"Lanz": Netanjahu-Haftbefehl - richtig oder doch peinlich?

    Heftige "Lanz"-Debatte:Netanjahu-Haftbefehl: Richtig oder peinlich?

    von Felix Rappsilber
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    Richtig - oder peinlich? Wie Berlin mit dem Haftbefehl gegen Israels Premier umgehen sollte, darüber gingen die juristischen und politischen Meinungen bei "Lanz" weit auseinander.

    Markus Lanz vom 28. November 2024: Markus Lanz, Katrin Göring-Eckardt, Robin Alexander, René Wilke, Kai Ambos
    Zum internationalen Haftbefehl gegen Netanjahu wegen Kriegsverbrechen in Gaza und zu den Perspektiven der Grünen sowie über die migrationspolitischen Herausforderungen von Frankfurt (Oder).28.11.2024 | 75:23 min
    Benjamin Netanjahu betritt deutschen Boden - ein Szenario, das bei "Markus Lanz" zu Differenzen zwischen der juristischen und politischen Bewertung des Haftbefehls gegen den israelischen Ministerpräsidenten führte.
    Der Internationale Strafgerichtshof (IStGH) hatte Haftbefehle gegen Netanjahu, den früheren israelischen Verteidigungsminister Joav Galant und den Hamas-Militärchef Mohammed Diab Ibrahim Al-Masri (genannt Deif) erlassen. Die Begründung: Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit.
    Archiv: Benjamin Netanjahu am 27.09.2024
    Der Haftbefehl gegen Israels Premier Netanjahu sorgt international für Wirbel. Während Deutschland weitere Schritte prüfe, reagieren andere Staaten unterschiedlich. 22.11.2024 | 8:06 min

    Rechtsexperte Ambos: Rechtslage ist klar

    Mit Blick auf eine mögliche Einreise Netanjahus nach Deutschland sagte Straf- und Völkerrechtler Kai Ambos bei "Markus Lanz": "Wir müssen ihn festnehmen, aber er hat dann natürlich Möglichkeiten des Rechtsschutzes, wie in jedem Fall."
    Netanjahu könne sich beispielsweise einen Anwalt nehmen und seine Immunität vorbringen:

    Der wird nicht einfach so festgenommen und nach Den Haag überstellt. Das kann ein längerer Prozess sein.

    Kai Ambos, Straf- und Völkerrechtsexperte

    Menschen fahren an einem beschädigten Gebäude vorbei, während vertriebene Bewohner nach einem Waffenstillstandsabkommen nach Dahieh, Libanon zrückkehren.
    Zwei Tage nach Inkrafttreten der Waffenruhe zwischen Israel und der Hisbollah hoffen 900.000 libanesische Flüchtlinge in ihre zum Teil zerstörte Heimat zurück zu können.29.11.2024 | 1:34 min

    IStGH-Erlass für Völkerrechtler keine Überraschung

    Allerdings ließ der Völkerrechtler keine Zweifel daran aufkommen, dass Deutschland an internationale Statuten gebunden sei:

    Die Rechtslage ist ziemlich klar. Nur die Politik [...] ist nicht zufrieden mit dieser Rechtslage. Das hätte man dann vielleicht früher überlegen müssen.

    Kai Ambos, Straf- und Völkerrechtsexperte

    Für die Völkerrechtler, die den Nahost-Konflikt beobachten würden, sei das Urteil des Internationalen Strafgerichtshofes "keine Überraschung" gewesen.
    Ein Grund laut Ambos: Aktuell gelte das "Recht des bewaffneten Konflikts". Dieses beinhalte die Regel der Unterscheidung zwischen zivilen Objekten und militärischen Zielen, die Regel der Vorsorge in Sachen Evakuierungsanordnungen sowie die Regel der Verhältnismäßigkeit.
    SGS Reichart
    Das israelische Militär soll trotz der beschlossenen Waffenruhe im Libanon drei Städte beschossen haben. ZDF-Korrespondent Thomas Reichart berichtet aus Tel Aviv.28.11.2024 | 1:32 min

    Göring-Eckardt: Mit Netanjahu "woanders reden"

    Katrin Göring-Eckardts Einschätzung fiel hingegen weniger eindeutig aus. Die Grünen-Politikerin erklärte, der Netanjahu-Haftbefehl habe "eine politische Dimension mit unserem besonderen Verhältnis zu Israel".
    Sie entgegnete Ambos: "Nichts ist mir ferner, als zu sagen: Ginge es nicht vielleicht auch anders?" Doch die Vizepräsidentin des Bundestags führte ein "Aber" an: Man befinde sich in einer "Selbstverteidigungssituation" - in einer Zeit, in der der 7. Oktober traumatisch wirke, nicht nur für Israel, sondern auch für Jüdinnen und Juden, die in Deutschland lebten.
    Der israelische Premierminister Netanjahu spricht im Parlament in Jerusalem.
    Das Weiße Haus hat den Haftbefehl des Strafgerichtshofs gegen Israels Ministerpräsident Netanjahu verurteilt. Auch Netanjahu selbst kritisierte die Entscheidung als antisemitisch.22.11.2024 | 0:26 min

    Grünen-Politikerin: Fall Putin ist anders

    Anders als im Falle des russischen Präsidenten Wladimir Putin könne man sich laut Göring-Eckardt darum bemühen, dass in Israel "juristische Schritte gegangen werden. (...) Diese Frage ist eine, die - für mich jedenfalls - [vor der Vollstreckung des Haftbefehls] steht".
    Genau das sei der Umgang der deutschen Politik mit dem Urteil des IStGH. Aktuell stehe kein Staatsbesuch des israelischen Ministerpräsidenten an, man könne mit Herrn Netanjahu auch "woanders reden".



    Göring-Eckardt beharrte: "Wenn das Rechtliche so ist, wie gerade besprochen, dann gibt es immer noch die Möglichkeit, dass Israel als Rechtsstaat Verfahren eröffnet. Darüber kann man natürlich auch diplomatisch sprechen."
    TN für Einzelbeitrag - Konflikt im Libanon
    Mit dem Hamas-Überfall beginnt auch der Krieg zwischen Israel und Hisbollah. Im September eskaliert die Situation weiter als tausende Pager der Miliz explodieren. Ein Überblick.26.11.2024 | 1:56 min

    Haftbefehl mit politischer Botschaft?

    "Welt"-Journalist Robin Alexander sprang Göring-Eckardt bei. Netanjahu habe im Rechtsstaat Israel "einen ganzen Sack voll Prozesse an der Hacke". Alexander kritisierte: "Wir sind alle Anhänger von internationalen Organisationen."

    Aber internationale Organisationen haben eine Geschichte der Dämonisierung Israels. Die UNO ist wunderbar, aber die UNO hat einseitig immer wieder Israel verurteilt.

    Robin Alexander, "Welt"-Journalist

    Er wolle nicht sagen, dass der Internationale Strafgerichtshof das auch tue, aber:

    Dass im gleichen Atemzug Netanjahu und die Führer der Hamas genannt werden, am gleichen Tag, sozusagen in der gleichen Pressemitteilung, das scheint mir doch eine politische Botschaft, eine extrem bedenkliche Botschaft [zu sein].

    Robin Alexander, "Welt"-Journalist

    Dass sich die deutsche Bundesregierung dahingehend abwägend äußere, sei ein "Zeichen ihrer Klugheit".
    Ambos widersprach. Dieses Argument werde als eines von vielen in Stellung gebracht, weil es "unbequem" sei, dass gegen einen "Freund von uns, ein Land, mit dem wir historisch verbunden sind", ein Haftbefehl vorliege. Für ihn handele es sich um eine "sehr deutsche Diskussion".
    Dass die Bundesregierung den Haftbefehl prüfen wolle, sei ein "peinlicher Auftritt".

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