Nur rund 30 Prozent der Kliniken in Deutschland haben eine elektronische Krankenakte. Und viel nachzuholen - trotz Krankenhauszukunftsgesetz. Das sehen alle Parteien so.
Pinar Aktaş ist examinierte Gesundheits- und Krankenpflegerin in der Uni-Klinik Essen. Hier wurde die elektronische Krankenakte – nicht zu verwechseln mit der elektronischen Patientenakte - schon 2018 eingeführt.
Aktaş arbeitet in der Strahlenklinik. Das bedeutet auch: Sie muss regelmäßig den Wundstatus von den behandelten Hautstellen dokumentieren: Bürokratie-Alltag im Krankenhaus.
Erleichterungen in einzelnen Pflegebereichen
Bis Herbst letzten Jahres nutzte sie dafür noch eine Kamera, die sie dann an einen Rechner anschließen musste - wenn einer frei war. Jetzt hat die Klinik auf Tablets umgestellt, was bedeutet, dass das Foto direkt in der Krankenakte erstellt wird - ganz einfach. Im hektischen Klinikalltag ist das für Aktaş und ihre Kolleg*innen "schon eine deutliche Erleichterung." Aber wird das Thema Digitalisierung im Gesundheitswesen von den Parteien überhaupt wahrgenommen?
Wenig konkrete Versprechen der Parteien
Für das ZDF hat Sven Regel vom Wissenschaftszentrum Berlin die Wahlprogramme der wichtigsten Parteien unter die Lupe genommen. Mit dem Ergebnis: "Alle Parteien thematisieren die Digitalisierung im Gesundheitswesen, man kann sagen in unterschiedlichem Maße, [aber] alle unter einem Prozent vom Wahlprogramm: (…) CDU/CSU, SPD, FDP und Grüne sagen ein bisschen mehr, sind ein bisschen engagierter. (…) Linke eher ein bisschen weniger."
In Zahlen heißt das: Insgesamt machen die Parteien 49 Versprechen, von denen aber nur neun konkret sind. Die Grünen formulieren 18 Versprechen. Die AfD beschränkt sich insgesamt auf zwei konkrete, die anderen Parteien im Schnitt sieben Versprechen.
Keine Verknüpfung mit der elektronischen Krankenakte
Erleichterung im Klinikalltag von Pinar Aktaş bringt auch eine Sensor-Matte, die bei sturzgefährdeten Patient*innen feinste Bewegungen anzeigt und Alarm schlägt, wenn jemand das Bett verlassen will. Direkt - damit die Pflegekraft rechtzeitig da sein kann. Aber das Gerät zeigt auch an, wann bettlägerige Menschen bewegt werden müssen.
Nervenaufreibend für Patient*innen und Pflegekräfte. So praktisch die Sensor-Matte auf Station ist. Die Daten, die das teure Gerät liefert, finden noch keinen Weg in die elektronische Krankenakte.
Schwachstellen bei der Digitalisierung
Es hakt noch bei der Digitalisierung – im Krankenhaus und auch im öffentlichen Gesundheitsdienst. Fragt man im Klinikum Essen, was sich die Pflegekräfte in punkto Digitalisierung im Gesundheitswesen von der Politik wünschen, dann hat Bernadette Hosters von der Stabsstelle Entwicklung und Forschung Pflege klare Vorstellungen:
Ein Vorschlag, der auch dem öffentlichen Gesundheitsdienst auf die Sprünge helfen würde – denn laut einer aktuellen Studie nutzen rund zwei Drittel der Gesundheitsämter im Austausch mit den Laboren immer noch das Fax.
Nachholbedarf trotz Krankenhauszukunftsgesetz
Dabei haben die Parteien das Thema in den letzten Jahren ernst genommen: So wurde unter anderem das Krankenhauszukunftsgesetz verabschiedet, das vor allem die Digitalisierung in Krankenhäusern fördern soll.
Dem haben die Koalitionsparteien CDU/CSU, SPD und auch die FDP zugestimmt. Linke und Grüne haben sich enthalten, die AfD stimmte dagegen. Trotzdem kann man sagen: Dass Deutschland auch bei der Digitalisierung im Gesundheitswesen Nachholbedarf hat, darin sind sich alle Parteien einig. [Ein kompakter Überblick in der Infobox:]