mit Video
Knackpunkte der Sondierungen:Darüber streiten Union und SPD noch
|
Auf ein Finanzpaket haben sich Union und SPD geeinigt, doch abgesehen davon gibt es in den Sondierungsgesprächen viel Diskussionsstoff. Fünf Themen sind besonders strittig.
Nach der Einigung auf ein Hunderte Milliarden Euro schweres Finanzpaket für Verteidigung und Infrastruktur stehen in den Sondierungen von CDU, CSU und SPD jetzt Gespräche über Themen an, bei denen es im Wahlkampf harte Konfrontationen gab. Unions-Kanzlerkandidat Friedrich Merz (CDU) nennt als zentrale Punkte den Bundeshaushalt, die Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit, das Bürgergeld, die Verbesserung der inneren Sicherheit und eine Begrenzung der irregulären Migration. Die Punkte im Einzelnen:
Migrationspolitik
Hier gibt es viele Konfliktfelder - vom Doppelpass für alle, den die Union am liebsten wieder abschaffen würde, bis zum Umfang des Familiennachzugs für Angehörige von Flüchtlingen. Der schwierigste Punkt dürfte allerdings die Frage sein, wer an der Grenze zurückgewiesen wird und wer einreisen darf.
Merz hatte im Wahlkampf gesagt, er wolle am ersten Tag seiner Amtszeit als Bundeskanzler das Innenministerium mittels seiner Richtlinienkompetenz anweisen, "ausnahmslos alle Versuche der illegalen Einreise zurückzuweisen". Sollte das Innenministerium nach einer Koalitionsbildung an einen Politiker oder eine Politikerin aus den Reihen von CDU oder CSU fallen, müsste er diese Karte wohl gar nicht ziehen. Denn dafür bedarf es nur einer Anordnung des Ministeriums. Ein Gesetz müsste dafür nicht geändert werden.
Allerdings ist davon auszugehen, dass einzelne Zurückgewiesene vor einem Verwaltungsgericht klagen würden. Die SPD hat europarechtliche Bedenken gegen umfassende Zurückweisungen.
Haushalt
Eine der zentralen Aufgaben der neuen Koalition wird die Verabschiedung eines Bundeshaushalts für das laufende Jahr sein. Die Ampel war vor allem an einem Haushaltsstreit gescheitert. Derzeit gilt eine vorläufige Etatführung, neue Projekte können nur begrenzt angestoßen werden.
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hatte das Loch im Ampel-Entwurf für den Haushalt auf 26 Milliarden Euro beziffert. Das hängt mit der schlechten konjunkturellen Entwicklung und geringeren Steuereinnahmen zusammen.
Auch in der Finanzplanung in den Jahren darauf klafften große Löcher. Dazu kommt ab 2028 die milliardenschwere Tilgung von Corona-Schulden sowie ab spätestens 2031 die Tilgung der Schulden aus dem 100-Milliarden-Sondervermögen für die Bundeswehr.
Falls Grüne oder FDP dem Finanzplan von Union und SPD zustimmen und die Schuldenbremse für Verteidigungsausgaben gelockert wird, könnte dies viel Luft verschaffen - wie auch das Sondervermögen für Infrastruktur. Umstritten ist noch, ob kurzfristig drei Milliarden Euro für Waffenhilfen für die Ukraine mobilisiert werden.
Bürgergeld
Bei den Haushaltsverhandlungen dürfte es auch um Mehrausgaben im Sozialbereich gehen. Zentraler Punkt: die Union will das maßgeblich von der SPD eingeführte Bürgergeld abschaffen und durch eine neue "Grundsicherung" ersetzen. Das soll nach Unions-Plänen auch für milliardenschwere Einsparungen sorgen. Das Bürgergeld senke die Anreize, eine Arbeit aufzunehmen, argumentieren CDU und CSU.
Wettbewerbsfähigkeit
Nach zwei Rezessionsjahren wird auch für dieses Jahr nur ein Mini-Wachstum erwartet. Das Sondervermögen für Infrastruktur soll einen Beitrag leisten, die Konjunktur anzukurbeln. Das dürfte aber nicht ausreichen. Wirtschaftsverbände fordern Entlastungen mit Blick auf im internationalen Vergleich hohe Energiekosten. Dazu geht es um weniger Bürokratie und schnellere Planungs- und Genehmigungsverfahren.
Große Differenzen gibt es in der Steuerpolitik: Die Union setzt sich für breite Steuerentlastungen auch für Unternehmen ein. Die SPD will einen "Made in Germany"-Bonus, um Investitionen anzukurbeln. Steuerlich will sie vor allem Entlastungen für Gering- und Normalverdiener. Im Gegenzug will die SPD Superreiche stärker belasten - das lehnt die Union ab.
Innere Sicherheit
Mehrere Gewalttaten, Anschläge und Amoktaten der vergangenen Monate haben dazu geführt, dass sich viele Menschen weniger sicher fühlt. Menschen mit Migrationshintergrund berichten zudem von einer Zunahme rassistischer Anfeindungen und Übergriffen nach tödlichen Gewalttaten, die von Zuwanderern verübt wurden.
Tendenziell steht die SPD zusätzlichen Befugnissen für die Sicherheitsbehörden aufgeschlossener gegenüber als ihre alten Koalitionspartner Grüne und FDP. Doch ob sich die potenziellen Koalitionäre hier auch beim Kleingedruckten einig werden, ist schwer vorherzusagen.
Quelle: dpa
Sie wollen auf dem Laufenden bleiben? Dann sind Sie beim ZDFheute-WhatsApp-Channel richtig. Hier erhalten Sie die wichtigsten Nachrichten auf Ihr Smartphone. Nehmen Sie teil an Umfragen oder lassen Sie sich durch unseren Podcast "Kurze Auszeit" inspirieren. Zur Anmeldung: ZDFheute-WhatsApp-Channel.
Quelle: dpa
Mehr zu den Sondierungen von Union und SPD
mit Video
Neue Schuldenpolitik:So reagiert die Parteibasis von CDU und SPD
von Max Schwarz
Analyse
Merz' Wende in der Schuldenpolitik:Whatever it takes
von Mathis Feldhoff
Grafiken
Einigung bei Union und SPD :Sondierungen: Woher kommen die Milliarden?
von Christian Hauser und Valerie Albert