SPD-Bundesparteitag: Russland-Politik war "Fehler"

    Kehrtwende bei Sozialdemokraten :SPD-Parteitag: Russland-Politik war "Fehler"

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    Noch vor zwei Jahren hielt die SPD Frieden in Europa nur mit Russland für möglich. Beim Parteitag haben die Sozialdemokraten nun eine Kehrtwende vollzogen und Fehler eingeräumt.

    Die SPD hat bei ihrem Parteitag Fehleinschätzungen in ihrer Russland-Politik vor dem Ukraine-Krieg eingeräumt.
    Die Annahme, mit immer stärkeren Wirtschaftsbeziehungen zu einer Demokratisierung Russlands beizutragen, sei "ein Fehler" gewesen und habe in eine energiepolitische Abhängigkeit Deutschlands geführt, heißt es in einem am Samstag beschlossenen Leitantrag mit dem Titel "Sozialdemokratische Antworten auf eine Welt im Umbruch" .

    Kehrtwende in der Russlandpolitik

    Nach dem russischen Angriff auf die Ukraine war der SPD vorgeworfen worden, das von Russland ausgehende Sicherheitsrisiko lange unterschätzt zu haben. Im Wahlprogramm von 2021 stand noch: "Frieden in Europa kann es nicht gegen, sondern nur mit Russland geben."
    Nun wird dieser Satz in dem Parteitagsbeschluss ins Gegenteil gedreht:

    Solange sich in Russland nichts fundamental ändert, wird die Sicherheit Europas vor Russland organisiert werden müssen.

    SPD-Parteitagsbeschluss

    Klingbeil: Sicherheit vor Russland organisieren

    SPD-Chef Lars Klingbeil räumte in seiner Rede zu dem Antrag erneut Fehler seiner Partei in der Russlandpolitik der letzten Jahrzehnte ein. Mit Blick auf den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine sagte er:

    Es war ein Fehler, sich vom System Putins nicht früher zu distanzieren.

    Lars Klingbeil, SPD-Chef

    Russland habe sich aus dem System der gemeinsamen Sicherheit und der gemeinsamen Werteorientierung verabschiedet. "Heute geht es darum, Sicherheit vor Russland zu organisieren."

    SPD-Chef will Brandts Erbe wahren

    Klingbeil verteidigte aber gleichzeitig die Ende der 60er und Anfang der 70er Jahre vom damaligen SPD-Kanzler Willy Brandt eingeleitete Entspannungspolitik mit der damaligen Sowjetunion und ihren Verbündeten.
    Statt die eigene Russlandpolitik aufzuarbeiten, hätten Konservative in den letzten beiden Jahren versucht, "das Erbe von Willy Brandt mit Schmutz zu bewerfen", sagte er. "Ich werde als Vorsitzender nicht zulassen (...), dass das Erbe von Willy Brandt beschädigt wird."
    Lars Klingbeil (SPD) im Interview beim Bundesparteitag in Berlin 2023
    Bei Verunsicherung im Land stehe der Kanzler zuerst in der Kritik - darunter leidet auch die SPD, so der Vorsitzende. Von der Ampel fordert er stilles Abarbeiten der Probleme.11.12.2023 | 5:38 min
    Fraktionschef Rolf Mützenich räumte ein, er habe das imperiale Denken von Kreml-Chef Wladimir Putin "komplett unterschätzt". Mützenich wandte sich wie Klingbeil gegen Versuche, die traditionsreiche Entspannungspolitik der SPD an sich in Misskredit zu ziehen.
    Es sei eine "Schande", sie "in eine Linie mit dem Angriffskrieg" auf die Ukraine zu stellen, sagte er. Und er bekräftigte seine Forderung, Chancen der Diplomatie zu nutzen, um Konflikte zu beenden.

    Scholz spricht von jahrelanger Unterstützung für die Ukraine

    Kanzler Olaf Scholz (SPD) hatte auf dem Parteitag dazu aufgerufen, die Ukraine wenn nötig auch noch jahrelang im Kampf gegen Russland zu unterstützen. Bislang hat Deutschland der Ukraine milliardenschwere Finanzhilfen und umfangreichen Waffenlieferungen zur Verfügung gestellt.
    Angesichts der schwierigen Haushaltslage gibt es Befürchtungen, dass die Bundesregierung ihre Hilfe zurückfahren könnte. "Dieser Krieg ist wahrscheinlich so schnell nicht vorbei", sagte Scholz. Daher sei wichtig, "dass wir lange in der Lage sind (...) die Ukraine weiter in ihrem Verteidigungskampf zu unterstützen". Dies gelte nicht nur für dieses, nächstes, sondern womöglich auch für übernächstes Jahr.
    Die SPD plädierte am Samstag in einem weiteren Beschluss dafür, auch im kommenden Jahr die Schuldenbremse auszusetzen. Begründen will sie die dafür erforderliche Notlage mit den Folgen des Ukraine-Kriegs.
    Quelle: AFP

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