Linkspartei: Rauswurf von Diether Dehm beantragt

    Exklusiv

    Nach Spaltungsgerüchten:Rauswurf von Diether Dehm aus Linkspartei?

    von Julia Klaus und Andrea Maurer
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    Der Wagenknecht-Vertraute Diether Dehm soll aus der Linkspartei geworfen werden. Vordergründig geht es um Abspaltungsfantasien. Doch er hat viele fragwürdige Auftritte hinter sich.

    Dieter Dehm (Die Linke, MdB) auf der Bühne
    Diether Dehm (Die Linke) soll aus der Partei ausgeschlossen werden - das sieht ein Antrag aus den Reihen des Parteivorstands vor.
    Quelle: Imago

    Der ehemalige Linken-Bundestagsabgeordnete Diether Dehm soll aus seiner Partei ausgeschlossen werden. Dem Wagenknecht-Vertrauten werden seine Abspaltungsfantasien als "parteischädigend" vorgeworfen. In dem Antrag, der ZDFheute exklusiv vorliegt, heißt es, Dehm habe "dazu aufgerufen, einen konkurrierenden Wahlantritt gegen die Partei die Linke zur Europawahl 2024 zu unterstützen und zu organisieren". Und weiter:

    Herr Dr. Dehm-Desoi hat vielfach vorsätzlich, öffentlich und mit Außenwirkung gegen die Satzung sowie die Grundsätze und Ordnung der Partei verstoßen. Damit hat er der Partei schweren Schaden mit Blick auf ihre Glaubwürdigkeit und ihr Ansehen in der Öffentlichkeit zugefügt.

    Antrag auf Dehm-Ausschluss

    Dehm hatte Ende August bei einer Veranstaltung angedeutet, dass ein neues linkes Bündnis bei der Europawahl antreten solle. Gegen die Linken-Führung stichelte er damals:

    Es muss eine Kraft antreten, die diesem Abbruchunternehmen da drüben im Karl-Liebknecht-Haus eine Alternative entgegensetzt.

    Diether Dehm

    Gerüchte über neue Wagenknecht-Partei

    Mit dem Antrag zum Rauswurf reagiert die Partei auf die erneuten Gerüchte über eine Spaltung der Linken. Befeuert wurden die vor drei Wochen noch einmal von Sahra Wagenknecht selbst, die bei "Bild TV" gesagt hatte: "Ich wünsche mir, dass in Deutschland eine Partei entsteht, die die Politik der Regierung verändern kann." Es sei aber gar "nicht so einfach, eine Partei zu gründen", schränkte sie damals ein.

    Dehm: Nato als "größte Verbrecherorganisation nach der SS"

    Diether Dehm ist schon lange umstritten. In dem Antrag heißt es: Dehms jüngster Aufruf für eine Konkurrenzorganisation sei "nur der inakzeptable Höhepunkt unzähliger Äußerungen der letzten Jahre". Und weiter:

    Eine vollständige Dokumentation aller dieser für die Linke schädlichen Äußerungen würde den Rahmen deutlich sprengen.

    Antrag für Dehm-Ausschluss

    Das Schreiben nennt dennoch drei Beispiele.
    • Bei einer Rede hatte Dehm die den Holocaust relativierende Aussage getroffen: "Die größte Verbrecherorganisation nach der SS war die Nato. Und das ist die Nato auch heute noch."
    • In einer von ihm geteilten Bild-Montage werden Politikerinnen mit einem Hund verglichen. Angesichts der Metoo-Vorwürfe in seiner Partei ist das umso problematischer.
    • In einem Tweet nannte er die Parteiführung zudem "karrierebeseelten Apparat von BND-gestutzten Egomanen".
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    Dehm und die "Sputnik"-Impfung in Russland

    Die Liste an fragwürdigen Auftritten lässt sich fortsetzen. So bezeichnete sich Dehm nach dem Überfall Russlands auf die Ukraine als "Putin-Versteher". Vor dem Krieg ließ er sich zudem im russischen Staatsfernsehen den Impfstoff "Sputnik-V" verabreichen und klagte später dagegen, dass sein Impfzertifikat in Deutschland nicht anerkannt wurde.
    Dehm, der auch Musik macht, veröffentlichte 2020 einen selbst geschriebenen Corona-Protestsong, in dem er singt: "Worauf reimt sich Covid? Auf jeden Fall auf Profit" und auch: "Ein junger Virus plus uralte Mächte. Ja, dieser Mix macht geil auf unsere Rechte." Mit solchen Zeilen deutet Dehm an, dass hinter der Pandemie eine "globale Elite" stecke. Solche Behauptungen sind gängiges Narrativ in antisemitischen Verschwörungserzählungen.
    Dehm ist auch für verbale Ausfälle bekannt - so nannte er den damaligen Außenminister Heiko Maas einen "gut gestylten Nato-Strichjungen". Joachim Gauck und Christian Wulff verglich er mit Hitler und Stalin. Kritiker des schon damals umstrittenen Sängers Xavier Naidoo bezeichnete er 2014 als "antideutsche Shitstorm-SA".
    Seine langjährige Vertraute Wagenknecht warb dagegen vor der Bundestagswahl für Dehm, nannte ihn einen "eigenständigen Kopf" und "provokanten Redner". Er gehöre zu denen, die eine eigene Meinung haben und diese auch vertreten.
    Dass Dehm den ehemaligen RAF-Terroristen Christian Klar bei sich im Bundestagsbüro angestellt hatte, blendete Wagenknecht offenbar aus.

    Ein Rauswurf könnte sich ziehen

    Dehm, der Mitglied in Niedersachsen ist, hat es trotz Wahlwerbung von Wagenknecht nicht mehr in den Bundestag geschafft. Dennoch bietet er aus Sicht der Linkenspitze wohl enormes Störpotenzial.
    Eingebracht haben den Antrag auf Rauswurf wohl deshalb auch Ates Gürpinar und Kerstin Eisenreich, die beide im Parteivorstand sitzen. Gürpinar ist stellvertretender Parteivorsitzender aus Bayern, Eisenreich stammt aus Sachsen-Anhalt. West und Ost, Mann und Frau - das Vorgehen wirkt geplant.
    Und auch der Zeitpunkt: In Niedersachsen wurde just an diesem Wochenende eine neue Landesschiedskommission gewählt. Sie wird sich dem Antrag nun widmen. Bis dieser entschieden ist, kann es aber noch dauern, solche Verfahren können sich monatelang ziehen. Ein Ausschlussverfahren gegen ihn ist zudem schon einmal gescheitert. Sollten Dehm und Wagenknecht jedoch tatsächlich eine neue Partei gründen, dürfte das aber ohnehin obsolet werden.