Kriegsfall: Gesundheitswesen "nicht ausreichend vorbereitet"

Kliniken und Praxen im Kriegsfall:"Gesundheitswesen nicht ausreichend vorbereitet"

Schaltpartnerin Dorthe Ferber
von Dorthe Ferber
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Wie gut ist Deutschlands Gesundheitssystem auf einen Kriegsfall vorbereitet? Schlecht, sagen Experten auf der Fachtagung "Kritis". Es müsse schnell gehandelt werden.

Sanitäter der Berliner Feuerwehr mit einem Patienten auf dem Weg in ein Berliner Krankenhaus.
Die Kliniken und Praxen in Deutschland sind für den Ernstfall nicht ausreichend vorbereitet, warnen Experten.
Quelle: Imago

Deutschland muss sich besser vorbereiten auf Bedrohungsszenarien - denn erstmals seit Ende des Kalten Krieges sei das Land wieder einer realen Bedrohung ausgesetzt, stellt der Präsident des Bundesamtes für Katastrophenschutz und Katastrophenhilfe Ralph Thies fest.

Wir leben nicht mehr im Frieden, aber noch lange nicht im Krieg.

Ralph Thies, Bundesamt für Katastrophenschutz und Katastrophenhilfe

Nach drei Jahren Krieg in der Ukraine gebe es in Deutschland zunehmend hybride Angriffen auf die kritische Infrastruktur wie beispielsweise Krankenhäuser. Und im Nato-Bündnisfall kämen auf Deutschland immense Aufgaben zu, als logistische Drehscheibe und Durchmarschgebiet in der Mitte Europas. "Das Gesundheitswesen ist nicht ausreichend vorbereitet auf die neue Realität", sagt Thies.
An einem Gebäude der Charité in Berlin steht der Schriftzug ·Emergency Zentrale Notaufnahme·.
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Verhandlungen zwischen Bundeswehr und Kliniken erfolglos

Als jüngst israelische Kollegen an der Charité zu Gast waren, hätten die erstmal gefragt, welches Flugabwehrsystem das Haus habe, berichtet Leif Sander, Mitglied des Expertenrats Gesundheit und Resilienz der Bundesregierung. Es gehe aber nicht nur um den Schutz von Gebäuden. Auch das medizinische Personal müsse vorbereitet werden, etwa auf die Versorgung Kriegsverletzter. Dazu brauche es mehr Kooperation von zivilem und militärischen Sektor, bislang gibt es noch viele Hindernisse.
Reinhard Nieper, Konzerngeschäftsführer der BG-Kliniken, berichtet von erfolglosen Verhandlungen mit der Bundeswehr über eine hochspezialisierte Versorgung: Beide Seiten hatten Bedarf und Interesse - aber rechtliche Vorgaben verhinderten die Zusammenarbeit.
Blick in ein Behandlungszimmer in einer Arztpraxis.
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Geplantes Sondervermögen macht Hoffnung

"Auf das Beste hoffen, auf das Schlimmste vorbereitet sein", fasst Generalleutnant André Bodemann, Befehlshaber des Territorialen Führungskommandos der Bundeswehr, zusammen. Der zivile Einsatz der Bundeswehr wie in der Corona-Pandemie müsse die Ausnahme bleiben. Die Bundeswehr helfe in Krisen, aber sei im Kriegsfall eben nicht mehr da. Vielmehr sei dann auch die Bundeswehr auf das zivile System angewiesen: Krankenhäuser müssten darauf vorbereitet sein, Soldaten zu versorgen, die verwundet zurückkämen.
"Wir müssen jetzt handeln", betont Bodemann, es sei keine Zeit zu verlieren. Diese Dringlichkeit sähen alle Fachleute aus Militär, Medizin und Politik. "Welche ambulante Praxis hat denn ein Notstromaggregat?", fragt einer. Zugleich gibt es Hoffnung angesichts des geplanten Sondervermögens: Man brauche Milliarden für Ausstattung und Warnsysteme, etwa für Sirenen.
Warntag
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Generalleutnant: Menschen stark und handlungsfähig machen

Wichtig sei zudem die mentale Vorbereitung der Gesellschaft auf die neue Realität. Wenn im Krisenfall der Rettungswagen nicht mehr sofort kommen könne, helfe Selbstvorsorge. Dafür fehlt es oft an Wissen und Übung:

Wir brauchen Kommunikation, die Menschen keine Angst macht, denn das will Russland.

André Bodemann, Generalleutnant

Es gehe vielmehr darum, Menschen stark und handlungsfähig zu machen im Fall von Krieg und Krise.

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Quelle: dpa

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