei.
Die Union will die umstrittene Vorratsdatenspeicherung durchsetzen - vor allem zum Kampf gegen sexuellen Kindesmissbrauch. Zudem soll für Gewalttäter gegen Frauen die elektronische Fußfessel eingeführt werden.
Die Verkürzung der Frist für die Einbürgerung von acht auf fünf Jahre soll rückgängig gemacht werden: "Der deutsche Pass steht am Ende der Integration und nicht am Anfang."
Das Heizungsgesetz soll abgeschafft werden, weil es für "bürokratisches Reinregieren in den Heizungskeller" stehe. Auch die teilweise Legalisierung von Cannabis soll rückgängig gemacht werden. Die unter der "Ampel" gestiegene Zahl der Regierungsbeauftragten will die Union absenken - um die Hälfte.
Welche Partei führt in den Umfragen zur Bundestagswahl? Wen hätten die Deutschen am liebsten als Kanzler? Welche Koalitionen wären möglich? Die wichtigsten Zahlen im Überblick.