Taurus-Debatte ist zurück: Marschflugkörper für Ukraine?

    Neue Diskussion über Taurus:Marschflugkörper für die Ukraine?

    Mathis Feldhoff
    von Mathis Feldhoff
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    Dass deutsche Marschflugkörper die Kriegswende für die Ukraine bringen, glaubt eigentlich niemand. Dennoch flammt die Debatte über die Möglichkeit einer Lieferung von Taurus auf.

    Kampfflugzeug der Bundeswehr mit Marschflugkörper Taurus
    Ein Kampfflugzeug der Bundeswehr mit dem Marschflugkörper Taurus (Archivfoto).
    Quelle: Imago

    Der künftige Kanzler Friedrich Merz wirkt etwas aufgekratzt, als er da betont lässig in der Sonntags-Talkshow von Caren Miosga sitzt. Lassen Sie uns doch erst mal anfangen, zieht sich als roter Faden durch seine Ausführungen - was die Moderatorin nicht davon abhält, zu sticheln und ihn nach früheren Aussagen zu fragen.
    Wie hält er es etwa mit einer Lieferung von Taurus an die Ukraine, jenem Marschflugkörper, der geeignet ist, tief ins russische Hinterland einzudringen, um dort schweren Schaden anzurichten. Er bleibe dabei, so Merz, er würde Taurus liefern. Ergänzt dann aber, das "nur in Abstimmung mit den europäischen Partnern" zu tun. Frankreich und Großbritannien hätten schließlich bereits Marschflugkörper geliefert, so Merz.
    ZDF-Korrespondent Armin Coerper
    Merz' Aussage führe unweigerlich zur Eskalation, sagte der Kreml. ZDF-Korrespondent Armin Coerper berichtet.14.04.2025 | 1:25 min

    Nur der übliche Reflex?

    Vielleicht ist es einer der üblichen Reflexe, in einer Phase, in der der Koalitionsvertrag zwar verhandelt, aber die SPD-Seite sich noch in der Abstimmungsphase befindet.

    Großbritannien hat der Ukraine Marschflugkörper vom Typ Storm Shadow geliefert, Frankreich das baugleiche Modell Scalp. Die Reichweite soll bei mehr als 250 Kilometern liegen. Bei Taurus sind es über 500 Kilometer, das System könnte damit Ziele tief im russischen Staatsgebiet treffen.

    Quelle: AFP

    Jedenfalls nutzt der Vielleicht-bald-wieder-Verteidigungsminister Boris Pistorius eine SPD-Veranstaltung in Hannover zur Replik. Es gäbe viele Argumente dafür, aber auch "viele, viele Argumente dagegen", so Pistorius und ergänzt dann, er "kenne keinen europäischen Partner mit einem solchen System".

    Von daher ist das mit einer Abstimmung so eine Sache.

    Boris Pistorius (SPD), geschäftsführender Verteidigungsminister

    Die Infokarte zeigt die potenzielle Reichweite der deutschen Waffensysteme, die im Ukraine-Krieg eingesetzt werden. Die bereits gelieferte Panzerhaubitze 2000 hat eine Reichweite von maximal 40 Kilometern, die zugesagte Radhaubitze RCH 155 kann Ziele in bis zu 54 Kilometern Entfernung anvisieren, der Raketenwerfer Mars II hat eine Reichweite von maximal 84 Kilometern. Die von der Ukraine geforderten Marschflugkörper vom Typ Taurus können Ziele in bis zu 500 Kilometern Entfernung erreichen.
    Welchen Sinn diese Aussage beinhaltet, behält Pistorius für sich. Zwar ist es richtig, dass nur Deutschland über das besonders präzise und weitreichende Taurus-System verfügt, aber man könnte sich dennoch mit den Nachbarn abstimmen.
    Alica Jung | ZDF-Reporterin in Kiew
    "Langstreckenwaffen sind relevant für die Ukraine", um Angriffe auf Zivilisten künftig zu verhindern, berichtet ZDF-Reporterin Alica Jung aus Kiew.15.04.2025 | 2:58 min

    Positives Echo von den Nachbarn

    Bei einigen Nachbarn stößt die bisher ja eher vage Ankündigung von Friedrich Merz auf ein positives Echo. Polens Außenminister nennt das Angebot "sehr gut". Und sein holländischer Kollege Caspar Veldkamp ergänzt, ebenfalls am Montag am Rande des EU-Außenministerrates:

    Das wäre ein ganz wichtiges Signal, wie Europa in dieser Situation steht.

    Caspar Veldkamp, niederländischer Außenminister

    In Deutschland versuchen derweil die Fachpolitiker, die aufflammende Debatte abzukühlen. Johann Wadephul, eher als bedacht bekannter CDU-Außenpolitiker, betont:

    Auch die SPD weiß - nicht zuletzt seit den erneuten russischen Kriegsverbrechen in Sumy - dass man mit Putin anders umgehen muss.

    Johann Wadephul, CDU-Außenpolitiker

    In der ostukrainischen Stadt Sumy waren bei einem russischen Luftangriff am Sonntag mindestens 35 Menschen getötet worden.
    Eine Frau legt in Sumy nach einem Angriff Blumen an einem Gegendkort nieder.
    Bei Russlands Angriff auf Sumy sind nach ukrainischen Angaben 35 Menschen getötet und 117 verletzt worden.14.04.2025 | 1:46 min

    Taurus laut Wadephul ein "Hebel zur Politikänderung"

    Wadephul bezieht sich dabei auf "den Geist in der Arbeitsgruppe Außen- und Sicherheitspolitik im Rahmen der Koalitionsverhandlungen". Dort gebe es ein "gemeinsames Verständnis" von Union und SPD. Er glaube nicht, so Wadephul, dass die Taurus-Entscheidung "ein Knackpunkt" für die SPD sei.
    Deshalb sei, auch wenn Taurus militärisch gesehen nicht die Kriegswende bringen wird, das Signal wichtig, "Taurus auch als Hebel für eine Politikänderung durch Russland einzusetzen", so der Mann, der in manchem Tableau als möglicher deutscher Außenminister gehandelt wird.
    Mathis Feldhoff ist Korrespondent im ZDF-Hauptstadtstudio.

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