Sie sind hier:

Tennis, Politik und Migration : Affäre Djokovic: Es gibt nur Verlierer

Datum:

Wer in Australien nicht willkommen ist, bekommt das deutlich zu spüren, auch ungeimpfte Tennisstars. Wie ein Sportler zum Politikum wurde und das in einem Gesellschaftsdrama endet.

Ein Star im Tennis wird zum Streitfall in der Pandemie. Die australische Null-Covid-Strategie wird zum politischen Desaster. Und die Bleibe abgeschobener Migranten rückt auf einmal ins öffentliche Interesse. Am Ende hat niemand gewonnen.

Von der Weltrangliste ins Abschiebehotel

Die "Gäste" im Abschiebehotel mitten in Melbourne werden streng bewacht, beklagen Maden im Nudelgericht und Schimmel im Toast. Manche der 33 Männer sitzen schon jahrelang hier fest – abseits der Öffentlichkeit, streng bewacht und ohne Zugang zu Frischluft. Bis er kam – Insasse 34, Tennisstar Novak Djokovic, der wohl bisher prominenteste Neuzugang.

Plötzlich schaute die ganze Welt auf die traurige Abschiebe-Absteige, allerdings nicht auf die 33 anderen Männer, sondern fast nur auf den einen. Vor allem Serben und Serbinnen, deren Vorfahren nach Australien kamen, als Einwanderer noch willkommen waren, gingen für "ihren Djokovic" auf die Straße.

Die Vorwürfe im Einreisestreit um Novak Djokovic reißen nicht ab. Jetzt hat der Tennisprofi eine Erklärung abgegeben. Sven Görn berichtet aus Australien.

Beitragslänge:
2 min
Datum:

Der Mythos des Helden

Es ist eine Mischung aus Heiligenverehrung und Märtyrermythos, mit dem der Tennisspieler von vielen seiner Landsleute gefeiert, bemitleidetet, unterstützt wird. Als einer von ihnen, erfolgreich, aber von aller Welt gedisst. Das passe ins serbische Selbstbild, sagt der Anthropologe Ivan Djordjevic:

Trotz seiner großen Erfolge wird Djokovic anscheinend schlechter behandelt als Federer oder Nadal. Und das passt haargenau in das Narrativ eines für Serbien ganz typischen Mythos des Helden, der gleichzeitig ein Opfer ist.
Ivan Djordjevic, Anthropologe

Djokovics Vater nutzt die Superlative des Opferbildes, zieht Parallelen zu Jesus Christus: "Der hat so viele Leiden ertragen und Opfer gebracht und deshalb lebt er nach so vielen Jahrhunderten noch immer unter uns. Und das gleiche gilt für Novak. Das habe ich ihm heute Morgen geschrieben: 'Freue dich über deine Wunden, mein Sohn!'"

Null-Covid-Politik gegen Tennisstar

Je dramatischer das Epos, desto schwieriger die politische Kommunikation: Das musste der australische Premierminister Scott Morrison erfahren. Kaum eine demokratische Regierung hat ihrer Bevölkerung solche Opfer abverlangt: immer wieder strenge Lockdowns, Einreiseverbote selbst für Staatsbürger*innen - bis Omikron funktionierte das auch ganz gut.

Novak Djokovic soll bei der Einreise nach Australien falsche Angaben gemacht haben. So könne dem Tennisprofi das Visum doch noch entzogen werden, erklärt ZDF-Reporter Sven Görn.

Beitragslänge:
1 min
Datum:

Aber nun steigen die Infektionszahlen rasant, Testcenter sind überlaufen, überall wird Personal knapp und bald sind Parlamentswahlen. Als der siegessichere Tennisspieler in die Mühlen der australischen Einwanderungsbehörden geriet, sah der oft belächelte Premierminister die Chance, Härte zu demonstrieren:

Regeln sind Regeln, es gibt keine Sondergenehmigungen. Es ist die Linie der Regierung, das sind unsere strengen Einreisemaßnahmen ganz besonders im Hinblick auf die Pandemie.
Scott Morrison, Premierminister Australien

Die Rechnung ging nicht auf. Weil die Grenzbeamten dem ungeimpften Tennisstar nicht die vereinbarte Zeit zur Klärung seiner medizinischen Ausnahmegenehmigung gaben, wurde die Entscheidung des Einreiseverbotes vor Gericht am Montag gekippt.

Eine Niederlage für Premier Scott, doch auch Djokovic ist damit noch nicht fein raus. Rätselhafter PCR-Test, fehlerhafte Angaben zum Reiseweg – vieles ist noch ungeklärt, Ausgang offen.

Ein Drama bleibt

Der Serbe war schon vor der Affäre nicht everybodys darling, sagt sein Ex-Trainer Boris Becker – und ist es jetzt erst recht nicht. Passanten-Stimmen aus Melbourne:

  • "Wir waren so lange im Lockdown, um uns zu schützen und er nutzt das für sich aus. Er sollte verstehen, dass er keine Ausnahme ist."
  • "Der Idiot, soll er sich doch impfen lassen. Solche Schwachköpfe bedrohen uns doch alle mit ihren idiotischen Meinungen.“
  • "Ich habe den Eindruck, er macht sich über alle Schutzmaßnahmen lustig. Ich finde, er sollte weggehen."

Es ist wieder ruhig geworden am Abschiebehotel, das plötzlich weltweit bekannt wurde. Djokovic saß fünf Tage hier fest, andere warten seit Jahren: "Ich wünschte, Mister Djokovic könnte zu unserer Stimme werden", sagt der Insasse Adnan Choopnai. Ein Wunsch, der in einem ganz anderen Drama spielt. Ein Drama, in dem es nicht um Tennis oder Einreiseregeln geht. Ein Drama, das wohl eher einem Drama gerecht wird.

Zur Merkliste hinzugefügt Merken beendet Bewertet! Bewertung entfernt Zur Merkliste hinzugefügt Merken beendet Embed-Code kopieren HTML-Code zum Einbetten des Videos in der Zwischenablage gespeichert.
Bitte beachten Sie die Nutzungsbedingungen des ZDF.

Sie haben sich mit diesem Gerät ausgeloggt.

Sie haben sich von einem anderen Gerät aus ausgeloggt, Sie werden automatisch ausgeloggt.

Ihr Account wurde gelöscht, Sie werden automatisch ausgeloggt.

Um Sendungen mit einer Altersbeschränkung zu jeder Tageszeit anzuschauen, kannst du jetzt eine Altersprüfung durchführen. Dafür benötigst du dein Ausweisdokument.

Zur Altersprüfung

Du bist dabei, den Kinderbereich zu verlassen. Möchtest du das wirklich?

Wenn du den Kinderbereich verlässt, bewegst du dich mit dem Profil deiner Eltern in der ZDFmediathek.

Du wechselst in den Kinderbereich und bewegst dich mit deinem Kinderprofil weiter.

An dieser Stelle würden wir dir gerne die Datenschutzeinstellungen anzeigen. Entweder hast du einen Ad-Blocker oder ähnliches in deinem Browser aktiviert, welcher dies verhindert, oder deine Internetverbindung ist derzeit gestört. Falls du die Datenschutzeinstellungen sehen und bearbeiten möchtest, prüfe, ob ein Ad-Blocker oder ähnliches in deinem Browser aktiv ist und schalte es aus. So lange werden die standardmäßigen Einstellungen bei der Nutzung der ZDFmediathek verwendet. Dies bedeutet, das die Kategorien "Erforderlich" und "Erforderliche Erfolgsmessung" zugelassen sind. Weitere Details erfährst du in unserer Datenschutzerklärung.

An dieser Stelle würden wir dir gerne die Datenschutzeinstellungen anzeigen. Möglicherweise hast du einen Ad/Script/CSS/Cookiebanner-Blocker oder ähnliches in deinem Browser aktiviert, welcher dies verhindert. Falls du die Webseite ohne Einschränkungen nutzen möchtest, prüfe, ob ein Plugin oder ähnliches in deinem Browser aktiv ist und schalte es aus.