G20 und K-Frage: Dramatische Tage für Scholz am Zuckerhut
Analyse
Der Kanzler und die K-Frage:Dramatische Tage für Scholz am Zuckerhut
von Diana Zimmermann
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So viel Unordnung war selten. In der G20 wird ein Abschiedsfoto ohne Joe Biden gemacht, die Ukraine beschießt Russland mit ATACMS und die SPD zerlegt sich über der K-Frage.
Die Debatte um den SPD-Kanzlerkandidaten spaltet die SPD. Bundesverteidigungsminister Pistorius könnte dem ein Ende setzen – will sich aber nicht festlegen. 19.11.2024 | 1:43 min
Fünf Interviews gibt der Kanzler an diesem Tag in einem Hotel über der Copa Cobana. Fünf mal zehn Minuten. Fließbandarbeit für den Kanzler. Fünfmal fragen ihn mitreisende Journalisten, ob er der Kandidat der SPD sein wird. Fünfmal antwortet er auf diese und Variationen dieser Frage mit Ja. Stoisch, freundlich, scheinbar entspannt. Gemeinsam wollen die SPD und er kämpfen und siegen. Nein, Boris Pistorius verhalte sich nicht unsolidarisch. Es ginge im Wahlkampf um Grundsatzfragen, darum, sich gegen ein "Entweder-Oder" zu entscheiden. Darum, Verteidigung und Investitionen im Inland zusammenzubringen.
Olaf Scholz bleibt dabei: Deutschland soll keine Marschflugkörper an die Ukraine liefern. Auch zur K-Frage äußert er sich - und beschwört Einheit in seiner Partei.19.11.2024 | 12:07 min
Auf den Einwurf, das sei SPD-Politik, die könne ja auch Boris Pistorius umsetzen, dann aber doch eine klare Spitze: "Ja, oder 100.000 andere SPD-Mitglieder." Boris Pistorius, einer von 100.000?
K-Frage: Müntefering, Gabriel und Schröder mischen sich ein
Während der Kanzler in Rio als Repräsentant des geschwächten Westens um Einfluss kämpft - und verliert, denn im Kommuniqué dieses G20-Gipfels wird weder Russland als Aggressor im Ukraine-Krieg noch der Hamas-Terrorangriff als Auslöser der Gewalteskalation im Nahen Osten benannt - melden sich alle paar Stunden neue Genossen, die hoffen, Boris Pistorius könne ihnen vielleicht doch noch ihren Sitz im Bundestag retten.
"Die Kritik hat eine Dynamik erreicht, die dem Kanzler massiv schadet", sagt Andreas Kynast (ZDF). Die Parteispitze suche daher eine Möglichkeit, die K-Frage früh zu beantworten.19.11.2024 | 1:11 min
Inzwischen haben sich Franz Müntefering und Sigmar Gabriel hören lassen (beide gegen Scholz), und Gerhard Schröder (für ihn).
Der Kanzler wiederholt sein Mantra. Er sei mit der SPD einen weiten Weg gegangen, erfolgreich gewesen wegen des guten Zusammenhalts in der Partei. Das werde man weiter so machen. Und gewinnen. Umfragen nämlich zählen für den Kanzler nicht.
SPD-Parteivorstand: Abstimmung und Organisation - keine Krisensitzung
Am Abend telefoniert der Parteivorstand miteinander. Der, von dem Olaf Scholz behauptet, er sage genau die Dinge, mit denen er sich wohlfühle. Trotz anders lautender Gerüchte beharrt das Umfeld des Kanzlers darauf, dass dies keine Krisensitzung sei. Es gehe um Abstimmungen für den Parteitag im Januar, um die Organisation des Wahlkampfs. Eine Telefonat in Krisenzeiten ist es aber natürlich doch. Scholz hat sich nicht zugeschaltet.
Bundeskanzler Scholz reist ohne Mehrheit in der Regierung zum G20-Gipfel in Rio. Thema war auch der Ukraine-Krieg, der heute seit 1000 Tagen andauert. ZDFheute live berichtet.19.11.2024 | 51:31 min
Lars Klingbeil muss dem Kanzler Unterstützung zugesichert haben, sonst könnte selbst ein Olaf Scholz nicht so in Rio sitzen, wie er das tut. Die letzte Frage im ZDF-Interview: Bereiten Sie sich darauf vor, dass Klingbeil Ihnen am Mittwoch sagt: Olaf, wir machen es lieber mit Boris? Scholz grinst.
An diesem Abend im Vorstand ist das wohl so. Niemand soll sich bei dem Telefonat gegen Olaf Scholz ausgesprochen haben.
Wird Olaf Scholz SPD-Kanzlerkandidat? Nicht alle in der Partei sind damit einverstanden. Bei der Wahlkreiskonferenz in Bocholt wurde die K-Frage heftig diskutiert. Mima-Reporterin Katja Fuchs berichtet aus dem westlichen Münsterland.20.11.2024 | 2:15 min
Allein die Diskussion hat den Kanzler beschädigt
Zusammenstehen allerdings sieht anders aus. Der Vorstand hat die Debatte laufen lassen. Lars Klingbeil und Saskia Esken werden sich die Frage stellen lassen müssen, warum sie dabei zugeschaut haben, wie ihr Kandidat angeschossen wurde.
Wie sehr ihn das beschädigt hat und ob sie das Feuer des Zweifels auch an der Basis wieder ausgetreten bekommen, das ist offen, als Olaf Scholz Dienstagnacht aus Rio aufbricht.