Sondierungen: Warum sich Union und SPD schnell einigten
Analyse
Einigung von Union und SPD:Aussicht auf Milliarden erspart viel Streit
von Wulf Schmiese
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Wegen der Verabredung auf Schulden in fast Billionenhöhe haben Union und SPD Sondierungen in Rekordzeit beendet. Lenken jedoch die Grünen nicht ein, ist die Sondierung wertlos.
Union und SPD haben ein gemeinsames Sondierungspapier verabschiedet. ZDF-Korrespondent Schmiese berichtet aus Berlin, wer bei welchen Themen Zugeständnisse gemacht hat.08.03.2025 | 2:04 min
Zeit ist Geld, sagt man, also kostbar und nicht zu vergeuden. Bei diesen Sondierungen war es umgekehrt: Geld hat Zeit gespart. Genauer gesagt: Die Aussicht auf sehr viel frisches Geld hat viel Streit erspart.
Die unverzügliche Einigung gleich zu Beginn der Verhandlungen von Union und SPD darauf, gigantische Sondervermögen noch mithilfe des abgewählten Bundestags verabschieden zu wollen, hat den Zeitrahmen eng gezogen:
Zwei Wochen nach der Wahl sind die Sondierungen nun abgeschlossen. Nächste Woche folgen die Abstimmungen darüber in den Fraktionen und Parteigremien sowie am Montag im Bundestag über die Sondervermögen. Damit dann am Dienstag drauf die Koalitionsverhandlungen beginnen können. Dafür sind nur fünf Wochen vorgesehen. Dann wäre es möglich, bis Ostern in Rekordzeit die schwarz-rote Koalition zu schmieden.
Die Spitzen von Union und SPD wollen Koalitionsgespräche aufnehmen. Bevor eine schwarz-rote Koalition steht, stehen aber noch einige Entscheidungen an.08.03.2025 | 2:32 min
Friedrich Merz macht geldpolitische Kehrtwende
Dieser ehrgeizige Zeitplan hat beim Sondieren ebenso geholfen wie das vereinbarte enorme Schuldenmachen. Sollten die Grundgesetzänderungen für Sondervermögen nicht durch den Bundestag kommen, dann wären die heute erzielten Sondierungsvereinbarungen wertlos und nicht umsetzbar.
Grundlage ist die geldpolitische Kehrtwende von Friedrich Merz. Mit Donald Trumps Anti-Ukraine-Kurs begründet Merz das Infrastruktur-Paket, das viele in seiner eigenen Partei für maßlos halten: 500 Milliarden Euro auf zehn Jahre. Merz und auch CSU-Chef Söder sehen aber wie die SPD-Führung darin die Möglichkeit, einen wirtschaftlichen Einbruch zu verhindern, der dem Bruch des transatlantischen Miteinanders folgen könnte.
Die Vorstände von SPD und CSU wollen Koalitionsverhandlungen aufnehmen, die CDU muss darüber noch abstimmen. Die Reaktionen auf das Sondierungsergebnis fallen jedoch gemischt aus.09.03.2025 | 1:51 min
SPD geht bei Migration auf Union zu
Auf elf Seiten haben die Sondierer ihren gemeinsamen Kurs für die Koalitionsverhandlungen vorgegeben bei Finanzen, Wirtschaft, Arbeit und Soziales oder Migration. Bei jedem Thema kamen Union und SPD viel schneller zusammen als erwartet, eben weil es die Gemeinsamkeit des Schuldenmachens schon gab.
Die Vorstellung der Sondierungsergebnisse hier in voller Länge.08.03.2025 | 46:34 min
Die SPD hat es geradezu glücklich gemacht, nun dem Land einen Geldsegen versprechen zu können. So übernahm sie beim Thema Migration viele Positionen der Union. Die "Zurückweisung" von Asylsuchenden an den Grenzen durfte Merz forsch verkünden, wenn auch mit dem Zusatz, sie solle "in Abstimmung mit den europäischen Nachbarn" erfolgen. Zur Umsetzung müssten durch eine neue Regierung die Grenzkontrollen sofort verstärkt werden - vom ersten Tag an.
Der Familiennachzug für sogenannte subsidiär Schutzberechtigte soll befristet ausgesetzt setzen, für Menschen also ohne Asylanspruch - noch ein Wahl-Versprechen von Merz.
Auch im Sozialbereich punktet - jedenfalls semantisch - die Union: Das bisherige Bürgergeld soll zu einer neuen Grundsicherung werden. Leistungsbeziehern, die jegliche Arbeitsaufnahme verweigern, sollten künftig alle Leistungen vollständig entzogen werden.
Nach der Vorstellung der Sondierungsergebnisse von CDU/CSU und SPD gaben die Parteivorsitzenden der Grünen, Franziska Brantner und Felix Banaszak, ein Statement ab.08.03.2025 | 28:03 min
Union macht bei Mietpreisbremse Zugeständnisse
Zugeständnisse der Union an die SPD wiederum gab es bei der Verlängerung der Mietpreisbremse und der Stabilisierung der Renten. Die CSU setzte laut Söder ihrerseits die Ausweitung der Mütterrente durch - auch Folge des erwarteten Geldes.
Diese Aussicht scheint jedoch für die Verhandler Reformanstrengungen nachrangig zu machen. Jedenfalls sind es nun die Grünen, die in den Sondierungsergebnissen "keinerlei strukturelle Reformen, die unser Land braucht" sehen.
Die Grünen rechnen bei der Bundestagsabstimmung zum Schuldenpaket für Verteidigung und Infrastruktur nicht mit vielen Abweichlern in den eigenen Reihen. Alle News im Liveblog.
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Quelle: dpa
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