Klausurtagung:Grüne suchen Wege aus der Krise
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Der Kampf gegen die Opferrolle, gegen Vorurteile und gegen das Bild der Verbotspartei: Die Grünen stemmen sich gegen den Sinkflug, auf einer Klausur suchen sie nach Auswegen.
Zwei Tage lang tagt die grüne Fraktions- und auch Parteispitze in einem Hotel am südwestlichen Rande von Berlin. Unter Ausschluss der Öffentlichkeit und weitergehend auch der Presse werden Wunden geleckt, wird sich Mut zugesprochen - und vielleicht auch ein wenig die Realität negiert.
Fakt ist: Nicht nur im Osten, wo die Grünen schon immer schwach waren, sind es schwierige Zeiten für die Partei. Erklärt wird das schlechte Abschneiden bei den Landtagswahlen in Sachsen und Thüringen - wie so oft - mit der schlechten Performance der Ampel im Bund und dem Opfer, dass viele Grünen-Wähler diesmal eben lieber für die CDU gestimmt haben. Als Gegengewicht zur AfD. Auch für Brandenburg, wo am 22.Septenber gewählt wird, sind die Aussichten nicht gerade rosig.
All das mag stimmen, aber die Grünen verlieren eben auch im Westen, bei der Europawahl fuhren sie große Verluste ein und kamen nur noch auf 11,9 Prozent, in Berlin und in Hessen sind sie raus aus der Regierung. In Umfragen bundesweit liegen sie bei zehn bis zwölf Prozent, viele junge Menschen wählen nicht mehr die Grünen.
Was bringt die Grünen-Wähler zurück?
Wie aber aus der Krise rauskommen? Wie einerseits Großstadtpartei sein, andererseits aber auch Wähler in ländlichen Regionen gewinnen? Das ist die große Frage und eben das große Problem der Grünen.
Mehr hinhören wollen sie künftig, unterschiedliche, bedarfsgerechte Lösungen anbieten, die Jugend mit ihren eigenen Problemen nicht länger vernachlässigen. Mehr für die Bildung tun, soziale Gerechtigkeit, günstige Mieten. All das versprechen sie und hoffen, dass es das ist, was die Wähler zurückbringt.
Grüne: Positionen deutlicher darstellen
Und auch beim Thema Migration hätten sie sich bewegt bis hin zur Schmerzgrenze, ist immer wieder zu hören. Doch gegen CDU-Chef Friedrich Merz und CSU-Chef Markus Söder, die jeden Tag mit neuen Vorschlägen kommen, die rechtlich gar nicht machbar seien, sei es schwer anzukommen.
Deutlicher wollen die Grünen werden, ihre Positionen klarer darstellen, sagt die Fraktionsvorsitzende Katharina Dröge. Außenministerin Baerbock führt es aus beim Thema Migration: Straftäter hätten hier nichts zu suchen, für islamistischen Terror sei in Deutschland kein Platz. Aber Schutzbedürftige müssen weiterhin ein Recht auf Asyl haben. Lob erhält sie dabei von Vizekanzler Robert Habeck:
Ohne Annalena Baerbock hätte es GEAS, das europäische Asylabkommen, nicht gegeben.
Robert Habeck, Vizekanzler
Alle Hoffnungen ruhen auf Habeck
Über personelle Konsequenzen wollen die Grünen zur Zeit nicht reden - egal, wie schwach die politische Geschäftsführerin Emily Büning sich in der Berliner Runde präsentiert und den Angriffen des CSU-Generalsekretärs nichts entgegenzusetzen hat. Egal, wie frustriert der Parteivorsitzende Omid Nouripour inzwischen von einer Übergangsregierung spricht.
Irgendwie sind alle froh, dass es zumindest keine Kampfabstimmung um den möglichen Kanzler- oder Spitzenkandidaten Habeck geben wird. Noch ist er nicht offiziell ernannt, aber es gilt als sicher, dass er es wird.
Auf Habeck setzen sie, alle Hoffnung ruht jetzt auf dem Vizekanzler. Doch auch er steht für die Ampel, für das verheerende Bild dieser Regierung, er steht für ein verkorkstes Heizungsgesetz. Ob das seine guten Reden, die er regelmäßig in den sozialen Medien postet, ausgleichen kann - fraglich.
Parteitag unter Kritik?
Während Partei- und Fraktionsführung tagen und nach Antworten suchen, grummelt es längst an der Basis. Der hessische Kommunalpolitiker Matthias Schimpf hat die Debatte eröffnet, fordert einen Kurswechsel in der Migrationspolitik und inhaltliche als auch personelle Konsequenzen.
Nach der Brandenburg-Wahl könnte es sicherlich viele weitere solcher Stimmen geben. Der Parteitag der Grünen im November dürfte nicht nur eine Krönungsmesse für Robert Habeck werden .
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