Guttenberg bei "Lanz": "Bin ein Anhänger der Wehrpflicht"
CSU-Politiker bei "Lanz":Guttenberg: "Bin ein Anhänger der Wehrpflicht"
von Felix Rappsilber
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Ex-Verteidigungsminister Guttenberg (CSU) zweifelt am schwarz-roten Koalitionsvertrag und kritisiert den Fokus auf "kleine Themen". Zudem fordert er die Wehrpflicht zurück.
Sehen Sie hier die Sendung Markus Lanz vom 17. April 2025.17.04.2025 | 74:23 min
Wird gutes Spitzenpersonal an der womöglich künftigen, schwarz-roten Koalition beteiligt sein? "Wird sich zeigen", sagte Karl-Theodor zu Guttenberg schmallippig. Überzeugt Friedrich Merz als womöglich künftiger Kanzler? "Das wird sich insbesondere auf dem internationalen Parkett erweisen, das ist eines der wichtigsten gerade. Das traue ich ihm zu."
In seiner Einschätzung der Regierungsbildung blieb der ehemalige Bundesverteidigungsminister vage. Guttenberg betonte am Donnerstagabend bei "Markus Lanz", dass er Merz "im Amt noch nicht erlebt" habe. Als Oppositionsführer habe er "um Himmels Willen nicht alles schlecht gemacht":
Aber ob es ihm gelingt, hängt natürlich auch davon ab, ob der Laden mitspielt.
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Karl-Theodor zu Guttenberg, CSU-Politiker
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Zweifel am Koalitionsvertrag
59 Prozent der Deutschen halten Merz als Bundeskanzler für "nicht gut". Guttenberg verwies auf das sogenannte "Uphill battle": "Man kämpft sich nach oben - und das traue ich ihm schon zu."
Vom Koalitionsvertrag schien Guttenberg nicht überzeugt. In einer Weltlage, "wo wir seit drei Jahren Krieg in Europa haben, wo das globale Handelssystem zusammenbricht", hätten wir nichts Besseres zu tun, "als uns über Mütterrente, über Pendlerpauschale, im Zweifel über den Mindestlohn zu unterhalten und man fragt sich, ob man eigentlich den Gong gehört hat".
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Romantische Lieblingskinder im Koalitionsvertrag?
Der CSU-Politiker sehe es durchaus kritisch, dass "romantische Lieblingskinder" in den Koalitionsvertrag gepackt worden seien, "die relativ wenig mit manchen Notwendigkeiten draußen zu tun haben". Die derzeitige Debatte finde "an diesen kleinen Themen" statt, die für die jeweiligen Gruppen "unbestritten groß" seien, wie die Agrardiesel-Subvention für die Bauern.
Guttenberg kritisierte:
Wir haben ganz andere Themen, die auf dieser Welt momentan etwas mehr Gewicht auf die Waagschale legen.
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Karl-Theodor zu Guttenberg, CSU-Politiker
Das Sondervermögen für Infrastruktur und die Lockerung der Schuldenbremse für Verteidigungsausgaben würden den "großen Themenlagen" entsprechen.
Doch das, was sich im Stundentakt - "sei es aus Washington, sei es aus Moskau, sei es aus Peking" - abspiele und die Welt erschüttere, führe zur Frage: "Kann ein sehr detailliert ausformulierter Koalitionsvertrag dem überhaupt Rechnung tragen oder wird man nicht unmittelbar von der Realität wieder eingeholt?"
Das Verteidigungsministerium arbeitet an einem neuen Wehrdienst-Modell, das schon 2025 auf freiwilliger Basis starten soll. Was denken junge Menschen über den Dienst an der Waffe?11.04.2025 | 2:39 min
Guttenberg sprach sich zudem für die Wiedereinführung der Wehrpflicht aus:
Ich bin ein Anhänger der Wehrpflicht gewesen und bin es auch heute, wenn sie anständig ausgestaltet ist. Dahin kann man und sollte man wieder kommen.
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Karl-Theodor zu Guttenberg, CSU-Politiker
Als Verteidigungsminister hatte er 2011 die Aussetzung der Wehrpflicht zu verantworten. Die Maßgabe von Bundeskanzlerin Angela Merkel und Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble lautete, im Zuge der Finanz- und Wirtschaftskrise "drastische Einsparungen vorzunehmen".
Guttenberg habe sich "erfolglos dagegen gewehrt". Die Folge: "Wir standen vor der Entscheidung: Können wir noch unseren Bündnisverpflichtungen nachkommen (...) oder leisten wir uns eine nicht funktionierende Wehrpflicht?"
Man habe es mit einem Modell zu tun gehabt, "das mit verkrüppelt noch milde umschrieben ist", einer Wehrpflicht von "nur noch sechs Monaten":
In sechs Monaten lernen Sie gerade mal, einen Mähdrescher von einem Panzer zu unterscheiden. Wir haben damals nur noch 16 Prozent der jungen Männer gezogen. Wir mussten fürchten, dass die Wehrpflicht vom Bundesverfassungsgericht komplett kassiert wird.
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Karl-Theodor zu Guttenberg, CSU-Politiker
Das schwedische Wehrpflicht-Modell soll Vorbild für Deutschland werden. Die Grundlage: Alle potentiell Wehrpflichtigen müssen sich registrieren, der Wehrdienst ist aber freiwillig.10.04.2025 | 1:51 min
Ex-Verteidigungsminister: "Mittel vorhanden, die wir damals nicht hatten"
Der Ex-Verteidigungsminister räumte ein, dass es bei einer Wiedereinführung nicht um ein Stichdatum gehe, das man in drei oder vier Monaten umsetzen könne: "Aber ich glaube, man kann trotzdem viel beschleunigen. Und es sind Mittel vorhanden, die wir damals gar nicht hatten."
Gleichzeitig gebe es einen "unbedingten Bedarf, eine über Jahrzehnte herabgewirtschaftete Bundeswehr auf einen Stand zu bringen, (...) dass man sowohl im europäischen Kontext, als auch in einem angestrengten Nato-Kontext in irgendeiner Form handlungsfähig ist, um diese Abschreckungskomponente (...) auf den Tisch zu legen".
CDU, CSU und SPD haben sich auf einen Koalitionsvertrag geeinigt. Hier alle Entwicklungen zum Nachlesen. Über aktuelle Entwicklungen informieren wir Sie auf unserer Themenseite "Schwarz-rote Koalition".
01.05.2025